Hannover (dpa). Der Maschseemord und seine grausigen Details sind so erschütternd, dass der Vorsitzende Richter den Angehörigen behutsam erläutert, warum er dennoch nicht die Höchststrafe verhängt.
In seiner Urteilsbegründung wendet Wolfgang Rosenbusch sich direkt an die Eltern und die Schwestern der 44-Jährigen, die fast auf den Tag genau vor einem Jahr zerstückelt in Plastiktüten treibend im Maschsee in Hannover gefunden wurde. Was der Täter nach dem Mord mit dem Körper der Tochter und Schwester getan habe, falle beim Strafmaß nicht ins Gewicht, "ihre Anwälte haben ihnen das vielleicht schon erklärt". Gefasst folgen die Angehörigen der einstündigen Ausführung.
Für die Bluttat verurteilt das Landgericht den angeklagten 25-Jährigen, der aus Minden stammt, am Mittwoch zwar wegen Mordes. "Das einzige Motiv war das Töten wollen, das ist Mordlust." Da der Drogenkranke aber wegen einer massiven Persönlichkeitsstörung vermindert schuldfähig ist, wird die Haftdauer auf 12 Jahre reduziert. Auf unbestimmte Zeit wird der Täter indes in die Psychiatrie eingewiesen. "Die Wiederholungsgefahr ist groß", sagt Rosenbusch. Der psychiatrische Sachverständige in dem Prozess hat den Täter als schwer therapierbar eingestuft. Wann und ob er jemals wieder in Freiheit kommt, ist damit unklar.
Es ist vollkommen still im Schwurgerichtssaal, als Rosenbusch die Tat schildert. Im Rotlichtviertel trifft der von Gewaltfantasien getriebene Drogenkranke auf eine Prostituierte, nimmt sie mit in seine Wohnung, wo diese sich über seine rechtsradikalen Ansichten lustig macht. "Das war der Türöffner, dass der Angeklagte sich entschied, diesen Fantasien nun freien Lauf zu lassen." Mit einer Machete ersticht er die Zufallsbekanntschaft. "Er wollte sehen, wie jemand stirbt, es ging ihm darum, die Kälte des Todes zu spüren." Einen Missbrauchsversuch der Toten bricht er ab.
Vier Polizisten, die wegen Ruhestörung klingeln, schickt er weg. Danach habe er ruhig geschlafen. "Er hatte seine innere Ruhe wiedergefunden." An den Täter, der seiner Freundin später ohne jedes Reuegefühl ankündigt, dass er wohl weiter töten werde, richtet Rosenbusch kein direktes Wort. Allerdings macht er für die Zuhörer im voll besetzten Saal nachvollziehbar, wie sich der kaum fassbare Gewaltausbruch über Jahre seinen Weg gebahnt hat.
Vor zehn Jahren bereits beschäftigen Tötungsfantasien den überdurchschnittlich intelligenten Täter, die dieser durch das Anfertigen von Gedichten und Gemälden versucht zu kompensieren. Dennoch werden die Fantasien und die Drogenprobleme größer, ein Freund warnt die Polizei und ein Therapeut rät ihm zum Gang zum Psychiater. "Die Fokussierung auf die Gedanken des Tötens nahmen weiter zu." Kein Wort mehr ist während des Urteilsspruches von dem Verurteilten selber zu hören, der sich während des Prozesses immer wieder mit Zwischenrufen und Fragen eingeschaltet hatte.
Auch seine Freundin, die er zur Mithilfe bei der Beseitigung der Toten zwang, hatte er vor Gericht der Tat bezichtigt. "Alle Indizien, die wir haben, sprechen eine eindeutige Sprache", betont Rosenbusch allerdings. "In ihrer Wohnung ist es passiert, es war ihre Waffe, sie sind der Täter." Auf die Argumentation hin zeigt der Verurteilte keine Regung.