
Paderborn. Nicole Zimmermann zeigt auf die thronende, gekrönte Madonna im Schaukasten. Das Pilgerzeichen einer Marienwallfahrt. "Es ging vor mehr als 700 Jahren auf dem Marktplatz im Schlamm verloren", sagt die wissenschaftliche Volontärin im Museum in der Kaiserpfalz. Sie gibt einen Einblick in die Sonderausstellung, die von heute bis zum 30. Januar nächsten Jahres im Foyer ihrer Arbeitsstätte zu sehen ist. "Im Schlamm versunken..." lautet der Titel.
Die Geschichte des Paderborner Marktplatzes wird immer lebendiger: "Seltene und aufschlussreiche Funde zeigen die Ergebnisse der diesjährigen Ausgrabungen vor dem Dom und führen die Besucher auf eine archäologische Spurensuche", sagt Sven Spiong, Archäologe beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und Leiter der Stadtarchäologie Paderborn.
Ihren Titel trägt die Ausstellung, weil sich die Fachleute der LWL-Stadtarchäologie bei den Ausgrabungen in den Frühlings- und Sommermonaten durch bis zu sieben Pflasterschichten kämpfen mussten. Und die stanken zum Teil ganz gewaltig. Denn der Platz litt besonders im 13. und 14. Jahrhundert unter der mangelnden Abfallentsorgung. So sammelte sich der Müll der Anwohner an und bildete schließlich streng riechende Schlammschichten. Wenn es dem Bischof zu sehr stank, ließ er den Platz einfach neu pflastern. Was auch einen Vorteil mit sich bringt, wie Nicole Zimmermann deutlich macht: "Die Fundstücke sind wunderbar konserviert", sagt sie.
Neben der thronenden Madonna haben die Archäologen auch ein Bleisiegel gefunden. "Das Siegel mit einer Darstellung von Petrus und Paulus war ursprünglich an einer Urkunde befestigt, die von Papst Innozenz im 13. Jahrhundert ausgestellt wurde", sagt Museumsleiter Martin Kroker. Sie sei vermutlich einem hohen Beamten des Bischofs verloren gegangen, der in der Domburg gewohnt habe. Die Häuser der Beamten rahmten seit Mitte des 12. Jahrhunderts den neu geschaffenen zentralen Vorplatz des Bischofspalastes ein. Zuvor war der Platz der Geistlichkeit vorbehalten. "Und erst im frühen 17. Jahrhundert hat die Kirche den Platz für den Markt freigegeben", sagt Kroker.
Lederabfälle sind der größte Fund der Archäologen. Sie weisen darauf hin, dass vor Jahrhunderten auch ein Schuster auf dem Domplatz arbeitete. Murmeln und eine Tierfigur deuten auf spielende Kinder - oder Erwachsene - hin, ein von Karies befallener Zahn auf die Existenz eines Zahnbrechers. Kroker freut sich: "Ich bin überrascht, wie viele tolle Funde ans Tageslicht gekommen sind."
Besucher können die Ausstellung dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr sowie jeden ersten Mittwoch im Monat von 10 bis 20 Uhr ansehen. Sie zahlen 3,50 Euro. Am morgigen Mittwoch hält Sven Spiong um 18 Uhr passend zur Schau einen Vortrag mit dem Titel "Im Schlamm versunken. Die Geschichte des Marktplatzes im Fokus der Archäologie". Der Eintritt ist frei.
"Beispielhafte Zusammenarbeit"
Die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Paderborn und der Stadtarchäologie sei beispielhaft verlaufen, sagt Dieter Honervogt, stellvertretender Bürgermeister, mit Blick auf die Ausgrabungen am Marktplatz.
Die geplante Neugestaltung des Marktplatzes mit den vorausgehenden Ausgrabungen habe "so einige organisatorische und logistische Herausforderungen" mit sich gebracht, "die wir aber in enger Abstimmung mehr als gut gemeistert haben".