
Kreis Paderborn. Ingo Grabowsky ist in der vergangenen Woche 42 Jahre alt geworden. Wenige Tage nach seinem Geburtstag bekam er ein ganz besonderes Geschenk: Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe verkündete, dass seine Bewerbung für die Position des Direktors des LWL-Landesmuseums für Klosterkultur in Dalheim erfolgreich war. In den nächsten fünf Jahren wird Grabowsky die Geschicke des Musentempels lenken.
Nein, sagt er, es sei nicht Programm gewesen, Museumsdirektor zu werden, und er entstamme auch nicht einer Dynastie von Museumsleuten. Aber "ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert", erzählt der gebürtige Dortmunder und berichtet schmunzelt, dass er in Jugendjahren nicht nur historische Sachbücher, sondern auch Romane wie zum Beispiel Walter Scotts "Ivanhoe" begeistert verschlang. "Das sieht man ja als Historiker eigentlich skeptisch." Grabowsky schadete die Lektüre nicht. Ganz im Gegenteil: Nach dem Abitur studierte er Slawistik, Germanistik und Geschichte. Und er wurde augenscheinlich gefesselt von der Welt der Museen und Ausstellungen, und das, obschon er sie zu seiner Kinderzeit vor allem als stark didaktisch ausgerichtet und schriftlastig erfahren hatte. Nach der Promotion arbeitete der Wissenschaftler im Bonner Haus für Geschichte an diversen Schauen mit, war als freier Ausstellungsmacher im Ruhrgebiet unterwegs und wechselte nach einigen Jahren als Leiter eines Projektes an der Ruhr-Uni Bochum am 1. Oktober 2013 nach Dalheim – als wissenschaftlicher Referent für Sonderausstellungen.
Mehr als auf seine Doktorarbeit zur russischen Geschichte im 20. Jahrhundert werde er auf seine Ausstellungen angesprochen, die er zum Thema Pop und Schlager konzipiert habe, erzählt der 42-Jährige. Ist aber so etwas nicht fernab vom Leben der Mönche und Nonnen, von den Regeln und Vorstellungen der Ordensleute, die die Museumsmacher in Dalheim beschäftigen? Ingo Grabowsky blickt gut gelaunt über den blühenden Klostergarten, in dem Kräuter und Blumen an diesem Morgen betörend duften, und schüttelt den Kopf. "Alltagskultur interessiert die Menschen ganz besonders." Und genau diese präsentiere ja das LWL-Landesmuseum in Dalheim. "Klösterliches Leben war über 700 Jahre lang ganz wichtig für die Menschen", erklärt Grabowsky und bringt sofort ein Beispiel aus der aktuellen Dalheimer Museumsarbeit. "Unsere aktuelle Fußball-Ausstellung thematisiert etwas, was direkt mit den Menschen zu tun hat, zeigt ihre Verbindung zur der religiösen Kultur."
Und was treibt den Schlagerfan und Fußballfreund Grabowsky vom facettenreichen Ruhrgebiet ins kleine Dalheim? "Es ist ein fantastischer Ort", schwärmt er sofort los und erzählt begeistert von den Klostergärten, die er noch mehr bespielen möchte, von Gebäuden, die wie der Kartoffelkeller oder das Sassenhaus weiter im "Dornröschenschlaf" sind und noch für die Museumsarbeit entdeckt werden können, von den ehrenamtlichen Unterstützern, die mit Feuereifer im Verein der Freunde des Klosters Dalheim wirken, oder als Gartenpaten dabei sind – und vor allem von den Mitarbeitern. "Sie sind alle mit viel Herzblut bei der Sache und alle sind ein bisschen verliebt in Dalheim", sagt Grabowsky und spricht gerade mit der letzten Sentenz sicher auch ein bisschen von sich selbst. "Ein solches Team, in dem jeder seine Arbeit versteht, ist eine Ermutigung, so eine Aufgabe anzunehmen."
Doch wer glaubt, mit dem jungen Direktor werde alles anders in Dalheim, der irrt. Speed-Führungen oder Twittertouren werde es nicht geben, betont der 42-Jährige. Zwar möchte er Familien und junge Menschen als Besucher besonders in den Blick nehmen und immer mal wieder kleine, feine Studio-Ausstellungen zeigen, aber Dalheim soll ein Ort der Ruhe und der Muße sein, "wo man viel Zeit verbringen kann und will." Dass es mit seinen Vorgängern auf dem Direktorenstuhl – Gereon Beuckers wechselte nach wenigen Monaten auf eine Professur, Julia Hallenkamp-Lumpe musste wegen einer Erkrankung ausscheiden – nicht perfekt lief, das ist für Ingo Grabowsky keine Bürde. "Dazu kann ich ja nichts", sagt er. "Ich habe vor, lange hier zu bleiben."