Lübbecke

Schilder aus einer anderen Zeit

Vor Jahrzehnten aufgestellt, säumen überflüssig gewordene Markierungen des Militärs die Straßen

22.12.2013 | 22.12.2013, 00:00
Eine Markierung für Rad- und Kettenfahrzeuge der NATO an einer Brücke nördlich von Getmold. - © FOTO: TYLER LARKIN
Eine Markierung für Rad- und Kettenfahrzeuge der NATO an einer Brücke nördlich von Getmold. | © FOTO: TYLER LARKIN

Lübbecker Land. Ein Vierteljahrhundert nach dem Ende des Kalten Krieges, der Blockkonfrontation zwischen NATO und Warschauer Pakt, finden sich noch immer Spuren aus der Zeit vor dem Mauerfall im November 1989. Gelbe Schilder mit Panzersymbolen gehören dazu. Inzwischen überflüssig, stehen sie noch vor zahlreichen Brücken im Kreis.

Weil es in einer Bürokratie, insbesondere der im Militär, nicht anders geht, gibt es eine holprige Beschreibung für die runden Aluschilder: Militärische Tragfähigkeitszeichen, im Umgangsdeutsch NATO-Brückenschilder genannt. Sie zeigen an, wie schwer Ketten- und Radfahrzeuge sein dürfen, um den Querung zu passieren. Die Zahlen korrespondieren in etwa mit dem zulässigen Fahrzeuggewicht in Tonnen, doch auch hier hat die NATO vor fünf Jahrzehnten eine eigene Maßeinheit entworfen: die "Military Load Class" (MLC) – die Klasse der militärischen Last. Deutschlands modernster Panzer, der Leopard 2, wiegt knapp über 60 Tonnen und fällt in die MLC-Klasse 70. Der Schützenpanzer Marder (Gewicht 29,2 Tonnen) gehört zur MLC-Klasse 30 und könnte die kleine Brücke auf dem obersten Bild noch problemlos kreuzen.

Auf den anfänglichen Militärkarten der NATO waren keine Belastungsgrenzen für die Brücken eingezeichnet. Ab 1960 wurden daher strategisch wichtige Querungen in Westdeutschland mit Brückenschildern versehen. In diese Kategorie fielen quasi alle Brücken, wie an dem Beispiel einer Nebenstraße nördlich von Getmold noch sichtbar ist (Bild ganz oben). Hinter der Markierung an der Eikeler Straße bei Blasheim (Bild oben) ist gar keine Brücke, sondern nur die Querung eines Grabens. Aber auch die kann einknicken.

Da die Zeit der Herbstmanöver auf breiter Flur schon lange vorbei ist, verzichtet das Bundesverteidigungsministerium seit 2009 darauf, die Schilder weiter vorzuschreiben. Olaf Halbe vom Lübbecker Straßenmeistereibetrieb schätzt, dass es noch gut 200 Panzerschilder im Mühlenkreis gibt. "Die Schilder sind Eigentum des Bundes. Wir bauen sie jedoch nur ab, wenn sie schief stehen oder die Verkehrssicherheit gefährden", sagt Halbe. "Dann sind die Schilder abgängig." Der Bund schreibt keine Frist für den Abbau vor. Aus finanziellen Gründen bleiben sie meist einfach stehen.

Zur Zeit des Kalten Krieges wurden die Schilder von den Wallmeistern der Bundeswehr verwaltet. Die ohne Uniform agierende Pioniertruppe trat ausschließlich mit zivilen VW Bussen in Erscheinung und erweckte gerne den Eindruck, zur örtlichen Straßenmeisterei zu gehören. Die äußerst ortskundigen Soldaten betreuten vor allem die in Straßen und Brücken eingebauten Sperranlagen, die im Verteidigungsfall gesprengt worden wären. So sollte der Vormarsch der Warschauer Pakt Truppen verzögert werden. Erst 2007 wurde die Geheimhaltung über die Wallmeister aufgelöst.

Dass die Panzerschilder aus einer anderen Zeit stammen, kann Olaf Halbe mühelos sehen. "Die Schilder sind noch lackiert, nicht mit Folie beklebt und reflektieren keinerlei Licht. Das gibt es heute nicht mehr."