Gefahrenzone am Stauende: Zwei schwere Unfälle in zwei Tagen

Paderborn. Am Dienstag kam es zu dem schweren Unfall mit einem Toten auf der A 33. Am Mittwoch wurde bei Lichtenau ein Autofahrer lebensgefährlich verletzt, als er auf einen abbremsenden Lastzug auffuhr. Beide folgenschweren Kollisionen ereigneten sich am Stauende vor Baustellenbereichen. Besonders wenn Lkw involviert sind, verschlimmern sich die Unfallfolgen deutlich. Den Aufzeichnungen der Autobahnpolizei für das Jahr 2020 zufolge haben Lkw und Kleintransporter auf den ostwestfälischen Autobahnabschnitten einen Verkehrsanteil von 32,6 Prozent. Jedoch sind sie mit 37,9 Prozent überproportional an Unfällen mit Getöteten und Schwerverletzten beteiligt. Ein Fünftel dieser Unfälle wurde demnach durch die Lkw-Fahrer verursacht. Einer der Problempunkte liegt dabei an Stauenden. Dabei gleichen sich die Bilder und die vorhergehenden Abläufe oftmals. Etwa wenn ein Pkw auf einen langsam fahrenden oder stehenden Lastzug auffährt. Die Motorhaube des Autos schiebt sich unter den hinteren Bereich des Aufliegers und dessen Ende kollidiert auf Höhe des Oberkörpers der Autoinsassen mit dem Fahrgastraum. Je nach Aufprallgeschwindigkeit und Bauweise erhöht sich somit das Risiko für schwere oder lebensgefährliche Verletzungen. Kommt es dazu, wie zuletzt auf der A 33 geschehen, dass ein zweiter Lkw von hinten in stehende oder gerade kollidierte Fahrzeuge fährt, potenziert dies oftmals die Zahl der Opfer. So geschehen jeweils auch auf der Autobahn 44 im März mit drei Todesopfern und im September vergangenen Jahres mit vier Toten. Ein weiterer gefährlicher Bereich ist die Position der Insassen von auffahrenden Lastzügen. Die Fahrerkabinen liegen zwar ein deutliches Stück höher als die Fahrgastzellen von Autos, doch die Knautschzone ist minimal. Zudem geraten sie zwischen die im Zweifel stehende Masse des vorigen Lkw und den von hinten nachschiebenden Auflieger zuzüglich dessen Ladung, bestätigt Hella Christoph, Pressesprecherin bei der zuständigen Polizeidirektion in Bielefeld. Als Auslöser gelte oftmals eine Verkettung von nicht angepasster Geschwindigkeit zu geringem Abstand und einer Ablenkung oder Unaufmerksamkeit der Fahrzeugführer. Monotones Fahren und der Griff zum Smartphone Zwar sind seit 2015 bei neu zugelassenen Lastzügen Notbremsassistenzsysteme verpflichtend, doch tatsächlich verringern sie nur die Geschwindigkeit von 60 auf 80 Stundenkilometer. Das effektive Bremsmanöver muss vom Fahrer selbst erfolgen. "Problematisch ist, dass die Systeme manuell abgeschaltet werden können", erläutert Ralf Collatz vom ADAC, was der Verband bereits seit Langem bemängelt. Ohne die Abstandsmessung der Systeme könnten diese dann entsprechend verringert werden. "Auf der einen Seite stehen die Fahrer unter Termindruck, auf der anderen Seite sind die Langstreckenfahrten auf der Autobahn äußerst monoton", beschreibt er die Problematik für die Fahrer. Wenn dann noch Ablenkungen wie etwa der Griff zum Smartphone hinzukämen, steige das Unfallrisiko enorm an. "Fachleute schätzen, dass zwischen zehn und zwanzig Prozent der Unfälle auf das Hantieren mit dem Mobiltelefon zurückzuführen sind." Je größer die Fahrzeuge, desto schwerer sind dann die Folgen. Wegen des Unfalls am Dienstag hat die Autobahnpolizei das Handy des 48-jährigen Fahrers aus der Slowakei sichergestellt. Sachverständige haben im Auftrag der Staatsanwaltschaft Paderborn ihre Arbeit aufgenommen und untersuchen den Ablauf des Geschehens. Eine weitere Auffälligkeit bei den fatalen Zusammenstößen an Stauenden ist, dass oftmals ausländische Fahrzeuge involviert sind. Es sind allerdings auch besonders viele Speditionen aus dem Ausland auf deutschen Autobahnen unterwegs. "Der Preiskampf im Speditionsgewerbe hat dazu geführt, dass auch große deutsche Unternehmen ähnlich zu Reedereien, 'ausgeflaggt' haben und die Standorte besonders in den osteuropäischen Raum verlegt haben", erläutert Collatz. In der grundsätzlichen Ausstattung gebe es allerdings wenige Unterschiede, verweist der Verkehrsexperte, der technische Grundstandard der Fahrzeuge sei deutlich gestiegen. "Seelenverkäufer" gebe es in der Form, wie sie noch vor etwa 15 Jahren unterwegs waren, nicht mehr. Auszuschließen seien technische Mängel an Lastzügen allerdings weiterhin nicht.

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