Arbeiten auf der Überholspur – unterwegs mit der Autobahnmeisterei zwischen Bielefeld und Porta

Porta Westfalica. Drei Funksprüche, Warnsignale für die nachfolgenden Autofahrer auf ausgeklappten Tafeln – im Nu ist die dritte Spur der A2 dicht. Im Schritttempo geht es für die Kolonne aus Kehrmaschine, Sicherungs- und Pritschenwagen der Autobahnmeisterei auf der Überholspur voran, während rechts der Verkehr mit Tempo 80 bis 100 vorbeirollt. Viele der Autofahrer sind auf dem Weg in den Sommerurlaub, während Gerd Eickmeyer und seine Kollegen malochen, damit die Autobahn für die Reisenden frei bleibt. Jetzt muss es schnell gehen, die Spur soll so bald wie möglich wieder freigegeben werden. Nur ein paar Absperrkegel trennen die Männer der Autobahnmeisterei vom fließenden Verkehr. Teilweise nur wenige Zentimeter liegen zwischen Mitarbeitern und vorbeifahrenden Lastwagen und Autos. Für Gerd Eickmeyer ist das längst zur Normalität geworden: Seit 38 Jahren arbeitet der 63-Jährige auf der Autobahn. Sein Revier ist die A2 zwischen Porta Westfalica und Bielefeld. 85 Autobahnkilometer gehören dazu, ebenso zwei Autobahnkreuze, 17 Anschlussstellen, sieben Rastanlagen, ein Tunnel und ganze 179 Brückenbauwerke. Zusammen mit seinen 32 Kolleginnen und Kollegen auf der Straße hat er immer etwas zu tun. &bdquo;Wir haben Arbeit für 24 Stunden am Tag“, sagt Eickmeyer. Die Kolonne hält an. Kurze Besprechung an der Betonplanke in der Mitte der Autobahn mit Kollege Nils Westerhold. Die Rinne über dem 1938 gebauten Fußgängertunnel für Wanderer muss blitzblank geputzt werden. Unkraut wuchert in der Gosse. Die Arbeitsabläufe sind schnell klar, dann setzt sich die Kolonne langsam wieder in Bewegung. Während einige Kollegen schnell die Schaufel schwingen und das Gras vom Beton kratzen, fährt die Kehrmaschine mit Saugfunktion langsam darüber und macht die Rinne sauber. &bdquo;Hier kommen wir bald für ungefähr ein Jahr nicht mehr ran“, sagt Eickmeyer zu seinem Kollegen. In ein paar Wochen soll dort eine Baustelle eingerichtet werden. Ein paar hundert Meter weiter wartet die nächste Betonfläche in der Mitte. Auf dem Weg zu seinem Pritschenwagen zieht Gerd Eickmeyer schnell noch eine große Pflanze am Rand der Fahrbahn aus dem Boden. &bdquo;Das muss hier aussehen wie zu Hause“, sagt er und lacht. Ein Metallteil liegt neben der Fahrbahn, hinter der Betonleitplanke: ein Bakenfuß. Das ist ihm alles zu unaufgeräumt. Die Teile landen auf der Ladefläche seines Transporters. Dann ist er zufrieden und steigt ein. Weiter geht’s. Immer im Blick: der Rückspiegel. Denn die Kolonne kann auch zum nächsten Einsatzort nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren – und das auf der Überholspur. &bdquo;In mehreren hundert Metern Entfernung nach hinten fahren unsere Vorwarner auf dem Standstreifen mit“, erklärt der 63-Jährige. Die digitalen Schilderanhänger zeigen an, dass die Fahrbahn von drei auf zwei Spuren verengt wird. Sie reduzieren das Tempo zunächst auf 100, dann auf 80 km/h. Doch nicht alle Autofahrer halten sich an das Limit. Manche setzen sogar noch zum Überholen an und scheren erst kurz vor dem Sicherungswagen der Kolonne wieder ein. All das beobachtet Gerd Eickmeyer im Rückspiegel aber mit Gelassenheit. Er hat schon ganz andere Dinge erlebt. Trotzdem: Er und seine Kolleginnen und Kollegen müssen immer aufmerksam sein. Zuletzt nahm die Zahl der Unfälle mit Fahrzeugen der Meisterei im Niederlassungsgebiet Herford dramatisch zu. Nahezu jeden Monat vermelden Arbeitskolonnen einen Verkehrsunfall. Meistens geraten Lastwagen zu weit auf eine gesperrte Spur und rammen eines der Fahrzeuge der Arbeiter. Verletzt wurde bisher nur selten jemand. Gerd Eickmeyer hatte noch keinen Unfall, hat aber schon einige gesehen oder miterlebt. Er erinnert sich noch an einen Zusammenstoß vor wenigen Jahren bei Veltheim. Der Sicherungswagen der Kollegen war völlig zerstört. Das alles trübt aber nicht Eickmeyers Freude an der Arbeit, wo andere in den Urlaub fahren. Die Wanderbaustelle hat ihr zweites Ziel erreicht: Nach dem Fußgängertunnel ist nun eine Überfahrt ein paar hundert Meter weiter dran. Zur anstehenden Bauphase wird hier die Mittelleitplanke entfernt. Dann können die Autos später auf die andere Fahrbahnseite geführt werden. Doch vorher müssen auch hier Grassoden und Müll weichen. Mit vereinten Kräften geht das zügig. Nur der Gullydeckel in der Mitte macht Probleme. Er lässt sich nicht lösen, Eickmeyer und Kollege Nils Westerhold wollen aber den Schacht reinigen. Es hilft nichts: Gerd Eickmeyer holt schweres Gerät heran. Mit einer Flex rückt er der Schweißnaht zu Leibe. &bdquo;Die Deckel sind zwar extra für Schwerlastverkehr ausgelegt. Aber sie müssen verschweißt werden, weil sie sonst irgendwann auf die Fahrbahn geschleudert werden, wenn die Lkw drüberfahren“, erklärt der 63-Jährige. Immer abwechselnd flext er, während sein Kollege mit einem Vorschlaghammer auf die Umrandung haut, um den Gullydeckel aus seiner Verankerung zu lösen. Das kostet Kraft. &bdquo;Und man muss was im Köpfchen haben. Jedes Problem fordert eine individuelle Lösung“, sagt Eickmeyer. Er und Kollege Westerhold haben offenbar etwas im Köpfchen. Denn der Gullydeckel löst sich nach einigen Minuten. Jetzt können sie das völlig zugeschwemmte Eimersieb im Schacht säubern. Die Kehrmaschine erledigt den Rest. Teamarbeit an der Mittelschutzplanke. Teamarbeit ist auch das Stichwort an einer ganz anderen Baustelle. Gerd Eickmeyer stößt zu den Kollegen mit dem Mäh-Unimog am Kreuz Bad Oeynhausen. Hier sind die Lärmschutzwände und die Brückenbauteile zugewuchert. &bdquo;Wir haben für den engen Grünstreifen zwischen Leitplanke und Lärmschutzwand einen besonders kleinen Mähaufsatz“, erklärt Robin Meierebert, der den Unimog lenkt. Was nach lässiger Arbeit am Steuer eines großen Spielzeugs aussieht, erfordert höchste Präzision. Die Technik ist teuer und muss zentimetergenau bedient werden, damit nichts beschädigt wird. Immer wieder muss Meierebert neu ansetzen. Kollege Gerd Eickmeyer läuft mit der Motorsense hinterher. &bdquo;Für die Brückenprüfung müssen auch die Ränder sauber ausgemäht sein“, sagt der 63-Jährige. Ein weiterer Kollege läuft mit dem Motorbläser hinterher und entfernt die Mähreste. Zu dritt schaffen sie das Teilstück in wenigen Minuten. Schichtende. Für den Unimog geht es zurück zum Bauhof in Herford. Zu tun gäbe es eigentlich noch eine ganze Menge. &bdquo;Man wird nie fertig. Wenn es danach ginge, könnten wir rund um die Uhr arbeiten“, sagt Gerd Eickmeyer. Und irgendwie vermittelt er das Gefühl, dass er genau das am liebsten machen würde. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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