Paderborn

Kirche lässt die Bagger anrücken

Erzbistum reagiert auf geringere Zahlen in der Priesterausbildung / Mieter ziehen ins Leokonvikt

31.08.2014 | 31.08.2014, 14:00
Diözesanbaumeisterin Emanuela von Branca (v. l.), Domkapitular Monsignore Michael Menke-Peitzmeyer und Architekt Thomas Bieling mit den Plänen zum Umbau des Priesterseminars (r.) und Konvikts (l.). Der mittlere Bau hinter dem Bagger ist das Schwesternhaus, das bald abgerissen wird. - © FOTO: HOLGER KOSBAB
Diözesanbaumeisterin Emanuela von Branca (v. l.), Domkapitular Monsignore Michael Menke-Peitzmeyer und Architekt Thomas Bieling mit den Plänen zum Umbau des Priesterseminars (r.) und Konvikts (l.). Der mittlere Bau hinter dem Bagger ist das Schwesternhaus, das bald abgerissen wird. | © FOTO: HOLGER KOSBAB

Paderborn. Der konstante Rückgang bei den Priesterkandidaten hat für das Erzbistum Paderborn nun auch bauliche und strategische Kon-sequenzen. Mit umfangreichen Baumaßnahmen passt es sein Priesterseminar und sein Theologenkonvikt (bekannter als Leokonvikt) dem negativen Trend an. Zugleich sieht das Erzbistum die Kosten von insgesamt 22 Millionen Euro als Investition in die Zukunft als ein bedeutender Standort für eine konzentrierte Priesteraus- und Fortbildung.

Mitte der 80er Jahre wurden an der Leostraße noch 200 junge Priester ausgebildet, heute sind es 38: Dies ist für die Kirche bitter. Domkapitular Monsignore Michael Menke-Peitzmeyer, Regens des Erzbischöflichen Priesterseminars und Direktor des Leokonvikts, sagte bei der Vorstellung der Pläne: "Wir bedauern diese Entwicklung sehr, wollen aber nicht klagen, sondern sehen sie auch als Herausforderung, der wir uns zu stellen haben: Wir müssen uns im Ausbildungsbereich neu aufstellen."

Information

Die Anfänge liegen im Jahr 1773

Die Anfänge des Priesterseminars liegen im 18. Jahrhundert. Fürstbischof Wilhelm von Asseburg widmete 1773 bei der Aufhebung des Jesuitenordens einen Teil des früheren Jesuitenkollegs am Kamp einem Seminar, das Allerheiligen 1777 eröffnet wurde. Paderborns erstes Theologenkonvikt wurde am 19. Oktober 1860 in der heutigen Jugendherberge Heiersburg eröffnet. Im Kulturkampf durch den Preußischen Staat wurden Konvikt (1873) und Seminar (1875) geschlossen. 1886 wurde zunächst das Seminar wiedereröffnet, das Kon-vikt folgte 1887. Im Februar 1895 zog zunächst das Konvikt an den heutigen Standort an der Leostraße und wurde zu Ehren des damaligen Papstes Leo XIII. Collegium Leoninum, kurz Leo-konvikt, getauft. Das Priesterseminar folgte 1931. Im Zweiten Weltkrieg wurden beide Gebäude stark zerstört. Der Wiederaufbau war im Jahr 1953 beziehungsweise 1954 abgeschlossen.

Damit einher geht unter anderem die Reduzierung der Zimmer von 190 auf demnächst 60. Durch die Baumaßnahmen gebe es aber auch die Chance, dass es mit einer kleinen Kapelle für 40 Personen im Neubau des Priesterseminars zwischen östlichem und westlichem Trakt einen "Herzpunkt" gebe, an dem alle Wege vorbei führten. Die neue Gesamtanlage verbinde zukunftsweisend die Tradition des Leokonvikts und des Priesterseminars, sagte Menke-Peitzmeyer. Zudem biete sie neue Formen des Zusammenlebens zwischen den Theologie-Studenten und den Absolventen des Pastoralkurses, etwa durch gemeinsame Gebets- und Speiseräume.

Menke-Peitzmeyer setzt in der Priesterausbildung vor allem auf einen Vorteil des Standorts Paderborn: Mit der Theologischen Fakultät am Kamp habe er eine hohe Bedeutung für die Priesterausbildung über die Stadt hinaus. Zudem sei Paderborn Metropolitansitz und Sitz des Erzbischofs der Kirchenprovinz Paderborn mit den sogenannten Suffraganbistümern Fulda, Erfurt und Magdeburg. "Das Priesterseminar gewinnt durch die Baumaßnahme die besten Voraussetzungen, um zukünftig zu einer zentralen Aus- und Fortbildungsstelle zu werden", sagte Menke-Peitzmeyer. Und es könnte zumindest im Pastoralkurs Paderborn sowie vorbehaltlich der Zustimmung Fulda und Erfurt versorgen. Ähnliche Konzentrationsprozesse gebe es bereits woanders, es fehle derzeit jedoch ein Gesamtkonzept. Zugleich ist eine solche Konzentration auf Ausbildungsseite das Gegenstück zur Praxis der Zusammenlegung der Gemeinden zu Pastoralverbunden.

Generalvikar Alfons Hardt sagte, dass der Umbau des bestehenden Priesterseminars im östlichen Gebäudeteil und des Neubaus dort, wo noch das ungenutzte Schwesternhaus steht, dem Ausbildungsbedarf angepasst werde. Die Verwaltung des Priesterseminars zieht vom Konvikt in den Neubau. Die neuen Zimmer im Erweiterungsbau könnten dabei mit wenig Aufwand umgebaut werden. So könne beispielsweise aus zwei Zimmern ein kleines Appartement entstehen oder aus vier Zimmern eine Wohnung, so dass die Nutzung je nach Bedarf flexibel möglich werde, sagte Hardt: "Unter Umständen können so etwa auch Wohnungen für pensionierte oder erkrankte Priester entstehen."

Außerdem wird das Konvikt, in dem die renovierte Kirche als zentraler Gottesdienstraum erhalten bleibt, in weiten Teilen umgebaut: Zukünftig wird dieser Bereich an katholische Organisationen vermietet, wie den Gemeindeverband des Hochstifts (aktuell in der Grube), die Jugendverbände des Bistums (derzeit im Aspethera), das Dekanatsbüro und mögliche weitere Einrichtungen. Durch die Bündelung spare die Kirche Geld, sagte Hardt. So könne sie von den Institutionen bisher genutzte Immobilien "abstoßen".

Überlegungen zum Umbau des Leokonvikts gibt es bereits seit 2006, drei Jahre später folgte ein erster Architektenwettbewerb. Damals war zunächst angedacht, nur das Konvikt umzubauen, was allein 21,6 Millionen Euro gekostet hätte. Damit ist die aktuelle Planung des Büros Bieling Architekten mit umfangreicheren Arbeiten annähernd gleich teuer. 12,5 Millionen Euro für die ersten Bauabschnitte (Abriss Schwesternhaus, Neubau Erweiterungsgebäude und Umbau Priesterseminar) hat die Kirche aus Steuermitteln zurückgelegt. Hinzu kommen etwa 9,5 Millionen Euro, ebenfalls bereits zurückgestellt, für den Konviktsumbau, dessen Detailplanung noch nicht abgeschlossen ist. Der Abriss des Schwesternhauses erfolgt im Herbst, danach wird das Priesterseminar erweitert und der bestehende Seminartrakt umgebaut. Das Leokonvikt wird ab Frühjahr 2015 umgebaut. 2017 sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein.