Familien in Not: Schulmaterialienkammern erleben Rekord-Ansturm

Kreis Paderborn. Eine Schulausstattung kann teuer sein: Ranzen und Turnbeutel, Stifte, Hefte, Mappen, Wassermalfarben. Auf Eltern kommt da schnell mal eine Rechnung von mehreren Hundert Euro zu. Familien, in denen das Geld knapp ist, bekommen Unterstützung von Schulmaterialienkammern. In diesem Jahr erleben die Ausgabestellen im Kreis Paderborn einen ungewöhnlich großen Ansturm. In Paderborn gerät die Schulmaterialienkammer der Diakonie Paderborn-Höxter im Lukas-Gemeindezentrum an ihre Grenzen. Termine für 1.000 Schülerinnen und Schüler wurden in diesem Jahr vergeben - doch viele gingen leer aus. "Zum ersten Mal mussten wir Kunden wegschicken", sagt Organisatorin Susanne Bornefeld. "Das tat uns in der Seele weh." Die hohe Nachfrage sei mit Blick auf Räumlichkeiten, Schulmaterialien und die Arbeitskraft der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr vollständig zu bedienen. Seit einigen Jahren ist es in Paderborn bereits so, dass die Schulmaterialien nur nach vorheriger Anmeldung mit Termin verteilt werden. Doch in diesem Jahr sei die Nachfrage noch einmal deutlich gestiegen. Bereits bei der Anmeldung für die 1. und 5. Klasse kamen 100 Kinder mehr als im vergangenen Jahr. Die Anmeldezahlen für die Klassen 1 bis 13 insgesamt lagen im letzten Jahr noch bei 750 und sind jetzt auf 1.000 gestiegen. Ende Juli startete die Anmeldung. Schon zwei Stunden vor der Öffnung hätten Menschen vor der Tür gestanden und gewartet. Jedoch sei dann deutlich geworden, dass nicht alle Wartenden einen Termin bekommen können. Die meisten hätten Verständnis für die Situation gehabt, "und ich wiederum habe Verständnis für alle, die sich ärgern, dass sie leer ausgegangen sind", sagt Bornefeld. Bei vielen schwinge teilweise Verzweiflung mit. Bornefeld rät, mit den 100 Euro, die Ende August aus dem Bildungs- und Teilhabepaket ausgezahlt werden, das Nötigste für den Schulbesuch zu kaufen. Im September soll es dann einen weiteren Termin für die Ausgabe der Schulmaterialienkammer geben. Wer die Schulmaterialienkammer besucht, muss die Bedürftigkeit nachweisen, etwa über den Leistungsbescheid für Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder Wohngeld. Die Sorge vor horrenden Gas-Nachrechnungen und Lebensmitteln, die in den vergangenen Monaten spürbar teurer geworden sind - da würden viele, die die Schulmaterialien bisher noch irgendwie selbst bezahlt hätten, nun auf das Angebot zurückgreifen. So viele Kinder bedient wie noch nie in Salzkotten Ähnliche Erfahrungen wie in Paderborn, wenn auch in anderen Dimensionen, gibt es auch in den anderen Städten im Kreisgebiet. In Hövelhof etwa steige die Zahl der Bedürftigen seit Jahren. Einen zusätzlichen Termin habe es für ukrainische Schulkinder gegeben. In Salzkotten kamen in diesem Jahr etwa 200 Kinder zur Ausgabe - so viele wie noch nie. Als die Schulmaterialienkammer, die dort vom Caritasverband betrieben wird, 2009 startete, kamen etwa 120 Kinder, berichtet Hildegard Bußmann; in den vergangenen Jahren hätte sich die Zahl auf etwa 150 eingependelt. "200 ist das Maximum, was wir vom Arbeitsaufwand schaffen können", sagt Bußmann, denn auch hier leisten allein Ehrenamtliche die Arbeit. Ein weiteres Problem ist, dass auch die Schulmaterialien zuletzt deutlich teurer geworden sind. Von Steigerungen von 30 bis 50 Prozent spricht Bußmann, unter anderem der Preis für Papier ist enorm gestiegen. Bornefeld hatte in weiser Voraussicht im Februar für 16.000 Euro Schulmaterialien eingekauft und eingelagert. Damals habe ein Schulheft 21 Cent gekostet - inzwischen ist der Vorrat aufgebraucht. Neue Hefte kosten jetzt zwischen 40 und 50 Cent. 24.000 Euro hat sie bisher in diesem Jahr für Schulmaterialien, die die Firma Römhild liefert, ausgegeben. "Mal schauen, wie viel davon noch übrig bleibt, wenn wir die 1.000 Schülerinnen und Schüler ausgestattet haben." Die Schulmaterialienkammern finanzieren sich ausschließlich über Spenden, in Paderborn gibt die Stadt einen Betriebskostenzuschuss. Immerhin: Bisher haben die Organisatorinnen trotz der wirtschaftlich angespannten Lage noch keinen Rückgang der Spendenbereitschaft beobachtet. Das würde die Verteilung von Schulmaterialien für die Ehrenamtlichen noch einmal schwieriger machen.

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