Renaturierung: Die Alme schlängelt sich jetzt durch eine Kiesbank

Paderborn. Spaziergänger und Passanten reiben sich die Augen: Wo ist die langweilige Flusslandschaft vor den Toren der ehemaligen Residenzstadt geblieben? Bis vor kurzem rauschte die Alme mehr oder weniger schnurgerade durch eingedeichte Wiesen unter der Brücke der Münsterstraße hindurch Richtung Lippe. In diesem Frühling sieht es hier fast schon aus wie an einem typischen Alpenfluss. Ein halber Hektar Flussufer wurde nämlich drei Wochen lang im Februar und März in eine Kieslandschaft verwandelt, durch die sich hier und da aus der Alme gespeiste Wasseradern ziehen. Fehlen nur noch die Menschen, die hier ein Sonnenbad nehmen oder sogar ihre Füße ins normalerweise höchstens knietiefe Wasser tauchen. Doch der Sommer kommt ja noch. Jedenfalls werden jetzt schon Erinnerungen bei vielen Neuhäusern wach, die vor über 50 Jahren noch in der Alme schwammen. Verantwortlich für die Arbeiten ist der Wasserverband Obere Lippe. Dieser nimmt sich seit 2015 Stück für Stück den in den letzten Jahrzehnten begradigten Flusslauf der Alme vor. Die Planer um den Geschäftsführer des Verbandes, Volker Karthaus, orientieren sich dabei unter anderem an alten Karten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, auf denen der Unterlauf der Alme zwischen Wewer und Neuhaus noch weite Bögen aufweist. Einerseits geschieht dies aus Gründen eines veränderten Hochwasserschutzkonzeptes, das Wasserläufen mehr Platz und damit Überflutungsflächen einräumt. Vor allem soll aber die Natur wieder zu ihrem Recht kommen. Verdrängte Fisch- und Vogelarten wie der inzwischen selten geworden Flussregenpfeifer, der auf Kiesbänken brütet, sollen ihre Lebensräume zurück erhalten. Zweibeinige Sonnenanbeter wären also nur ein Nebeneffekt der neuen, alten Flusslandschaft vor den Toren der Residenz. Eigentlich typisch für einen Karst-Fluss &bdquo;Solche Kiesbänke sind eigentlich typisch für die Alme, die mit ihren 59 Kilometern Länge Nordrhein-Westfalens einziger Karst-Fluss ist", sagt Volker Karthaus. Um den Neuhäuser Kies-Strand freizulegen, habe man 3.300 Kubikmeter Boden abgetragen und damit die Wälle an der Verner Straße verstärkt. Danach seien rund 900 Kubikmeter Kies, die sich unter der Erde befanden, auf 5.000 Quadratmetern verteilt worden. Volker Karthaus: &bdquo;Hier soll sich in Zukunft auch ein Teil des Kieses ablagern, den die Alme mitführt." Während Sträucher, die sich eventuell im Kiesbettansiedeln, entfernt würden, seien Bäume erwünscht. Karthaus: &bdquo;Sie wirken bei Hochwasser wie ein Rechen, der Schwemmgut auffängt." Insgesamt hat der Wasserverband Obere Lippe laut Karthaus auf dem Gebiet der Stadt Paderborn von insgesamt sechs Kilometern Flusslauf bisher 700 Meter renaturiert. Die jüngste Maßnahme schlug mit rund 42.000 Euro zu Buche. Karthaus: &bdquo;80 Prozent werden über die Bezirksregierung durch das Land finanziert, der Rest wird durch unsere Kooperation mit der NRW-Stiftung finanziert." Bisher sei man ausschließlich auf Flächen tätig geworden, die der Stadt Paderborn gehören. Doch damit sei man nun durch, so dass man für weitere Maßnahmen darauf angewiesen sei, dass Privatleute ihre Uferbereiche verkaufen oder zur Verfügung stellen. &bdquo;So hoffen wir, dass doch über die Jahre eine zusammenhängende renaturierte Flusslandschaft entsteht." Auf Fotos sieht man denn auch, wie sich die Flusslandschaft schon jetzt verändert hat. Karthaus: &bdquo;Hatte sich die begradigte Alme bis dato immer tiefer eingegraben, so nagt sie in den renaturierten Bereichen nun wieder an den Rändern. Der Flusslauf wird so Stück für Stück länger." Auch der Artenreichtum habe sich bereits sichtbar vergrößert. Die Uferschwalben seien bereits zurück. Nun hofft Karthaus auch auf die Rückkehr des Flussregenpfeifers.

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