Paderborn Platz der kleinen Künste auf Libori: Straßentheater und Musik vom Feinsten

Paderborn. Wenn die Temperaturen hoch sind, muss Christoph Engels sein Publikum erst einmal aufheizen. "Bei Hitze sind die Leute etwas zurückhaltender", sagt der Komiker mit den roten Haaren. Also legt er sich umso mehr ins Zeug, um die Menschen auf dem Franz-Stock-Platz zum Jubeln und Mitmachen zu motivieren. Wobei - bis Sonntag nennt sich der Platz anders: "Platz der kleinen Künste". Denn diese gibt es während Libori jeden Tag dort zu sehen. Die Stadt Paderborn hat dafür die bislang teuerste Produktion dieser Straßentheater-Reihe nach Paderborn geholt. Abends locken Bands. Für Engels ist der "Platz der kleinen Künste" Straßentheater im besten Sinne. "Man muss gucken, wie die Gegebenheiten sind", sagt er. Wenn er dann, wie an den vergangenen heißen Tagen, beobachtet, dass seine Zuschauer lieber auf der schattigen Treppe Richtung Rathausplatz statt auf den Bänken in der prallen Sonne sitzen, zieht er mit seiner Bühne einfach um. Und auf der gibt es dann Hochrad-Einlagen, Kettensäge-Jonglage und eine riesige Windmaschine zu sehen. Gerne bezieht er einzelne Zuschauerinnen oder Zuschauer in seine Show ein. "Ich darf in meiner Rolle auch mal Sachen zu ihnen sagen, die andere nicht sagen dürfen", meint der Straßenkünstler. Dass es dann auch mal zu ungeplanten Situationen kommt und er improvisieren muss, mag Engels. "Das macht am meisten Spaß." Neben ihm treten täglich, in der Zeit von 15 bis 18 Uhr, die Paderborner Puppenspiele auf. Und bis auf den Mittwoch ist auch die Gruppe Les P'tits Bras immer dabei. Denn einen Tag Auszeit benötigen die französischen Akrobaten, erklärt Stefan Hermanns, Leiter des Veranstaltungsteams beim Kulturamt. Das, was die neunköpfige Truppe am Boden und in der Luft zeigt, ist kräftezehrend wie auch beeindruckend. So schweben drei der Artisten zwischendrin nur von ihrem Haar gehalten über der Bühne. "Es gibt vielleicht 20 Menschen in Europa, die das können", sagt Hermanns. Die Planungen für die seiner Aussage nach aufwendigste und teuerste Produktion, "die wir hier hatten", liefen seit 2019. Dreistündiges Straßentheater Wenn das dreistündige Straßentheater vorbei ist, endet der Tag auf dem Franz-Stock-Platz aber noch nicht. Abends treten Bands auf. Einen ersten wirklichen Höhepunkt in der Reihe der 19-Uhr-Live-Konzerte lieferten am Sonntagabend The Picturebooks. Die Band aus Gütersloh in der Minimalbesetzung mit Fynn Grabke (Gitarre) und Philipp Mirtschink (Schlagzeug) überzeugte mit ihrem brachialen Blues-Rock und erzeugte auf dem Franz-Stock-Platz eine selten gehörte und richtig laute Klangkulisse. Grabke, der nach eigener Aussage keinen gescheiten Akkord spielen kann, entlockte seinem Instrument gewohnte sowie ungewohnte Töne, gefiel mit seiner Stimme und unaufdringlichen Ansagen. Mirtschink bearbeitete sein Schlagzeug, dem es komplett an Becken mangelt, hauptsächlich mit zwei Paukenschlägeln, versetzte eine Art von Backblech in Schwingungen und brachte auch andere metallenen Gegenstände zum (Wohl-)Klingen. Das Publikum - darunter viele aktive Musiker aus der Region - traute oft den eigenen Ohren nicht und war sich nach einer phasenweise berserkerhaft anmutenden 80-Minuten-Show doch sicher, einen der besten Libori-Gigs der vergangenen zehn Jahre erlebt zu haben. Gutes Eröffnungskonzert Ein gutes Eröffnungskonzert hatte tags zuvor bereits Megaton abgeliefert. Die Deutschpunk-Band aus Heidelberg spielte geradeheraus, war bei ihren gesellschaftskritischen Texten glaubwürdig und hatte in ihren 90-Minuten-Konzert nur eine kleine Delle. Dass das Trio um Sänger und Gitarrist Joe Ibrahim ausgerechnet "Sunday Bloody Sunday" von U2 coverte, sorgte für manches Kopfschütteln, aber auch für viel Gesprächsstoff. Den werden hoffentlich auch die Bands liefern, die noch bis zum Sonntag - sicher auch als willkommenes Alternativangebot zum Mainstreamprogramm auf der Rathausbühne - auf dem Franz-Stock-Platz spielen. Am heutigen Dienstag ist Cara mit Irish-Folk an der Reihe.

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