"Riskant": Kinderarzt sieht neue Quarantäne-Regelung kritisch

Paderborn. Kaum haben die Gesundheitsminister der Länder beschlossen, dass bei Corona-Infektionen in Schulen und Kitas künftig nur die direkten Sitznachbarn des infizierten Schülers statt wie bisher ganze Schulklassen in Quarantäne geschickt werden sollen, geht Nordrhein-Westfalen einen anderen Weg. Hier sollen nur die infizierten Kinder selbst in Quarantäne gehen, heißt es aus dem NRW-Gesundheitsministerium. Erst bei einem größeren Ausbruchsgeschehen sollen Gesundheitsämter über das einzelne Kind hinaus Anordnungen zur Quarantäne erlassen, wobei sich die Kontaktpersonen aber nach fünf Tagen mit einem PCR-Test freitesten können. Da die entsprechenden Erlasse und Verordnungen allerdings wohl erst Ende der Woche vorliegen, wollte sich das Gesundheitsamt des Kreises Paderborn auf NW-Anfrage noch nicht zu den konkreten Auswirkungen äußern. Aktuell von Corona-Infektionen betroffen sind unter anderem zwei Schulen in Hövelhof. So wurden nach Auskunft der Gemeinde in der Mühlenschule bis Mittwoch in einer Klasse bei sieben Kindern mittels PCR-Test eine Corona-Infektion nachgewiesen. "In diesem Fall gelten alle Kinder der betroffenen Klasse als Kontaktpersonen, so dass es erforderlich war, die gesamte Klasse unter Quarantäne zu stellen. Betroffen sind damit insgesamt 26 Kinder", heißt es von der Gemeinde. Auch aus der Kirchschule wurde ein per PCR-Test nachgewiesener Fall gemeldet. Hier seien die Kontaktpersonen vom Gesundheitsamt ermittelt und entsprechende Quarantäne-Anordnungen erlassen worden. Ein weiterer positiver Pooltest sei in der Klasse 2c am Montag, 6. September, gemeldet worden. Hier seien umgehend die Eltern informiert und die erforderlichen Einzeltestungen veranlasst worden. "Bis zum Vorliegen der Einzelergebnisse bleiben die Kinder aus dieser positiven Pooltestung zunächst zuhause", schreibt die Gemeinde. Aktuell gilt noch die Regelung in NRW, dass im Allgemeinen zunächst davon ausgegangen wird, dass die unmittelbaren Sitznachbarn, sowie die Kinder, die vor und hinter dem betroffenen Schüler sitzen, als direkte Kontaktpersonen gelten und damit eine Quarantäne für diese Kinder notwendig wird. Dabei werden vom Gesundheitsamt alle Sachverhalte individuell ermittelt und entschieden, heißt es von der Gemeinde weiter. Chefarzt sieht hohe Impfrate als essenziell an Friedrich Ebinger, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Frauen- und Kinderklinik St. Louise, empfindet es als riskant, nur das jeweils infizierte oder vom Virus besiedelte Kind herauszunehmen, auch wenn es sehr wichtig sei, die Schließung von Schulen und Kitas nach aller Möglichkeit zu vermeiden. Auffällig sei, dass jüngere Patienten von der aktuellen Virusvariante stärker betroffen seien, aber weiterhin nicht schwer erkrankten. Der Chefarzt betont ausdrücklich, dass für den Schutz der Kinder eine hohe Impfrate bei den Erwachsenen essenziell sei. Auch Säuglinge erkrankt Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit einer Corona-Infektion in St. Louise ist Friedrich Ebinger zufolge in den vergangenen Wochen gestiegen. "Während wir in der ersten Welle nur sehr wenige Patienten hatten, ist die Zahl im Frühjahr 2021 gestiegen. In den letzten Wochen hat man den Eindruck, dass es noch einmal eindeutig mehr Patienten werden", so Ebinger. Schwere, das heißt intensivpflichtige Verläufe seien bislang nicht darunter gewesen, allerdings habe es durchaus einzelne, ernsthaft erkrankte Patienten gegeben, insbesondere junge Säuglinge, ergänzt der Chefarzt. Spätfolgen wie Long Covid oder PIMS seien ebenfalls noch nicht registriert worden. "Bei einzelnen Patienten im Schulalter dachten wir aufgrund der Symptomatik, es könnte ein milder PIMS sein, diese hatten jedoch keine SARS-CoV2-Antikörper. Ähnliches gilt für Patienten mit Symptomen, die zu einem Long-Covid passen (chronische Erschöpfung etc.). Hier ist oft eine Abgrenzung gegenüber psychischen Folgen des Lockdowns schwierig", erklärt Friedrich Ebinger.

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