Die AfD wettert unter anderem gegen die Reform des Ehegesetzes. Deutschland solle zu einem "sodomitischen Freudenhaus" gemacht werden, heißt es dazu vom Kreisverband auf seiner Webseite. Warum greifen Sie zu so beleidigenden Vergleichen?
Andreas Kemper: Allein die AfD hat klar Stellung bezogen gegen die verfassungswidrige "Ehe für Alle". Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes in Art. 6. Das BVerfG hat im Jahr 2012 Recht gesprochen, dass die Ehe ein Institut zwischen Mann und Frau ist. Vor kurzem fand dazu eine Kundgebung in Paderborn statt, auf der ich Stellung bezogen habe, dass die "Ehe für Alle" Ehe für Keinen bedeutet und die Ehe auch für andere Lebensmodelle geöffnet werden könnte. Schon wird die Ehe unter Vielen diskutiert. Damit wird die Tür für die moslemische Vielehe in Deutschland geöffnet, selbst für eine Ehe unter Geschwistern oder mit Kindern könnte so der Weg frei werden. Jedwede Verbindung könnte unter dem Dach der "Ehe für Alle" möglich sein und das muss auch pointiert benannt werden.
Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die AfD vergifte mit ihren Provokationen systematisch den politischen Diskurs in Deutschland?
Kemper: Das Gegenteil ist der Fall: die AfD hat die politische Debatte wieder belebt und ein neues Interesse an Politik entfacht. Viele Nichtwähler, die sich enttäuscht von den Altparteien insbesondere der CDU und SPD abgewendet haben, finden wieder in die politische Debatte zurück und nehmen aktiv an Wahlen teil und wählen AfD. Politische Provokationen, auch am Rande der "Gürtellinie" waren bis in die 90er-Jahre Teil einer gesunden und spannenden politischen Auseinandersetzung. Denken wir an die Dispute von Schmidt und Kohl und weiter zurück an Strauß und Wehner, aber auch Schröder war für seine provokanten Aussagen bekannt. Frau Merkel hat mit ihrem Politikstil die politische Debattenkultur in Deutschland komplett zerstört. Hier leistet nun die AfD einen Dienst an der Wiederherstellung des deutschen Politikstils.
Sie verstehen sich selbst als liberal-konservativ. Dafür könnten Sie sich auch in anderen, weniger umstrittenen Parteien engagieren. Warum setzen Sie dennoch ausgerechnet auf die AfD? Immerhin sind Sie ja schon einmal ausgetreten.
Kemper: Die AfD ist für mich die einzig verbliebene politische Alternative für Liberal-Konservative und alle diejenigen die eine wirkliche politische Alternative zu den verkrusteten Altparteien suchen und ernsthaft wirkliche Veränderung in der politischen Kultur in Deutschland möchten. Die etablierten Parteien haben ein "Groß-Koalitionen-Kartell" im Bundestag, den Landtagen und kommunalen Parlamenten geschaffen. Unterschiede in den politischen Positionen sind so gut wie nicht erkennbar. Politischer Diskurs und innerparteiliche Auseinandersetzung finden in diesen Parteien nicht mehr statt. In der AfD wird um politische Positionen und Lösungen diskutiert und gestritten, z.T. sehr heftig. Aber es werden offen die Themen angesprochen, die die Bürger bewegen - mit Mut zur Wahrheit.
Wer die AfD wählt, muss damit rechnen, dass statt Ihrer Person völlig andere in den Bundestag einziehen. In etlichen Landesparlamenten haben sich AfD-Abgeordnete als Rechtsradikale, Esoteriker oder Antisemiten entpuppt. Wie verantworten Sie das? In allen innerparteilichen Grabenkämpfen ist die AfD bisher immer nur weiter nach rechts gerückt.
Kemper: Zuallererst kämpfe ich dafür, als direkt gewählter Abgeordneter für meinen heimischen Wahlkreis in den Bundestag einzuziehen. Was hat Herr Linnemann denn als Vertreter der Bürgerlichen aus unserer Region im Bundestag erreichen können? Welche Erfahrung bringt er mit, der vom Uni-Elfenbeinturm direkt in die Berufspolitik gewechselt ist, ohne weitere Berufs- und Lebenserfahrung. Ich will mit meiner reichen Berufs- und Lebenserfahrung Vernunft und Klarheit in den Bundestag bringen und diejenigen vertreten, die sich eine wirkliche politische Alternative wünschen. Als noch junge Partei durchlebt die AfD eine Reifungsphase, wie andere neue Parteien vor ihr auch. Festzustellen ist, dass die AfD für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt und fest zum Grundgesetz steht.
Wie stehen Sie zum Parteiausschlussverfahren gegen den thüringischen AfD-Rechtsaußen Björn Höcke? Er vertritt völkische Positionen und hält sich derzeit nur aus taktischen Gründen bewusst mit Äußerungen in der Öffentlichkeit zurück.
Kemper: Ich äußere mich grundsätzlich nicht über Personen und Verfahren, über die ich keine Kenntnis habe. An Spekulationen und parteipolitischem Tratsch beteilige ich mich ebenfalls nicht. Ich kenne Herrn Höcke nicht persönlich und ich habe ihn auch nicht kennengelernt. Bemerken möchte ich hierzu nur, dass heute selbst Helmut Schmidt mit seinen Äußerungen aus dem Jahr 2005 zur massenhaften Zuwanderung aus fremden Kulturen mit hoher Wahrscheinlichkeit als Rechtsradikaler gebrandmarkt würde.
Abschließend zu den teils tendenziös an mich gestellten Fragen, würde ich hier gern die Frage aufwerfen, ob sich die Medien über ihre Rolle als neutraler Berichterstatter klar sind und dieser Rolle auch nachkommen oder nur noch politische Meinungen transportieren.
INFORMATION
Persönliche Daten
- Geburtsdatum: 19. November 1968
- Geburtsort: Büren im damaligen St. Nikolaus-Krankenhaus
- Familienstand: verheiratet mit vier leiblichen Kindern mit derselben Ehefrau, zwei Töchter mit 4 und 13 Jahren, zwei Söhne mit 6 und 11 Jahren
- Aktueller Beruf /Ausbildung: Vertriebsleiter bei einer internationalen IT-Firma, davor berufliche Positionen u.a. bei Siemens Business Services in Paderborn und Erlangen und bei CSC in Wiesbaden; Studium zum Dipl.-Ing. und Aufbaustudium zum Dipl.-Wirtsch.-Ing., davor 15-monatiger Grundwehrdienst im PzAufklBtl. 7 in Augustdorf, 1988 Abitur am Liebfrauengymnasium Büren
- In der Partei: von 2013 bis 2015 AfD, Gründungsmitglied der AfD NRW, derzeit parteilos
- Ämter in der Partei: von 2013 bis 2015 Vorsitzender des AfD Kreisverbands Paderborn
- Hobbys: Jagd mit Begehungsschein im heimischen Revier, Wassersport (Segeln), Wandern, Kultur