
Delbrück. Im Delbrücker Rathaus an der Marktstraße ist derzeit die Ausstellung "Unter Menschen" zu sehen. Martin Kolek zeigt darin Schicksale von polnischen und sowjetischen Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen im Delbrücker Land in den Jahren 1939 bis 1945.
Gut 50 Besucher kamen am Montag zur Eröffnung. Sie bekundeten auch großes Interesse an Koleks Veröffentlichung unter dem Buchtitel "Vergessen?". Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten der Stadtverwaltung zugänglich: montags bis freitags 8.30-12.30 Uhr, montags bis mittwochs 14-16.30 Uhr, donnerstags 14-18 Uhr.
Neben 13 Informationstafeln im Foyer und auf der Empore erwartet die Besucher eine hölzerne, vor Ort gefertigte Munitionskiste und der Prototyp eines Zusatztankes für Kampfflugzeuge, die zu Kriegszeiten auf heimischen Höfen als Futtertröge zweckentfremdet wurden.
Zu den Experten, die den Delbrücker während seiner dreijährigen Forschungen begleitet haben, gehört der in Hövelhof aufgewachsene Soziologe und Politikwissenschaftler Professor Arno Klönne. In seiner Gastrede hob er hervor, Kolek habe den Blick auf das rücksichtslose Alltagsleben in der Provinz gerichtet. Solche Verhältnisse seien keineswegs verschwunden. Er schloss mit den Worten: "Kriegerische Gewalt ist das Grundübel. Das darf und muss nicht so bleiben." Die Ausstellung findet in Zusammenarbeit mit dem Kreisarchiv Paderborn und dem Delbrücker Geschichtsforum statt. Bevor Kreisarchivar Wilhelm Grabe die offizielle Eröffnung verkündete, erläuterte er die bundesweite Aufarbeitung dieser menschenverachtenden NS-Rassen-Ideologie, die erst nach Jahrzehnten begann.
Viele hätten nach wie vor Schwierigkeiten, sich damit auseinanderzusetzen. Umso erfreulicher müsse man die behutsamen und gleichzeitig hartnäckigen Recherchen und Interviews von Kolek bewerten. "Er hat für uns Delbrücker dieses Kapitel Vergangenheit aufgearbeitet", dankte ihm auch Bürgermeister Werner Peitz. Kolek selbst ergriff als Erster das Wort: "Wie wir es auch drehen und wenden, die eigene, die autobiographische und die kollektive Vergangenheit ist nicht zu verändern, aber die Perspektive. Wir können uns aus verschiedenen Richtungen einer vergangenen Situation annähern, unsere Haltung variieren und verändern." Er dankte über 70 Zeitzeugen, mit denen er ins Gespräch kommen konnte.
Viele würden seine Veröffentlichungen begrüßen, wollten aber anonym bleiben. Für die Unterstützung einer zieloffenen Forschung und die Bereitstellung der Räume für die Ausstellung dankte er dem Bürgermeister, für den konstruktiven diskursiven Austausch Prof. Arno Klönne aus Paderborn, für seine Erfahrung und Gradlinigkeit dem Kreisarchivar Wilhelm Grabe, für das graphische Finish der Plakate Kalli Lieb vom Katasteramt Paderborn, für konstruktive Kritik, Hinwiese und Kontakte den Freunden und Kollegen vom Geschichtsforum und nicht zuletzt für die Unterstützung und Toleranz seiner Frau Dorothea. "Ohne die Familienzeit und die Familienkasse für Recherchen, Literatur, Bildrechte und zur Deckung der Druckkosten, hätte ich dieses Thema nicht angepackt. Letztlich geht es um die Vision für die Zukunft unserer Kinder: nämlich unabhängiger und freier fühlen und handeln zu können."

Zeitzeugen und Schüler ermunterten Martin Kolek zur Veröffentlichung seines Buches "Vergessen?" (ISBN 978-3-00-042704-6). Auf 165 Seiten sind mehr als 80 Abbildungen und bislang unveröffentlichte Dokumente zu sehen. Das Begleitwort von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse vermittelte der SPD-Bundestagskandidat Burkhard Blienert aus Delbrück. Weiter enthält es einen Beitrag von Anton Almodt aus Westenholz sowie ein Essay von Prof.essor Dr. Arno Klönne. Vertrieben werden 250 im Eigenverlag erschienene Exemplare über den heimischen Buchhandel sowie im Internet via Booklooker und Facebook. Von den 18 Euro Kaufpreis pro "Denk-doch-Mal-und-Lese-Buch" gehen jeweils zwei Euro an mehrere ausgesuchte, themenbezogene Initiativen, unter anderem Amnesty International.
Führungen mit Manfred Koek sind nach Absprache unter tel (0 52 50) 93 85 48 oder oer Mail an kolek@klangfenster.de möglich