Paderborn. Die jüdische Geschichte hat sie stets als ihre Lebensaufgabe betrachtet. Ihr war es ein Anliegen, das Schicksal von Millionen Entrechteten und Getöteten anhand der Lebens- und Leidenswege der Paderborner jüdischen Mitbürger zu verdeutlichen. Das ist ihr auf eindrucksvolle Weise gelungen. Erinnern, um nicht zu vergessen - das war Margit Naarmann eine Herzensangelegenheit, die sie mit hohem persönlichen Einsatz über Jahrzehnte ehrenamtlich betrieben hat. Am 28. Juli verstarb die Ehrenringträgerin der Stadt Paderborn.

"Mit dem Tod von Dr. Margit Naarmann verliert die Stadt Paderborn eine bedeutende Persönlichkeit, die sich als Historikerin insbesondere um die Erforschung der Geschichte der Paderborner Juden im 19. und 20. Jahrhundert sehr verdient gemacht hat", so Bürgermeister Michael Dreier.
Die 1938 in Padberg geborene Sauerländerin kam nach einem Au-Pair-Aufenthalt in Schottland und mehreren Jahren in der Schweiz Ende der 1960er Jahre nach Paderborn. Auf dem zweiten Bildungsweg legte sie das Abitur ab und studierte im Anschluss Geschichte, Theologie und Philosophie an der Universität-Gesamthochschule Paderborn. 1985 schloss sie das Studium mit der Promotion zum Thema "Die Paderborn Juden 1802-1945 - Emanzipation, Integration und Vernichtung" ab. Diese Arbeit ist die erste umfassende Darstellung der Geschichte der Paderborner Juden im 19. und 20. Jahrhundert. Es folgten zahlreiche weitere regionalgeschichtliche Veröffentlichungen.
Margit Naarmann war aufgrund ihres Engagements für die Belange der jüdischen Opfer des Naziregimes und ihrer Nachkommen auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland anerkannt. Durch ihre Forschungsarbeit sind zahlreiche persönliche Kontakte entstanden, die von ihr beständig gepflegt wurden. Von der Gründung der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Paderborn im Juni 1987, bis Februar 1996 hielt sie den Posten der Schatzmeisterin. In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft konnte die Stadt Paderborn im Jahr 1989 die aus ihrer Heimat vertriebenen und geflohenen jüdischen Bürgerinnen und Bürger oder deren Nachkommen einladen, ihre ehemalige Heimat zu besuchen. Seitdem sind traditionell jährlich Nachkommen der Familien Gäste der Stadt Paderborn. Margit Naarmann sorgte sich ebenfalls um die jüdischen Friedhöfe in Paderborn und in der Umgebung. Viele Jahre war sie zudem Vorsitzende des Vereins für Geschichte an der Universität Paderborn.
Stark engagierte sich Margit Naarmann auch karitativ und sozial. Sie war unter anderem aktiv im Zonta-Club Paderborn, einer internationalen Vereinigung, die sich für die Verbesserung der Lebenssituationen von Frauen einsetzt, und amtierte mehrere Jahre im Vorstand des Landesfrauenrats NRW.
Für ihre großen Verdienste erhielt Margit Naarmann 2001 das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 2009 wurde sie von der Stadt Paderborn mit dem Ehrinring ausgezeichnet.
Erinnerungen aus Altenbeken
Auch in Altenbeken behält man Margit Naarmann in besonderer Erinnerung: Die Historikerin trug mit dazu bei, dass in dem Ort ein Gedenkstein für die jüdischen Mitbürger der Eggegemeinde aufgestellt wurde. Margit Naarmann hat mehrere Bücher über das Schicksal der Juden herausgegeben.
Dazu zählt auch „Die jüdischen Nachbarn – eine Erinnerung". Darin wird über das Schicksal und die Lebensläufe jüdischer Familien in Altenbeken berichtet. Ohne ihre Mithilfe wäre dieses nicht möglich gewesen.