Paderborner Legende feiert Jubiläum: „Ich mache Musik, bis ich umkippe“

Paderborn/Borchen. Er ist gelernter Starkstromelektriker, war vier Jahre lang Bundeswehrsoldat, ist studierter Religionspädagoge – und doch gehört sein Leben der Musik. &bdquo;Ohne Musik wäre mein Leben unvorstellbar“, sagt Lothar Pohlschmidt mit klarem Blick. Und auch mit nun 75 Jahren ist die Musikerlegende aus Paderborn nach wie vor aktiv. Am 11. November wird er sein 60-jähriges Bühnenjubiläum in der Gemeindehalle Nordborchen feiern – mit vielen alten Weggefährten aus seinem bewegten Musikerleben. Wer schon im Vorprogramm von Jimmy Hendrix gespielt hat, mit der Legende Ray Charles die Bühne teilte und in fast allen Ländern der Welt getourt ist, der kann eigentlich von seinen Geschichten und Anekdoten leben und davon zehren. Doch Lothar Pohlschmidt ist immer noch zu fit und zu ehrgeizig, um sich darauf auszuruhen. &bdquo;Auf Libori habe ich noch vier Stunden gespielt. Ich übe heute noch jeden Tag und arbeite aktuell an einem neuen Song über Demokratie – ich werde so lange Musik machen, bis ich umkippe“, sagt er und man nimmt es ihm auch ab. Die Gene für diese Karriere hat er wohl von seinem Vater vererbt bekommen. Vor gut 100 Jahren sei er Musiker im Schloß Neuhäuser Kino gewesen. Und dort habe sein Vater auch seine Frau, die dort Platzanweiserin war, kennenlernt. &bdquo;Ich bin mit Musik aufgewachsen, habe als Kind schon gerne getrommelt, aber mein erstes Instrument war die Gitarre“, erinnert er sich genau. Mit 15 Jahren gründete Pohlschmidt schon seine erste Band. Er spielte Gitarre und sang dazu – oft beim Tanztee am Laumes Kamp in Delbrück. Dann kam in der 1960er Jahren die Beatmusik und Pohlschmidt wechselte bei der neuen Band &bdquo;The High Spirits“ an die Drums. &bdquo;Wir hatten keinen dafür, also habe ich es übernommen. Und auch gesungen – war Begabung.“ Als Beatles-Coverband im Vorprogramm von Jimi Hendrix Seine Mutter habe ihn immer gefördert und zum Musikunterricht geschickt. Aber als er die Musik über seinen damals bei Benteler erlernten Beruf als Starkstromelektriker stellte, habe es richtig Stress mit der Mutter gegeben. &bdquo;Aber wir haben es durchgezogen, wir hatten schon recht viele Auftritte, konnten aber nur so gerade davon leben.“ Die nächste Band ließ nicht lange auf sich warten – der Triumphzug der Beatles traf auch Pohlschmidt und so war &bdquo;The Other five“ auch eine Beatles-Coverband. &bdquo;Wir konnten alle gut singen, das passte.“ Sogar so gut, dass sie vor Jimi Hendrix in Herford im Scala spielten. Etwas erzwungen wurde dann der nächste musikalische Wechsel. Lothar Pohlschmidt musste zur Bundeswehr. Den Wehrdienst nutzte er aber für seine Weiterbildung – sowohl schulisch als auch musikalisch. Er verpflichtete sich für vier Jahre, machte seine Mittlere Reife und das Fach-Abi nach und spielte im Bundeswehrorchester am Schlagzeug. Das sei der Vorläufer der Bundeswehr-Big-Band gewesen, so Pohlschmidt, der nach der Bundeswehrzeit an der Katholischen Fachhochschule in Paderborn Religionspädagogik studierte und das Studium mit Diplom abschloss. &bdquo;Ich habe allen gezeigt, dass ich auch etwas anderes als Musik kann. Wenn ich etwas will, dann knie ich mich richtig rein“, ist er auch heute noch stolz. Später studierte er auch noch drei Jahre Musik (&bdquo;war viel Jazz-Zeug“). Während des Studiums gründete er dann 1977 mit seinem Freund Rainer Schallenberg die Showband &bdquo;Fly by night“, die Kultstatus bekommen sollte. Mit dem bis zu 14 Musiker starken Orchester feierte er große Erfolge – nicht nur in der Region, sondern bundes- und auch sogar weltweit. Showband "Fly by night" spielt weltweit &bdquo;Das geht nur mit viel Enthusiasmus. Es gehört auch sehr viel Glück dazu. Wir waren oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ Zum Beispiel spielte &bdquo;Fly by night“ für die Firma Nixdorf in Hannover, wurde dort von einem Hotelchef in München gesehen und so gleich gebucht. Und darüber ergaben sich Kontakte in die USA, wo Pohlschmidts Band 1984 sechs Wochen am Stück tourte. Hinzu kam ein Dreijahresvertrag mit der Lufthansa, die zu Auftritten in Mexiko, Indonesien oder Singapur führte. Bis 2013 gab es die Band, Lothar Pohlschmidt machte weiter. Zusammen mit seinem Sohn Thilo als Duo &bdquo;Zeitsprung“ und auch solo – mit einer Joe-Cocker-Show. &bdquo;Jahrelanges Singen und auch Zigarillos haben meine Stimme verändert“, weiß der 75-Jährige, warum die Songs der 2014 gestorbenen Rocklegende bestens zu ihm passen. Dass sein Sohn Thilo auch ein erfolgreicher Musiker mit den &bdquo;Goodbeats“ ist, macht ihn stolz. Dazu geraten habe er aber nicht. &bdquo;Denn ich weiß, was da alles dranhängt. Man muss es richtig machen, Frontmann und Chef sein – oder gar nicht“, ist er der vollen Überzeugung. Enttäuscht von der Stadt Paderborn Genauso engagiert sich Lothar Pohlschmidt seit Jahrzehnten auch für wohltätige Zwecke. Jedes Jahr habe er mindestens ein Konzert dafür gegeben – vor allem die westfälischen Kinderdörfer liegen dem Sozialdemokraten am Herzen. &bdquo;Seit über 40 Jahren engagiere ich mich für die Stadt Paderborn, aber wenn man hier das falsche Parteibuch hat, wird das nicht honoriert“, ist er enttäuscht. Den Kulturpreis habe er zum Beispiel noch nie bekommen. Auch nicht als er 2018 unter dem Motto &bdquo;Demokratie leben! Gegen Hetze und Gewalt!“ ein Solidaritätskonzert vor dem Rathaus organisierte. Auf seine lange Musikerkarriere kann er aber rückblickend überaus zufrieden blicken, wie er mehrmals betont. &bdquo;Ich war im Radio, über 40-mal im Fernsehen und habe auf der ganzen Welt so viele großartige Musiker kennengelernt. Wenn mir jemand 1960 so eine Karriere vorausgesagt hätte, ich hätte es mir nie träumen lassen“, gibt er offen zu und fügt an: &bdquo;Man muss die Musik lieben, dann geht das.“

Meistgelesen