„Dramatische Situation“ in Sammelstelle für radioaktive Abfälle an der Grenze zu Minden-Lübbecke

Leese/Petershagen. Die Fässer mit radioaktiven Inhalten, die aktuell noch im Zwischenlager Leese aufbewahrt werden, befinden sich teilweise in einem katastrophalen Zustand. Das meint die Bürgerinitiative Strahlenschutz (Biss), in der sich auch Bürgerinnen und Bürger aus Petershagen engagieren. Es gebe sogenannte Blähfässer, die sich ausgebeult oder verformt haben, was eigentlich, so heißt es weiter, wegen der vorgeschriebenen trockenen Lagerung des Atommülls nicht passieren dürfte. Andere Fässer zeigten sich durch die Last der darüberliegenden Fässer verformt. Kontrollen seien wegen der Enge der Lagerung kaum möglich. Die Anti-Atomgruppen Biss Leese und Braunschweig sowie die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad in Salzgitter sprechen von einer &bdquo;dramatischen Situation“ der Landessammelstelle des Landes Niedersachsen. Leese grenzt hinter Wasserstraße direkt an Petershagen, die Sammelstelle befindet sich im Bereich Oehmer Feld. Bereits 2002 hatte das Land den Betrieb an einen privaten Dritten, die Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) abgegeben. Für die Zwischenlagerung hatte Niedersachsen einen Vertrag mit der Firma Eckert & Ziegler abgeschlossen, der aber 2030 ausläuft. &bdquo;Das bedeutet, dass die Fässer bis 2028 aus der Sammelstelle entfernt werden müssen, damit die Dekontamination des Geländes bis zum Pachtende erfolgen kann“, so Biss-Sprecher Meinhard Behrens gegenüber dem &bdquo;Mindener Tageblatt“. &bdquo;Wir erwarten von der Niedersächsischen Landesregierung, dass sie diese offensichtlichen Probleme ernsthaft angeht und nicht aussitzt.“ Denn irgendwo müsse der Müll hin, und irgendwo müsse es nach der Schließung des Zwischenlagers auch wieder ein neues Zwischenlager geben, so Behrens. Dazu sei das Land gesetzlich verpflichtet. Abfälle aus Medizin und Forschung Zwar blieb eine aktuelle Presseanfrage durch das Mindener Tageblatt bis Mittwoch unbeantwortet, das Land aber hatte bis 2020 regelmäßig Infobriefe über den Stand in Leese veröffentlicht. Aus Kapazitätsgründen zwischengelagert würden danach Fässer mit radioaktiven Altabfällen des Landes Niedersachsen, die in der früheren Landessammelstelle Steyerberg in den 1980er und 1990er Jahren angenommen wurden. Diese schwach radioaktiven Abfälle aus Medizin, Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie gewerblichen Betrieben seien damals bereits behandelt und in Fässer verpackt worden. Für eine spätere Einlagerung im zukünftigen Endlager Konrad in Salzgitter müssten sie jedoch - so wörtlich - &bdquo;noch nachqualifiziert und nachkonditioniert werden“. Das heiße: Die Abfälle müssen nachbehandelt und in für das Endlager Konrad zugelassene Container verpackt werden. Diese Nachbehandlung müsse laut Umweltministerium in Jülich stattfinden, Atomtransporte dorthin hat es seit 2020 gegeben, wann genau, teilte das Ministerium nicht mit. Bekannt aber ist, dass es um insgesamt 1.484 Fässer geht, die aus Steyerberg stammen und bis 2028 nach Jülich gebracht werden sollen. Dieser Zeitplan, so hieß es aus Hannover im August vorigen Jahres gegenüber der in Nienburg erscheinenden Zeitung &bdquo;Die Harke“, sei nicht gefährdet. Auch hier ist Behrens skeptisch, sein letzter Stand sei, dass 152 Steyerberg-Fässer nach Jülich gebracht worden seien. &bdquo;Wie will man das bis 2028 schaffen?“ Zu berücksichtigen seien insgesamt 4.800 Fässer im Besitz des Landes. Auch die weiteren Fässer enthielten radioaktive Abfälle, seien aber laut Biss &bdquo;nicht so heftig, da sie nicht ganz so verrostet sind wie die anderen Fässer“. Störfälle in Leese Zu Beginn der Mülltransporte hatte es einen Störfall gegeben, den das Ministerium auch gegenüber der Presse eingeräumt hatte: &bdquo;Vor dem Abtransport aus Leese werden die Fässer einzeln von außen inspiziert und ihre Transportfähigkeit überprüft“, hieß es gegenüber dem MT. Bei einem Fass seien Korrosionsspuren, bei vier weiteren Fässern aus Steyerberg ein &bdquo;leicht erhöhter Innendruck“ festgestellt worden. Diese Fässer seien zunächst in Leese verblieben. Bei einem weiteren Zwischenfall war ein Fass bei der Verladung zu Boden gestürzt und beschädigt worden, das Fass sei durch ein Überfass gesichert worden. Zu weiteren Störfällen sei es laut Umweltministerium nicht gekommen, das Land überprüfe die Radioaktivität laufend durch eine Gamma-Sonde. Dass sich Niedersachsen auch aktuell auf die Endlagerung im Schacht Konrad berufe, sehen die Anti-Atomkraftgruppen kritisch und sprechen vom &bdquo;Wunschdenken“ - dabei hatte Olaf Lies (SPD) - 2021 noch als Umweltminister - betont: &bdquo;Der Plan steht, und wir halten daran fest: Bis spätestens 2030 soll kein Fass mehr in Leese, sondern im künftigen Endlager Konrad stehen.“ Heute hingegen werde die Endlagerung in Salzgitter laut Koalitionsvertrag kritisch gesehen, wörtlich heißt es von den Bürgerinitiativen: &bdquo;Bis jetzt ist kein Plan bekannt, wo diese Fässer verbleiben oder zwischengelagert werden, weil eine ,Endlageroption´ 2028 definitiv nicht vorhanden sein wird.“ Auch Meinhard Behrens glaubt nicht, dass sich der Schacht Konrad für die Endlagerung eignet: &bdquo;Da läuft doch alles mit Wasser voll.“ Ähnlich hatte der BUND in einer Stellungnahme zu Schacht Konrad argumentiert: Es sei nur eine Frage der Zeit, wann der eingelagerte Atommüll Kontakt zu Grundwasser führenden Schichten bekommt. &bdquo;Land muss reagieren“ Mitte April hatten sich die Vertreter der Bürgerinitiativen Leese, Braunschweig und der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad getroffen, um sich über den Umgang mit der Landessammelstelle Leese auszutauschen. Nachdem die Gruppe nun an die Öffentlichkeit gegangen ist, geht Behrens davon aus, dass das Land reagieren muss. Zur Bürgerinitiative Biss Leese gehören 20 Personen aus Leese, Nienburg, Wiedensahl und Petershagen.

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