Klinik-Vorstand schockt Rahden mit Planungen

Rahden. Das Krankenhaus Rahden soll seine Abteilungen Innere Medizin und Chirurgie verlieren und stattdessen die Abteilungen Suchttherapie und Psychosomatik aus Lübbecke erhalten. Es würde Fachkrankenhaus. Die Vorschläge des Vorstands der Mühlenkreiskliniken (MKK) haben gestern in Rahden und umzu für Entsetzen gesorgt. "Ich wusste von nichts", sagte Rahdens Bürgermeister Bert Honsel gegenüber der Neuen Westfälischen. Die Stadt Rahden als Standortgemeinde sei im Vorfeld in keiner Weise beteiligt worden. Er habe von den MKK um 16.51 Uhr - neun Minuten vor Beginn einer Rahdener Ausschuss-Sitzung - die Mitteilung bekommen. "Für den Nordkreis ein schwerer Schlag" "Ich bin aus allen Wolken gefallen. Das ist ein Schlag ins Kontor." Das Krankenhaus Rahden werde bei Umsetzung der Empfehlungen als Haus der Grundversorgung verschwinden, sagte Honsel. Ähnlich sieht das auch Wolfgang Hesse, der sich als langjähriger Kreispolitiker für das Krankenhaus Rahden eingesetzt hatte. "Man muss davon ausgehen, dass das Haus nach Verlegung der beiden Stationen als Haus der Grundversorgung nicht mehr existent ist." Wie es sich entwickeln werde, das müsse man sehen. Für ihn sei es eine Entwicklung, die er nur schwer entstehen könne, sagte Hesse. "Es ist für den Nordkreis ein schwerer Schlag." Stadt prüft Rückforderung ihres Zuschusses Es gebe in der Bevölkerung ein hohes Vertrauen in die Abteilungen, die nun nach Lübbecke verlegt werden könnten, meinte Bert Honsel. Die Stadt Rahden hatte bekanntlich für den Umbau des Krankenhauses Rahden zur Portalklinik eine Million Euro zur Verfügung gestellt. Die Mühlenkreiskliniken wiederum waren nicht müde geworden, das Haus als wichtigen Baustein für die medizinische Versorgung im Nordkreis dazustellen, das im Notfall rund um die Uhr Anlaufstelle für die Menschen sei. Zudem hatten die MKK immer erklärt, dass der Klinik-Verbund den Standort Rahden sichere - der über die Telemedizin an die Spitzenversorgung des Klinikums Minden angebunden ist. Bürgermeister Honsel kündigte gestern Abend im Gespräch mit der Neuen Westfälischen an, dass er rechtlich prüfen werde, ob die Voraussetzungen für die Zahlung der Stadt zum Krankenhaus-Umbau noch erfüllt seien. Nach einer ersten Analyse sei er zu der Einschätzung gekommen, dass die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt seien und die Stadt die eine Million Euro zurückfordern könne. "Sollte die geplante Änderung umgesetzt werden, wäre es für mich als Bürgermeister aber nur ein schwacher Trost, diese Million zurückverlangen zu können." Bürger müssten künftig zur Notaufnahme nach Lübbecke Honsel kündigte außerdem an, dass er in Ruhe prüfen wolle, ob es rechtsverbindliche Versprechungen der MKK gab, das Krankenhaus Rahden über einen längeren Zeitraum "von zehn Jahren plus x" als Haus der Grundversorgung zu erhalten. Mit Blick auf die Vorschläge des MKK-Vorstands gehe er davon aus, dass wenigstens die Rettungswache Rahden erhalten bleibe, sagte Honsel. Das soll auch so bleiben, versicherte gestern Abend gegenüber der NW Kreissprecherin Mirjana Lenz. "Die Rettungswache Rahden bleibt." Die Menschen sorgen sich für den Fall eines Notfalls - das wurde aus ersten Reaktionen von Bürgern aus dem Nordkreis gestern Abend deutlich. Die Notaufnahme in Lübbecke sei schon jetzt stark ausgelastet. Wenn nun weitere rund 45.000 Menschen aus dem Nordkreis auf die Notaufnahme in Lübbecke angewiesen seien, wie solle sie das bewältigen, das frage er sich, meinte beispielsweise Bert Honsel. Abruszat warnt vor "Einstieg in Ausstieg" von Standorten Die Planungen des MKK-Vorstands sind aus Sicht von Stemwedes Bürgermeister Kai Abruszat "alles andere als eine Stärkung der Krankenhaus-Versorgung im Nordkreis". Viele könnten sich das Krankenhaus ohne Innere Medizin und Chirurgie nicht vorstellen. Kai Abruszat: "Mann kann zweifeln, ob es sich um einen kreisweit ausgewogenen Vorschlag handelt." Alle relevanten Akteure im Lübbecker Land sollten sorgsam darauf achten, dass durch die Neuerungen nicht ein "Einstieg in den Ausstieg von Standorten" werde. Wie es bei einer Umsetzung der Vorschläge des MKK-Vorstands mit der Versorgung von medizinischen Notfällen in Rahden aussieht, dazu gibt es in der gestern Nachmittag verbreiteten Mitteilung der MKK keine Aussagen. "Die Notaufnahme würde, wenn das Konzept umgesetzt wird, geschlossen", sagte MKK-Sprecher Christian Busse gestern Abend auf Nachfrage. Notarzt für die Wache käme künftig aus Lübbecke Patienten müssten dann in die Notaufnahme oder zum Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigung nach Lübbecke fahren. Der Notarzt für die Rettungswache Rahden käme dann aus Lübbecke. Ein Verkauf des Hauses Rahden sei überhaupt nicht angedacht, sagte Busse. Die MKK bräuchten Kapazitäten im Bereich Suchttherapie/Psychosomatik, daher sei eine Fachklinik angedacht. "Kein Haus verliert Betten." KommentarRasiert Der Verwaltungsrat der Sparkasse Minden-Lübbecke hatte im vorigen Jahr die Empfehlung des Vorstands abgesegnet, Filialen zu schließen. Das Filialnetz wurde regelrecht rasiert.Sollte der Verwaltungsrat der Mühlenkreiskliniken der Empfehlung des Vorstands folgen, würde das Krankenhaus Rahden rasiert. Ein Haus der Grundversorgung, rund um die Uhr erreichbar für die Menschen im Nordkreis, würde verschwinden. An seine Stelle träte ein Fachkrankenhaus. Es gäbe keine Notaufnahme mehr, Menschen aus dem Nordkreis und umzu müssten nach Lübbecke. Die dortige Notaufnahme ist schon jetzt überlastet, Bürger berichteten gegenüber der NW von mehrstündigen Wartezeiten trotz Schmerzen und Einweisungsschein.Wird der Plan des MKK-Vorstands umgesetzt, gibt es keine Portalklinik mit Telemedizin mehr, die über Jahre angepriesen und als Leuchtturmprojekt für die Versorgung auf dem Land gelobt wurde. Es gäbe die Portalklinik nicht mehr, für deren Herrichtung die Stadt Rahden eine Million Euro gab und für die Unternehmen und Krankenhaus-Freundeskreis sich bis jetzt so engagieren.Die Menschen im Nordkreis fühlen sich durch den Vorschlag des MKK-Vorstands belogen. Ihre medizinische Versorgung würde verschlechtert - auch im Notfall, wenn künftig der Notarzt für die Wache aus Lübbecke kommen müsste. In Notfällen aber zählt jede Minute.Die MKK-Spitze hat mit ihrem Vorschlag jede Glaubwürdigkeit bei den Bürgern im Nordkreis verloren. Folglich glauben die Bürger keine Beteuerungen zum Standort-Erhalt mehr.Die Bürger werden mit den Füßen abstimmen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Osnabrück oder Damme etwa haben mächtig ausgebaut sind nicht allzu fern.joern.spreen-ledebur@nw.de

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