Wie aufwendig der Einbau neuer Glocken im Paderborner Dom ist

Paderborn. Bevor der Klöppel schwingen kann, ist zunächst der Hammer dran: Im nächsten Jahr erhält der Paderborner Dom wie berichtet zwei neue Glocken. Sie sollen mit ihrem malerischen Klang Menschen verbinden und ihre Herzen berühren. Davor steht jedoch die Frage: Wie kommen die Glocken in den Turm? Die Antwort ist so simpel wie technisch anspruchsvoll: "Wir nutzen dafür eine ähnliche Konstruktion wie 1951", sagt der zuständige Architekt Björn Kastrup vom Bauamt des Erzbischöflichen Generalvikariats. Bevor die Glocken also zum 950-jährigen Jubiläum der Domweihe am 22. Juli 2018 filigran aufeinander abgestimmt erklingen können, ist erst mal rustikale Arbeit angesagt. Vor 66 Jahren wurden die sechs Gussstahlglocken mit einem Flaschenzug in den Turm der Kathedrale gezogen. Ähnliches ist auch im Frühjahr 2018 geplant, berichtet der Architekt. Die beiden neuen Glocken, die Ende November in Holland gegossen werden, sollen dann mit einem Lkw an die Nordseite des Turmes gefahren und von dort per Flaschenzug in gut 40 Meter Höhe gebracht werden. Dort befindet sich das "Glockenfenster", das größer als die umliegenden ist. Allerdings immer noch nicht groß genug, damit die "Christus, unser Friede"-Glocke mit ihrem Durchmesser von 2,60 Meter hindurch passen könnte. Die Lösung: "Das Fenster wird aufgemauert", erläutert der Architekt die Pläne. Ober- und unterhalb der dann 3 mal 3 Meter großen Öffnung wird jeweils eine riesige Stahlkonstruktion angebracht, die quer durch den Domturm läuft. An den oberen Stahlträgern werden die zwei Glocken - die große wiegt beachtliche 13 Tonnen , die kleinere 1.000 Kilo - empor gezogen, auf den unteren Trägern dann in den Turm gebracht, wo sie an ihren Bestimmungsort gehängt werden. Zuvor werden über diese Konstruktion die bereits vorhandenen sechs Glocken restauriert und umgehängt, weshalb sie ab Libori 2017 verstummen werden. Denn wegen der Neuzugänge ändert sich auch die bestehende "Läuteordnung". So soll etwa die 4,8 Tonnen schwere Liborius-Glocke eine Etage höher angebracht werden. Erleichtert werden all diese Arbeiten dadurch, dass das notwendige Außengerüst am Turm ohnehin schon vorhanden ist. So können die Materialien bequemer in die luftigen Höhen transportiert werden und auch die Arbeiten am Glockenfenster werden erleichtert. Anlass für das Gerüst, das bis an das Dach heran reicht, ist die demnächst beginnende Fassaden- und Innensanierung des Turms. Die Kosten dieser zweiten Phase der Baumaßnahmen am Paderborner Dom sind laut Dompropst Joachim Göbel mit 2 Millionen Euro veranschlagt. Neben der Restaurierung des Mauerwerks soll auch die Bekrönung am Dach überprüft und vergoldet werden. Außerdem wird der Glockenstuhl kontrolliert und an die neue statische Belastung angepasst. Während der Turm der Kathedrale also auf absehbare Zeit nun zur Baustelle wird, sind die vor vier Jahren begonnenen Arbeiten am Kirchenschiff so gut wie abgeschlossen. In Spitzenzeiten waren laut Architekt Kastrup bis zu 30 Arbeiter gleichzeitig damit beschäftigt, schadhaftes Mauerwerk und die sogenannte Bauzier zu restaurieren sowie das Dach neu einzudecken. Die Bilanz: 70 Prozent der Fugen und 40 Prozent des Mauerwerks sind ausgetauscht sowie 10.000 Kupferplatten auf 5.000 Quadratmeter Dachfläche verlegt worden. Dass die erste gründliche Außensanierung des Doms seit den 70er Jahren letztlich über ein Jahr länger als geplant dauerte, lag im Übrigen daran, dass viele Schäden erst sichtbar wurden, als die äußersten Steine entfernt wurden. "Es war oft erschreckend zu sehen, was hinter den Mauern gesteckt hat", erinnert sich Dompropst Göbel. Die vorerst letzten Arbeiten am Kirchenschiff beginnen nach Libori. Dann soll das Paradiesportal barrierefrei werden. Dafür wird eine Rampe angelegt und eine der schweren Holztüren soll sich künftig automatisch öffnen. Im Innern wird der hölzerne Windfang durch einen gläsernen ersetzt. Doch auch nach der Feier des Domweihe-Jubiläums im Juli 2018 ist mit den Bauarbeiten noch lange nicht Schluss. Fast wie beim als Dauerbaustelle berühmten Kölner Dom, gibt es auch in der Paderborner Kathedrale immer was zu tun: Laut Dompropst Göbel stehen als nächstes die mittlerweile stark sanierungsbedürftige Krypta sowie der Kreuzgang auf dem Plan. In fünf Gemeinden Sonntagskollekte für die Domglocken Die beiden neuen Glocken, die ab 2018 das vorhandene Geläut im Dom &bdquo;veredeln" sollen, müssen aus Spendenmitteln aufgebracht werden. Die Kosten für die große Glocke belaufen sich auf 275.000 Euro. Seit Dezember ist die Hälfte dieser Summe eingenommen worden, teilte Dompropst Joachim Göbel auf Nachfrage der NW mit. Nach diesem Wochenende könnte die Summe sich um einiges vergrößert haben. Denn Pfarrer Benedikt Fischer ruft dazu auf, für die Glocken zu spenden. Die Kollekte am Sonntag, 18. Mai, in den Gemeinden St. Hedwig, St. Julian, St. Liborius, St. Margaretha und Maria zur Höhe ist für diesen Zweck bestimmt, schreibt Fischer im Pfarrbrief &bdquo;Impulse", der in dieser Woche in den Kirchen auslag. Darin geht Fischer ausdrücklich auch auf die kritischen Stimmen ein, die den Spendenaufruf des Erzbistums begleitet haben. &bdquo;Kein Zweifel: Glocken sind Luxus", gibt Fischer zu, &bdquo;wir brauchen sie nicht, um Gottesdienst zu feiern." Mit diesem Argument könne man die Diskussion beenden, er aber wolle weiter schauen. Fischer freue sich nämlich täglich darüber, dass in unserer Stadt zu allen Zeiten Menschen ihr Vermögen auch für Luxusgüter investiert haben. &bdquo;Wir hätten sonst heute keinen imposanten Dom, kein ansehnliches Rathaus, keine aufwendig gestalteten Häuserfassaden, kein Theater und keine Glockentürme", argumentiert Fischer. Doch er fragt auch: &bdquo;Brauchen wir nicht etwas, das uns ganz menschlich anspricht, damit wir einen Hauch dessen erfassen können, was uns göttlich begegnen will? Glocken, so Fischer, seien mächtige Musikinstrumente, die nicht nur zum Gottesdienst einladen, sondern selbst gewaltige Klangkörper bilden. &bdquo;Sie geben der Stadt eine Stimme." Er halte deshalb ein ordentliches Geläut für sehr unterstützenswert und finde es richtig, dass das Erzbistum die neue Glocke nicht einfach bezahlt. &bdquo;Ich möchte gerne meinen Beitrag leisten, damit der neue Klang, der auch meine Befindlichkeit dem Himmel entgegenträgt, auch durch mich ermöglicht werden kann." Fischer schließt allerdings mit den Worten, dass die Gemeindemitglieder natürlich nicht für das Domgeläut spenden müssten, sondern auch eines der vielen weiteren sozialen kirchlichen Anliegen unterstützen könnten.

Meistgelesen