Weit hinaus geflogen

Sigrid Bell lebt seit 33 Jahren an der Westküste der Vereinigten Staaten

08.03.2006 | 04.02.2015, 11:58

Bad Oeynhausen/Anaheim. Sechs Wochen Urlaub beim älteren Bruder sollten es werden. Doch die Liebe machte Sigrid Bell, geborene Mattegit, einen Strich durch die Rechnung: "Ich habe meinen Urlaub bis heute auf 33 Jahre verlängert", sagt die 53-Jährige lachend. Inzwischen arbeitet sie als Reiseleiterin und Übersetzerin in Kalifornien.

Nach Grund- und Realschule machte die Eidinghauserin eine Ausbildung als Diätassistentin an den Städtischen Krankenanstalten in Bielefeld-Schildesche. "Und nach dem Examen kam die Einladung von meinem Bruder Horst."

Wie es der Zufall wollte, lernte Sigrid Bell in diesem Urlaub ihre große Liebe kennen. Seit mehr als drei Jahrzehnten ist das Land am Pazifik ihre zweite Heimat geworden. Sigrid Bell fühlt sich wohl. "Zum Pazifik in Newport Beach fahre ich eine halbe Stunde, zum Disneyland 15 Minuten und nach Downtown Los Angeles eine Stunde." Wobei sich in der Rush-Hour die Zeiten locker verdoppelten. "Immerhin hat L.A. an die 15 Millionen Einwohner. Aber an die Staus gewöhnt man sich mit der Zeit", sagt sie.

Das Klima in Sigrid Bells neuer Heimat ist ideal: kälteste Wintertemperaturen von zirka 16 Grad Celsius, meist aber um die 20 Grad, und im Sommer beständige 35 Grad. "Im Winter sind wir nach zirka 100 Kilometern in unserem Skigebiet."

Nie an die Erdbeben gewöhnt

Woran sich die 53-Jährige aber wohl nie gewöhnen wird, sind die Erdbeben: "Das größte hatte 1994 6,8 auf der Richterskala. Damals fiel morgens um halb fünf alles aus den Regalen." Sigrid Bell schüttelt den Kopf. Nein, daran werde sie sich nie gewöhnen. Damit müsse man groß geworden sein.

Groß sind mittlerweile auch die Töchter Tanja (23) und Marika (21) der Eidinghausenerin. "Sie leben in Colorado und Texas und haben es ihrer Mutter nachgemacht, in dem sie auch weit hinausgeflogen sind." Während ihrer Kindheit reisten sie bereits jeden Sommer zur Oma nach Eidinghausen. Lernten deutsch und besuchten den Kindergarten in Eidinghausen.

Jahrelang arbeitete Ehemann Dr. William Bell als Tierarzt auf der Pferderennbahn. Vor einigen Wochen ging er in den Ruhestand: "Jetzt haben wir Zeit, unser Heim richtig zu genießen und reisen natürlich gern." So geht?™s jährlich zu den Geschwistern nach Deutschland. "Dabei darf auch ein Abstecher in die Klosterstraße nicht fehlen", gibt die gebürtige Eidinghausenerin lachend zu. Auch einen Besuch bei den Klassentreffen der Realschule lässt sie sich nie nehmen.

Von der Diätassistentin zur Reiseleiterin ?" Sigrid Bell nutzt ihre Wurzeln für ihren Wahlberuf. Seit zirka 25 Jahren begleitet sie deutschsprachige Reisegruppen und Geschäftsleute. "So bin ich quer durch Amerika gereist. Von San Francisco bis New York, von den Kanadischen Rockies bis nach Acapulco. Höhepunkte waren dabei die Wildwasserfahrten auf dem Colorado River, zwei Sommersaisons auf Hawaii, Helicopter-Flüge über den Grand Canyon oder die Besuche bei Siegfried und Roy." Das habe immer so viel Spaß gemacht, dass es Sigrid Bell gar nicht als Arbeit ansieht. "1989 habe ich auch das Mandolinenorchester Weserwelle bei einer Tour begleitet", erinnert sie sich.

Heimweh hat sie nie gehabt

Heimweh hat die 53-Jährige, wie sie sagt, nie gehabt. "Das lag vielleicht an meinen regelmäßigen Besuchen in der Heimat", vermutet sie. Dabei habe sie sich immer mit kulinarischen Waren eingedeckt: "Bohnenkaffee und Schokolade, Brötchen und Backwaren." So habe sie sich die Heimat einfach näher geholt.

Sigrid Bell lebt gern in Kalifornien. Doch genauso gern, kommt sie ihre alte Heimat besuchen.

Auch wenn ihr dann in der Kurstadt vieles kleiner und enger vorkommt ?" trotzdem sagt Sigrid Bell auch nach 33 Jahren: "Wo die Weser einen großen Bogen macht, da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus!"


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