Die Paderborner Bahnhofsmission als letzter Zufluchtsort

Paderborn. Im Paderborner Hauptbahnhof hasten Menschen durch die Vorhalle, stehen beim Bäcker in der Schlange oder hören Musik, während sie auf den Zug warten. Abseits des Treibens steht am Bahnsteig 1, zwischen den Abschnitten D und E ein aus Backsteinen gemauertes Häuschen - die Bahnhofsmission. Als Elisabeth Steinmetz an diesem Morgen den Aufenthaltsraum des Gebäudes betritt, döst dort ein Mann mit dem Kopf auf dem Tisch. Ein weiterer blättert durch eine Zeitung. Kurze Begrüßungen werden ausgetauscht. "Damals hat es mich interessiert, wie es dazu gekommen ist, dass die Menschen so geworden sind, wie sie sind", sagt die 68-Jährige rückblickend. Nachdem ihre Töchter damals aus dem Haus waren, kam in ihr der Wunsch auf, mit Menschen zu arbeiten. Deshalb legt sie sich seit nunmehr 15 Jahren zwei Mal die Woche die hellblaue Weste um und engagiert sich für jene, die auf Unterstützung angewiesen sind. Menschen in schwierigen Lebenssituationen Die Bahnhofsmission ist letzter Zufluchtsort, Treffpunkt und warme Stube, ein Ort für Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Obdachlosigkeit, Drogen- und Alkoholabhängigkeiten, psychische Erkrankungen - die Problemlagen sind vielfältig. "Wir sind alle keine Sozialarbeiter. Man muss sich bewusst machen, dass man ab einer gewissen Grenze nicht mehr helfen kann", sagt Steinmetz. Manchmal reiche es jedoch, den Menschen einen Ort zu geben, an dem sie sein können, wie sie sind. Für manche sei die Bahnhofsmission wie ein zweites Wohnzimmer. "Die Leute kommen hierhin und wollen ernst genommen und nicht therapiert werden." Im Winter bietet das Backsteinhäuschen Schutz vor der Kälte, die Ehrenamtlichen schmieren Brote, schenken Kaffee aus und haben ein offenes Ohr. Obdachlose, die den Tag nicht in einer Unterkunft verbringen können, kommen in die Bahnhofsmission. Ebenso sind es Menschen, die zwar eine Wohnung haben, aber der Einsamkeit in ihren vier Wänden entfliehen wollen. "Sie suchen jemanden zum Reden." Leben meint es oft nicht gut mit ihnen Doch das Leben meint es oft nicht gut mit ihnen. Elisabeth Steinmetz und ihre Kollegen bekommen das bei ihrer Arbeit immer wieder vor Augen geführt. An einem Tag sei etwa ein junger Mann aufgetaucht. Er sei gut gekleidet gewesen, unterhielt sich mit den Ehrenamtlichen, hatte aber wohl bereits erste Probleme mit Drogen. In den darauffolgenden Jahren sei der Mann regelmäßig gekommen, doch es ging mit ihm bergab, wie die 68-Jährige berichtet. Seine Zähne seien ausgefallen, die Kleidung ging kaputt, er wurde wortkarg, die Probleme nahmen zu. "Man weiß mit der Zeit, dass das nichts mehr wird." Manche Leute würden kränker, gingen nicht zum Arzt. "Irgendwann heißt es dann, dass er gestorben ist", sagt Steinmetz. Die hellblaue Weste macht sichtbar Vor dem Eingang zur Bahnhofsmission fahren die Züge ein, aus der Lautsprecheranlage schallt eine Stimme, die die nächste Ankunft verkündet. Wenn Elisabeth Steinmetz an den Vormittagen hier ist, dreht sie meistens eine Runde entlang der Bahnsteige. Häufig brauchen Reisende Unterstützung. Sie wissen nicht, wohin sie müssen, wann und wo der Zug kommt oder sie brauchen Hilfe beim Transport ihres Gepäcks. Die hellblaue Weste nimmt die Hemmung, um Hilfe zu bitten, berichtet Steinmetz. "Wenn man mit der Weste auf dem Bahnsteig ist, kann man leichter helfen. Man ist dann sichtbarer." Gerade ältere Reisende würden schnell unruhig werden, wenn mal etwas schief laufe. "Die sind froh, wenn wir sie ansprechen. Wenn du nicht gewesen wärst, weiß ich nicht, was ich gemacht hätte", heiße es dann schon mal. Die Ehrenamtlichen teilen sich die Arbeit auf. Manche kennen die Fahrpläne besser, andere helfen beim Koffertragen, wieder andere begleiten Kinder oder Menschen mit Behinderung auf ihrer Reise innerhalb des Bundeslandes. Für Elisabeth Steinmetz ist ihre Tätigkeit trotz aller Widrigkeiten, die sie miterlebt, eine lohnenswerte. Wenn auch sonst wortkarge Menschen ihr sagten, wie schön es sei, dass es die Ehrenamtlichen der Bahnhofsmission gebe, dann habe sich ihre Arbeit gelohnt.

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