Rahden. Der Staatsanwalt fand deutliche Worte. "Für den Angeklagten spricht nichts." Kurze Stille im Gerichtssaal. "Nichts", wiederholte er. "Sie sind ein Bewährungsversager, wie man nur Bewährungsversager sein kann", meinte auch Richter Hagenkötter zum angeklagten 49-jährigen Stemweder. Der soll wegen versuchter Erpressung und übler Nachrede für 15 Monate hinter Gitter.
Es ist erst wenige Wochen her, da hatten sich der Stemweder und Richter Hagenkötter zuletzt im Rahdener Amtsgericht getroffen. Im März hatte Hagenkötter den Mann wegen versuchter Nötigung zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt; dagegen legte der Stemweder Berufung ein. Im März ahndete das Gericht die Versuche des Mannes, von einer Frau 7.500 Euro zu bekommen, die ihm angeblich wegen Kurierfahrten noch zustehen solle. Ein Mahnverfahren hatte der Stemweder vor Jahren gegen die Frau angestrengt, dieses aber dann nicht weiter geführt.
Weil der Stemweder bei der Frau und deren Lebensgefährten nichts bekam, versuchte er es über deren Tochter (27): Zwischen Mai und November vorigen Jahres soll er laut Anklage wiederholt bei der 27-Jährigen angerufen und das Geld gefordert haben. Andernfalls werde er sie bei ihrem Arbeitgeber, einem Stemweder Gastwirt, schlecht machen, sodass sie ihren Job verliere.
"An die Mutter kam ich nicht ran", erklärte der Angeklagte. Daher habe er die Tochter angerufen, damit die "ihrer Mutter ins Gewissen reden sollte, die Summe zu zahlen." Drohungen oder Nötigungen seien da "nie gelaufen".
Laut Anklage behauptete der Angeklagte gegenüber dem Gastwirt, dass die junge Frau in Osnabrück "durch die Betten hure". Das, so stellte es der Stemweder da, habe er mal gehört und so weitergegeben. "Das hätte ich mir sparen können", räumte er ein.
Das Vorgehen des Angeklagten diente der Stimmungsmache, erklärte dessen Anwalt. Versuche man, über die Tochter an das Gewissen der Mutter zu appellieren und "ruft da mal beim Arbeitgeber an", dann sei das keine Nötigung. Mit dieser Einschätzung stehe der Anwalt wohl allein, hielt der Staatsanwalt dagegen.
An Himmelfahrt vorigen Jahres habe der Angeklagte sie das erste Mal angerufen, berichtete die 27-Jährige Frau im Zeugenstand. Er habe ihr gesagt, dass er Geld von ihrer Mutter bekomme. Sie solle zahlen. "Ich habe gesagt, dass ich mein Geld lieber mit Benzin verbrenne als es ihm zu geben." Dann seien viele Anrufe erfolgt - auf der Arbeitsstätte oder am Handy, bei ihr oder Arbeitskollegen. Teilweise 20 bis 50 Anrufe am Tag. Sie sei beleidigt worden und der Angeklagte habe erklärt, er wolle "so lange penetrant weitermachen, bis er sein Geld bekommt oder ich meinen Job verliere".