70 Jahre Ehe: Wie schafft man das?

Paderborn. Franziska und Wilhelm Pastoors haben sich in Rostock gefunden. Sieben Jahrzehnte ist das jetzt her. Als sie Anfang 1948, wenige Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges, vor den Traualter traten, war Franziska 19 Jahre jung und Wilhelm gerade 23. &bdquo;Wir haben so früh geheiratet, damit wir im Haus meines Vaters zusammen leben konnten und er keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen musste", erzählt Franziska Pastoors. Eine eigene Wohnung konnte das Paar erst neun Jahre später beziehen. Damals haben die beiden im wahrsten Sinne des Wortes einen Bund fürs Leben geschlossen, denn die Eheleute haben seither das ganze Leben miteinander verbracht. Sie haben Höhen und Tiefen gemeinsam erlebt und überstanden, haben Silberne Hochzeit gefeiert, die Goldene und zuletzt vor ein paar Monaten die Gnadenhochzeit. Ein sehr seltenes Jubiläum, das nur wenigen Liebenden vergönnt ist. "Das ist die große Liebe" 70 Jahre Ehe. Wie ist das zu schaffen? &bdquo;Man muss nur alt genug werden", lacht Wilhelm Pastoors. Aber das allein reicht wohl nicht, wichtig ist wohl auch der passende Partner. Die Gattin strahlt. &bdquo;Dass das mit uns die große Liebe war, das haben wir sofort gewusst". Ihr Mann streichelt ihre Hand. &bdquo;Aber so richtig zusammen wächst man erst später, nach und nach", sagt sie. Vollkommen war das Glück schließlich, als der Sohn aus dem Paar Anfang der 60er Jahre eine Familie machte. Heute sind Pastoors Urgroßeltern. Das Wichtigste ist Vertrauen, findet die 89-Jährige. Und man müsse lernen, mit den Marotten des anderen klar zu kommen und nicht dauernd an ihm herum nörgeln. &bdquo;Auch nachgeben muss man mal. Und Kompromisse finden", ist die gebürtige Rostockerin überzeugt. &bdquo;Ich schaue zum Beispiel im Fernsehen Sport mit meinem Mann, weil er das gerne sieht. Andersherum schaut er sich mit mir lustige Filme an, die ich gerne mag." Dass jeder in einem anderen Zimmer sitzt und fernsieht, nein, das gefällt ihnen beiden nicht. Zusammen 28 Länder bereist Kompromisse gab es auch im Urlaub. &bdquo;Mein Sohn und ich, wir lieben das Meer und Wasser. Mein Mann klettert und wandert lieber. Also fuhren wir früher im Sommer oft in die Berge, aber immer in eine Unterkunft mit Schwimmbad. So hatten wir an einem Tag Wasser, am nächsten die Berge", lacht die Seniorin. 28 Länder haben die Eheleute bereist und jede Fahrt, ob Studienreise oder Urlaub, wurde von Wilhelm perfekt und präzise vorbereitet. Meist mit der Bahn, sonst mit dem Flugzeug. Inzwischen ist ihnen das Verreisen samt Vorbereitung allerdings zu anstrengend geworden. &bdquo;Aber wir zehren sehr von unseren Reisen". 14 Mal sind die Pastoors umgezogen, meist berufsbedingt, denn Wilhelm war für die Deutsche Bundesbahn tätig. &bdquo;Mitgehangen, mitgefangen", schmunzelt die Gattin. Nach der Flucht aus Rostock 1958 lebten sie unter anderem in Essen, Dortmund, Castrop-Rauxel, Wien und Traunstein. Von den Oper- und Theaterbesuchen in Österreichs Hauptstadt schwärmen beide heute noch. Und von den Jahren in Mödlingen. &bdquo;Nach der Arbeit zum Heurigen, das war schön", blickt der 93-Jährige zurück. "Ich habe nie ein böses Wort von ihm gehört" Weil sie in Traunstein der Föhnwind quälte, kauften die Eheleute nach Wilhelm Pastoors Pensionierung eine Eigentumswohnung in Paderborn. Hier hatten sie Bekannte und ihnen gefiel die Stadt am kürzesten Fluss Deutschlands. Nach Rostock konnten sie damals nicht zurück, es gab noch die DDR. Das ist nun gut 30 Jahre her und Paderborn, wo sie so lange leben wie nirgendwo zuvor, ist ihr Zuhause. Viele Freunde ihres Alters haben sie aber leider nicht mehr, sie sind verstorben. &bdquo;Ich habe in all den Jahren nie ein böses Wort von meinem Mann gehört", sagt Franziska Pastoors und schaut ihn liebevoll an. Er lächelt. &bdquo;Na, ich von dir doch auch nicht". Aber Meinungsverschiedenheiten, die haben die Eheleute durchaus mal. &bdquo;Es wird ausdiskutiert und geklärt. Das ist wichtig", sagt sie. Ihr Mann nickt. Welche Zeit in dieser langen, harmonischen Ehe war denn die schönste? Die beiden schauen sich an. Überlegen. &bdquo;Eigentlich war es immer schön", sagen dann beide.

Meistgelesen