Diese Paderborner bekommen die Kulturnadel 2021

Paderborn. Otmar Allendorf, Carsten &bdquo;Carsta" Schlussus und Antje Huißmann bekommen in diesem Jahr die Kulturnadel verliehen. Eine Jury wählte die drei aus insgesamt 36 Vorschlägen – so vielen wie noch nie – aus, weil sie sich in besonderer Weise um das kulturelle Leben in der Stadt verdient gemacht haben. Die feierliche Verleihung ist am 3. November. Die NW stellt hier die Preisträger vor. Casten Schlussus alias "Carsta" Carsten Schlussus sagt ganz deutlich: &bdquo;Die Nadel bekommt die Carsta." Und damit Paderborns erste Travestiekünstlerin. Im nächsten Jahr wird Carsta 30. Geboren wurde sie 1992 auf Libori. &bdquo;Da meinte jemand, dass ich mal als Travestiefigur mit einem Eiffelturm auf dem Kopf über Petit Paris laufen könnte." Der Wirt der damaligen Gaststätte Schultheiss am Kamp hatte das gesehen und buchte Carsta für einen Auftritt. &bdquo;Dass es dann weiterging, hatte ich nicht erwartet."Damals wie heute trägt der 48-Jährige als Carsta Kostüme, die sein Mann näht. Seit 1995 sind beide zusammen, seit 2006 verpartnert und im Jahr 2019 haben sie schließlich geheiratet, als dies endlich möglich war. Hauptberuflich ist der in Paderborn geborene Schlussus als Erzieher tätig in einer Einrichtung für psychisch erkrankte Menschen. Seit Mai absolviert er zudem ein Fernstudium in Sozialer Arbeit. Die Travestiefigur Carsta dient als Projektionsfläche: &bdquo;Sie ist lauter, schriller und präsenter, sie polarisiert, ist aber liebevoll. Carsten kann schweigen, Carsta eher nicht." Tritt sie auf, dann ist es keine klassische Travestie mit Federn und Chichi, sondern ein unterhaltender Mix. Sie ist Conférencieuse, singt und tanzt. Ein abendfüllendes Carsta-Programm gibt es bisher noch nicht. Daran arbeitet sie ebenso wie an einem Podcast-Projekt. Die Kulturnadel ist eindeutig auch eine Auszeichnung für Schlussus’ Engagement für die LGBT-Szene in Paderborn. So hat Carsta in den vergangenen Jahren die Pader Pride moderiert. Was Paderborns Entwicklung und Offenheit für die queere Szene – Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender – betrifft, so habe sich viel getan. Dabei geht es überhaupt nicht ums Auffallen. &bdquo;Es muss ja nicht das rosa getüpfelte Einhorn sein. Wir wollen Normalität", sagt Carsta und wünscht sich, dass Vielfalt normal ist. &bdquo;Denn in jedem von uns leuchtet ein kleiner Regenbogen." Und Mensch ist Mensch. Einen gewissen Teil dazu beigetragen, dass Carsten Schlussus genadelt wird, hat zudem das Theaterspielen. Bereits 21 Jahre ist er Mitglied im Jungen Amateurtheater in Paderborn, ein Freund hatte einst den Kontakt zu dem Ensemble vermittelt. Seitdem ist Theater sein Hobby. Drei Monate Vorbereitungszeit stecken in jeder Inszenierung, die immer zu Libori – und dann neun Tage am Stück – auf die Bühne gebracht wird. Da alles in Eigenregie laufe, sei damit ein großer Arbeitsaufwand verbunden. In einem Stück, der Verwechslungskomödie &bdquo;Buddys", ist auch schon Carsta aufgetreten. Und sie wird auch die Kulturnadel entgegen nehmen. Stilecht im Kostüm – ist doch klar. Antje Huißmann Antje Huißmann ist überzeugt: &bdquo;Die Gastronomie war meine erste Bühne." Dort habe sie ihre Fähigkeiten ausgebildet: immer unter Beobachtung stehen, mit den unterschiedlichsten Menschen umgehen, auf unbekannte Situationen reagieren und improvisieren. Die Paderborner Kleinkünstlerin hat eine Ausbildung zur Hotelfachfrau gemacht, inzwischen gibt sie als Pantomime und Clownin Chanson-Abende und tritt als die Kunstfigur Else Mögesie auf. &bdquo;Erst die Pflicht, jetzt die Kür", so beschreibt sie selbst ihren Werdegang. Vor 20 Jahren entdeckt sie die Bühne für sich. Angefangen hat alles mit einem Pantomime-Workshop am Westfalenkolleg. &bdquo;Das hat mein künstlerisches Talent geweckt", sagt Huißmann rückblickend. Kneipenlesungen, offene Bühnen, irgendwann fängt sie an zu singen. Clownerie, Improvisation, Schauspiel – mit zahlreichen Workshops und Seminaren entwickelt sie sich weiter. &bdquo;Ich möchte mit meinem Talent auch etwas zurückgeben", sagt Huißmann. Auch deshalb ist sie zum Beispiel mit ihrem Programm &bdquo;Fröhliche Lieder in unlustigen Zeiten" in Senioreneinrichtungen zu Gast und singt dort gemeinsam mit den Bewohnern.Egal, ob sie vor elf oder 400 Menschen auftritt – das &bdquo;pure Improvisieren" auf der Bühne macht für sie den Reiz ihrer Arbeit aus. &bdquo;Ich bin so dankbar, dass ich mein Talent in dieser Weise nutzen darf", sagt Huißmann, &bdquo;ich kann singen, lachen, Blödsinn machen und Menschen geben mir Geld dafür". Während der Corona-Lockdowns nicht auftreten zu können, war für sie vor allem am Anfang schwierig, weil sie nicht gewusst habe, wie sie mit der Zeit umgehen sollte: &bdquo;Ich hatte das Gefühl, ich ersticke". Sie habe sich daraufhin als Else Mögesie einen Facebook-Account angelegt, &bdquo;weil ich dachte, das wäre die einzige Möglichkeit, um dabei sein zu können". Später fing sie an, Theatermasken zu bauen – irgendwie inspirierte sie diese Zeit dazu, wieder etwas Neues zu lernen. Trotzdem sei es für jemanden, der so gerne auf Bühnen steht und sein Publikum unterhält, toll, dass es nun so wieder losgeht mit den Auftritten und Veranstaltungen. Die Kulturnadel zu bekommen habe sie zunächst überrascht, &bdquo;weil ich immer dachte, diese Auszeichnung bekommen Menschen, die sich viel mehr für die Kultur engagieren als ich es tue". Von ihrem Publikum bekomme sie immer direktes Feedback, da sei ein solcher Preis gewissermaßen eine Steigerung, weil er nicht spontan, sondern wohl überlegt vergeben werde. Insofern sei die Kulturnadel &bdquo;eine großflächige Anerkennung, die ich sehr genieße, ohne mir etwas darauf einzubilden", sagt Huißmann. Otmar Allendorf Otmar Allendorf hat in Paderborn wahrscheinlich schon fast jeden Straßenzug fotografiert: Mit seinem fotografischen Werk hat er eine umfangreiche kulturgeschichtliche Dokumentation der Stadt geschaffen. Mitte der 1980er Jahre kam der pensionierte Leiter der Volkshochschule Paderborn zum Fotografieren, erzählt er. Zum 40-jährigen Bestehen der VHS wollte er einen Vortrag über Paderborn halten und benötigte die Bilder zur Gestaltung. &bdquo;Über die Jahre kamen dann immer neue Motive dazu", sagt Allendorf. Der Westfriedhof, die Landesgartenschau in Schloß Neuhaus, der Kamp – damals alles noch analog fotografiert, bei den Vorträgen zeigt er Dias. Im Vordergrund steht für ihn weniger das Künstlerische, als vielmehr der dokumentarische Charakter seiner Fotos. &bdquo;Die Bilder waren für mich immer die Basis für meine Vorträge, ein Vehikel gewissermaßen", um dem Zuhörer Informationen zu vermitteln. Die Vorträge hätten große Resonanz gefunden. &bdquo;Ich merkte, dass ich ein Publikum fand", beschreibt Allendorf seine Motivation. Mit der Zeit entwickelt er seine Fähigkeiten weiter, lernt dazu. Er fängt an, nicht nur Fotos zu machen, sondern auch Menschen zu interviewen, um an die Informationen für seine Vorträge zu bekommen. &bdquo;So habe ich mir als Zugezogener im Laufe der Jahre die Stadt erarbeitet." In seinen Vorträgen habe er oft nur einen kleinen Teil der Fotos verwenden können, seine Sammlung umfasst jedoch so viel mehr. Vor kurzem hat er deshalb einen Teil seines umfangreichen Materials ans Stadt- und Kreisarchiv abgegeben. Besonders interessierten ihn immer die baulichen Veränderungen im Stadtbild: der Umbau des Domplatzes, die Neugestaltung der Königsplätze, &bdquo;den Umbau der Jacoby-Firmenzentrale in der Kisau habe ich von Anfang fotografisch begleitet", erzählt Allendorf. Derzeit beschäftigt ihn der Paderborner Hauptbahnhof: Den Abriss des alten Hauptgebäudes aus den 50er Jahren hat er dokumentiert und hat selbstverständlich vor, auch den Neubau fotografisch zu begleiten. &bdquo;Auch wenn ich ja heutzutage nicht mehr der einzige bin, der so etwas macht", sagt Allendorf, so ziehe er doch auch Motivation für sich selbst daraus, aktiv zu bleiben. Und aktiv war und ist der 81-Jährige nicht nur als Chronist der Paderborner Stadtgeschichte, sondern auch in zahlreichen weiteren Vereinen und Verbänden. So hat er sich im Deutsch-Amerikanischen Freundeskreis Paderborn-Belleville engagiert, ist Ehrenvorsitzender des TV Jahn Bad Lippspringe und Herausgeber der Paderborner Seniorenzeitschrift &bdquo;Die Brücke".

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