Büren

Der Herr der Zahnräder

Im Zeitalter der Funkuhren ist die mechanische Kirchturmuhr von 1918 in Brenken eine echte Rarität

Thorsten Düchting kümmert sich um den Betrieb der mechanischen Turmuhr. | © FOTO: ANDREAS GÖTTE

13.08.2014 | 13.08.2014, 18:18

Büren-Brenken. Im Turm der St.-Kilian-Pfarrkirche in Brenken arbeitet seit fast einem Jahundert ein ganz treuer und heute nur noch seltener Begleiter der Bürger. Die mechanische Turmuhr stammt aus dem Jahr 1918 und ist in der Umgebung von Büren im Funkuhr-Zeitalter eine absolute Rarität.

Damit sie den Brenkenern in der Ortsmitte jedoch stets die richtige Stunde schlägt, muss das mechanische Werke einmal in der Woche von Hand aufgezogen werden. Seit 25 Jahren kümmert sich darum Thorsten Düchting. Immer samstags muss er zwischen 10 und 14 Uhr zur Stelle sein, sonst bleibt das Wunderwerk der Technik mit den vielen Zahnrädern bald stehen.

Sein Job ist beschwerlich. 62 steile Treppenstufen geht es hinauf, zwischendurch muss immer wieder der Kopf wegen der Querbalken eingezogen werden. Das gusseiserne Gestell des Uhrwerks ist in einem Holzschrank im zweiten Geschoss des Kirchturms untergebracht. Davor muss Thorsten Düchting kräftig an der Seilwinde drehen, um innerhalb von zehn Minuten mit hundert Umdrehungen die beiden jeweils hundert Kilogramm schweren Betongewichte in Bewegung zu setzen.

Ein Schlagwerk steuert über ein langes Drahtseil die Schläge an die Turmuhr, die ganz oben außen an der Nordseite des Turms hängt. Die Brenkener Uhr schlägt mit den entsprechenden Schlägen zu jeder vollen Stunde und zu jeder halben Stunde mit einem Schlag. Dazu kommen noch jeweils drei mal drei Schläge an die Angelus-Glocke morgens um sieben, mittags um zwölf und abends um 18 Uhr. "Wenn die Uhr mal nicht richtig geht, sind die Menschen irritiert und fragen nach", weiß Düchting um seine Verantwortung. Auch bei der Umstellung von Sommer- auf Winterzeit muss der IT-Fachmann ran. Zur Einstellung der Winterzeit muss der 39-Jährige das Pendel eine Stunde lang anhalten, um es dann mit einem Schubs wieder in Bewegung zu setzen.

Dabei ist einmal ein Missgeschick passiert. "Ein Bekannter ist an ein Zahnrad gekommen und schon erklang mitten in der Nacht der Engel des Herrn", erinnert sich Düchtung. Da seien die Menschen irritiert auf die Straße gelaufen.

Ersatzteile für das fast hundert Jahre alte Schmuckstück der Firma B. Vortmann aus Recklinghausen gibt es kaum noch. "Das Sekundenritzel wurde mal erneuert und kleinere Dinge übernimmt hier eine Firma in Brenken", schildert Thorsten Düchting.

Das Ölen übernimmt der 39-Jährige selbst. Seit mehreren Generationen ist die mechanische Turmuhr bei seiner Familien in guten Händen. Sein Opa Heinrich, ein gelernter Uhrmacher, dann auch sein Vater Dieter haben bereits die Seilwinde betätigt. Falls Thorsten Düchting verhindert ist, springt sein Bruder Andreas ein. Alle haben sich bereits am Holzschrank verewigt. Eventuell kommen irgendwann einmal weitere Namen hinzu. Denn seine beiden neun und zwölf Jahre alten Töchter nimmt Thorsten Düchting schon mal mit bei der wöchentlichen Tour in den Kirchturm.

Der frühere Brenkener Pfarrer Josef Kersting begrüßt das ehrenamtliche Engagement und möchte weiter an der mechanischen Turmuhr festhalten. "Solange es noch Helfer wie Thorsten Düchting gibt und die Uhr intakt bleibt, geht es weiter", sagt der Geistliche. Verschleißen würden in erster Linie nur die Messingteile. So werden die rund 2.400 Brenkener Bürger, darunter rund 1.800 Katholiken, auch weiterhin von einer mechanischen Uhr geweckt und durch den Tag begleitet.