Nach Tod von Hausmeister in Minden-Lübbecke: Ermittlungen gegen Pflegeheim-Betreiber

Minden. Hätte sein Tod verhindert werden können? Mit dieser Frage beschäftigen sich Polizei und Staatsanwaltschaft seit November 2022. Damals kam es zum Unglück in den Kellerräumen des Pflegeheims Senioren-Domicil Weserland an der Sandtrift. Zwei Männer wurden bei dem Kohlenmonoxid-Unfall schwer verletzt. Ein 50-jähriger Hausmeister starb trotz Reanimationsversuchen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen Geschäftsführer und prüft den Verdacht der fahrlässigen Tötung, wie Sprecher Philipp Kalbertodt auf MT-Anfrage mitteilt. Nach dem derzeitigen Stand soll sich der Hausmeister aufgrund einer Störungsmeldung der Heizung ins unterirdische Pellet-Lager begeben haben. Dort sei der 50-Jährige wohl in Kontakt mit austretendem Kohlenmonoxid gekommen, was todesursächlich gewesen sein könnte, so Staatsanwalt Kalbertodt. Auch der zweite Mann (damals 44) wurde vergiftet, die Einsatzkräfte fanden beide bewusstlos im Raum. Informationen des Mindener Tageblatts (MT) zufolge war die Heizung des Pflegeheims bereits länger defekt und offenbar nicht repariert worden. Ebenso muss vor einem solchen Pellet-Lager ein Warnschild stehen, das auf die Kohlenmonoxid-Gefahr hinweist. Unklar bleibt, ob das angebracht war und ob der Hausmeister geschult wurde. Ihn soll man MT-Informationen zufolge öfter in den Keller geschickt haben, obwohl das Pflegeheim dem widerspricht. Der andere Geschädigte, der 44-Jährige, soll sich körperlich erholt haben und wieder in der beruflichen Eingliederung befinden. Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt ermittelt und diesen Status nun geändert. Das Seniorenheim gehört einem Familienunternehmen und der Senioren-Domicil GmbH. Die Firma besitzt auch ein Pflegeheim in Bad Eilsen, sie zählt drei Geschäftsführer. Die Staatsanwaltschaft teilt auf Nachfrage mit, dass sich die Ermittlungen gegen eine Person richten. Was sagt der Betreiber dazu? "Aus unserer Sicht kann hier niemandem der Vorwurf einer fahrlässigen Tötung gemacht werden", teilt sein Anwalt Stefan Diekmann auf MT-Anfrage mit. Man gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren einstellen werde. Der Anwalt erklärt, dass "sich der zu Tode gekommene Hausmeister entgegen einer ausdrücklichen arbeitgeberseitigen Weisung in den Pelletbunker begeben hat". Eigenmächtig habe er eine Störung der Heizungsanlage beheben wollen. Hierfür sei er aber nicht zuständig gewesen. "Die komplexe Anlage wird von einer externen Firma betreut." Dieses Unternehmen sei auch für Störungen allein zuständig. Aufgabe des Hausmeisters wäre es gewesen, die Störmeldung auszulesen und an die Wartungsfirma weiterzugeben. Das Fachpersonal hätte sie dann beseitigt, so Diekmann. "Was hat ihn dazu bewogen, den Pelletbunker zu betreten?" Außerdem teilt der Jurist mit, dass das dem Hausmeister bekannt war. "Weder die Unternehmensleitung noch die Kollegenschaft können nachvollziehen, was ihn dazu bewogen hat, den Pelletbunker zu betreten." Noch immer könne die Geschäftsführung das Geschehene nicht begreifen und sei schockiert. Kritik übt der Betreiber des Pflegeheims auch in eine andere Richtung: "Der Tod des Hausmeisters hätte eventuell vermieden werden können, wenn die sofort verständigten Rettungskräfte früher an der Unfallstelle eingetroffen wären." Damals stand zum Zeitpunkt der Alarmierung in Minden kein einziger der drei dort stationierten Rettungswagen zur Verfügung. Stattdessen rückten zwei Fahrzeuge aus Porta Westfalica an und eins aus Bad Oeynhausen. Dadurch hatten sie längere Anfahrtswege. Was wäre passiert, wenn sie schneller gewesen wären? Ob sich am traurigen Resultat etwas geändert hätte, bleibt angesichts der Schwere der Verletzungen bislang Spekulation. Die Kreisverwaltung zumindest antwortete damals ausweichend auf eine MT-Anfrage. Im vergangenen Jahr gab es gleich zwei tödliche Kohlenmonoxid-Unfälle in Minden. Neben dem Hausmeister starb im Oktober 2022 eine dreifache Mutter im Badezimmer ihrer Wohnung an der Ecke Königstraße/Simeonstraße. Der Vermieter und ein Handwerker standen im August 2023 vor dem im August 2023 vor dem Mindener Schöffengericht, weil die Staatsanwaltschaft ihnen fahrlässige Tötung vorgeworfen hatte. Das Gericht verurteilte den Eigentümer zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf Bewährung und sprach den Handwerker frei. Das Verfahren könnte demnächst erneut am Landgericht Bielefeld aufgerollt werden. Sowohl die Staatsanwaltschaft Bielefeld als auch der Verteidiger des verurteilten Eigentümers haben Berufung eingelegt. Rechtsanwalt Jerrit Schöll kündigte bereits nach dem Prozess im Interview mit dem WDR an, dass er das Urteil des Mindener Amtsgerichts nicht hinnehme. Sein Mandant ließ sich bei den Sanierungen am Schornstein von anderen Handwerken beraten, die im Prozess als Zeugen aussagten. Weil diese nicht fachgerecht erledigt wurden, kam es zum Tod der Frau. "Es gibt noch andere Verantwortliche, die die Arbeiten ausgeführt haben", so Schöll. Beide tödlichen Unfälle haben Schornsteinfegermeister Dirk Franck betroffen gemacht. Der Experte verweist darauf, dass viele Eigentümer nicht an die jährliche Wartung der Anlagen denken würden. "Das passiert meist gar nicht böswillig." Viele seien sich der Gefahr des tödlichen Kohlenmonoxids nicht bewusst. "Bei manchen kommt Unkenntnis dazu." Ob es im Fall des Mindener Pflegeheims zu einer Anklage und einem Prozess kommt, ist noch offen.

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