Gefahr für Technologiestandort Paderborn wegen weniger Ausbildungsplätzen

Paderborn. Die Wirkungen der Coronakrise auf den Arbeitsmarkt sind vielseitig. Kurzarbeit oder gar Insolvenzen sorgen für Unsicherheit bei den Beschäftigten und die Arbeitsagentur verzeichnet zudem eine steigende Arbeitslosenquote. Auch am Ausbildungsmarkt sinken die angebotenen Lehrstellen, allein im Kreis Paderborn um rund 20 Prozent. Für die Gewerkschaften ein beunruhigendes Signal, besonders für den hiesigen Technologiestandort. Denn neben den Branchen, die wie die Gastronomie und Hotellerie direkt von den Auswirkungen der Krise betroffen sind, gibt es besonders bei Industriebetrieben ebenfalls einen deutlichen Rückgang beim Ausbildungsangebot. Zwar verzeichnet die Arbeitsagentur für den Monat Mai ein Verhältnis von 800 offenen Ausbildungsplätzen zu 655 unversorgten Jugendlichen, doch die Zahl der insgesamt gemeldeten Stellen sank auf 1.703. Das bedeutet etwa 430 Ausbildungsplätze weniger als im Vorjahr. &bdquo;Besonders für Jugendliche mit mittlerem Bildungsniveau ist dieser Einschnitt beim Übergang in die Arbeitswelt gravierend", betont Anke Unger, Geschäftsführerin des DGB in OWL. &bdquo;Die Jugendlichen reagieren aktuell sehr vorsichtig und setzen zur Überbrückung auf schulische Angebote, wie etwa Berufskollegs", so Unger zur Situation. Im offiziellen Zahlenwerk sind jedoch nur die durch Unternehmen gemeldeten Ausbildungsplätze erfasst. Hinzu komme laut Unger, dass teilweise mündlich zugesagte Ausbildungsstellen von Unternehmensseite aufgrund der aktuellen Situation sogar wieder abgesagt würden. Bedenkliche Entwicklung bei Benteler Als dramatisches Signal führt der Paderborner IG-Metall-Geschäftsführer Konrad Jablonski die Lage im Aus- und Weiterbildungszentrum von Benteler auf. &bdquo;Dort sollen statt normalerweise 82 Auszubildenden für die Unternehmensbereiche Automotive und Steel/Tube nur 15 Azubis aufgenommen werden", erläutert er. Dies mache den größten Teil der rund 100 wegfallenden Azubi-Stellen in den durch die Gewerkschaft vertretenen Branchen aus. &bdquo;Die Ausbildungsplätze bei Benteler zielen auf hohe Fachqualifikationen ab, dazu zählen besonders Dual-Studiengänge und die betrieblichen Berufsausbildungen", gibt Gewerkschaftssekretär Felix Eggersglüß Einblick. &bdquo;Dort gibt es auch praktisch ausgerichtete Qualifikationsangebote für Jugendliche mit etwas schwächeren Abschlüssen, mit dem Ziel, ihnen eine weitere Fachausbildung zu ermöglichen." Besonders hier befürchte die IG Metall negative Auswirkungen durch den schleichenden Schwund von Ausbildungsplätzen. Weniger Auszubildende hätten auch Einfluss auf das Personal des Ausbildungszentrums als Folge. "Dramatisches Zeichen für den Technologiestandort Paderborn" Benteler steht dabei nicht erst durch die Coronakrise unter Druck. Dieser war auf die Branche der Automobilzulieferer bereits zuvor deutlich spürbar angewachsen. &bdquo;Insgesamt ist dieser Einschnitt bei Benteler ein dramatisches Zeichen für den gesamten Technologiestandort Paderborn. Wir appellieren deshalb an alle Unternehmen, die Ausbildung eigener Fachkräfte auch in der Krise nicht zu vernachlässigen", machen Unger und Jablonski deutlich. Erfahrungen aus der Finanzkrise vor gut zehn Jahren hätten gezeigt, dass Ausbildungsprogramme, wenn sie abgeschafft würden, kaum auf die Schnelle wiederzubeleben seien. Ein gemeinsames Handeln der Sozialpartner und der Politik sei gefragt, um kurzfristig mehr betriebliche Ausbildungsstellen zu schaffen und an bestehende Potenziale anzuschließen. Dabei verweist Anke Unger auf die mit der Bundesregierung vereinbarte Übernahmeprämie, die Unternehmen erhalten, wenn sie Azubis aus insolventen Firmen übernehmen und so ihre weitere Ausbildung sicherstellen. Besonders klein- und mittelständische Unternehmen sollen 2.000 Euro Förderungen je Stelle erhalten, wenn sie im Dreijahresschnitt die Zahl ihrer Ausbildungsplätze stabil halten können. Bei Ausweitung dieser Stellen sollen je zusätzlicher Stelle 3.000 Euro fließen. Ein kurzfristiges Mittel seien außerbetriebliche Ausbildungsangebote, die Jugendlichen weitere betriebliche Ausbildungen ermöglichen sollen. Die Gewerkschaften vor Ort engagieren sich für die Sicherung von Ausbildungsplätzen derzeit im Austausch mit Unternehmerverbänden, der Arbeitsagentur und der Politik dafür, dass die Coronakrise nicht zur Ausbildungskrise in der Region wird.

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