Espelkamp

Nach tödlichem Unfall: Bahn arbeitet weiter mit Flatterbändern

Übergang in Espelkamp bleibt vorläufig Provisorium

11.01.2013 | 11.01.2013, 16:06
Mit einer Taschenlampe schaut sich einer der beteiligten Bahnübergangsposten das Flatterband genau an. Teile der Rettungskräfte und das Abschleppunternehmen haben den Unfallort zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen. - © FOTO: NICO BUCHHOLZ
Mit einer Taschenlampe schaut sich einer der beteiligten Bahnübergangsposten das Flatterband genau an. Teile der Rettungskräfte und das Abschleppunternehmen haben den Unfallort zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen. | © FOTO: NICO BUCHHOLZ

Espelkamp. Der Unfall an einem Bahnübergang in Espelkamp (Kreis Minden-Lübbecke), bei dem eine 14-Jährige am Mittwochabend ums Leben gekommen ist, wühlt die Menschen auf. Auch die Staatsanwaltschaft Bielefeld beschäftigt sich nun damit. Zentrale Frage bei den Ermittlungen: War die provisorische Absperrung vor den Gleisen ausreichend sichtbar? Die Bahn will auch nach dem Unfall weiterhin Flatterbänder an dem Übergang einsetzen.

Bei dem tödlichen Zusammenstoß des BMW mit einem Zug der Eurobahn saß die 14-jährige Schülerin aus Vehlage auf der Rückbank. Die 71-jährige Großmutter und ihr 79-jähriger Ehemann sind schwer verletzt und werden in Krankenhäusern in Lübbecke und Minden behandelt. Lebensgefahr bestehe nicht, sagte Ralf Steinmeyer, Pressesprecher der Polizei Minden-Lübbecke. Die beiden seien ansprechbar.

"Die beiden Sicherungsposten sollen vor dem Unfall die üblichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen haben", so Steinmeyer. Die Fahrerin sei von der Ostseite gekommen. "Als einer der Bahnübergangsposten den Wagen auf sich zukommen sah, musste er zur Seite treten, um sich zu schützen." Offenbar hatte die Fahrerin die Flatterbänder zur Absperrung bei regnerischem Wetter übersehen.

An dem Bahnübergang, der am Mittwoch zum Unfallort wurde, sind die Schranken nicht funktionstüchtig. Bahnübergangsposten sperren deshalb die Straße für Autofahrer mit Flatterband ab, wenn sich Züge nähern. Auch die Lichtzeichen an der Anlage sind außer Betrieb. "Zur Klärung der zentralen Frage, ob die Fahrerin die Absperrung sehen konnte, wird die Staatsanwaltschaft Bielefeld ein lichttechnisches Gutachten in Auftrag geben", so Steinmeyer.

Der Übergang an der Gestringer Straße ist schon seit langem ein Sorgenkind der Bahn. Im Juli 2012 hatte die NW darüber berichtet, dass es dort zu technischen Störungen kam. Eine Schranke verharrte nach dem Passieren der Eurobahn in waagerechter Stellung, die zweite blieb im 45-Grad-Winkel stehen. Zwei Streifenpolizisten regelten anschließend einen Tag lang den Verkehr vor Ort.

Anlage stammt aus den 60er Jahren

Nach Auskunft von Bahnsprecher Dirk Pohlmann (Düsseldorf) ist die Anlage seit dem 8. November 2012 komplett außer Betrieb. Seitdem regeln die Bahnübergangsposten den Verkehr an der Stelle. "Der Fahrdienstleiter informiert die Posten über ein Telefon", sagt Pohlmann. Zusätzlich sollen rote Signalleuchten die Autofahrer in der Dunkelheit warnen.

Grund dafür, dass die Bahn seit mehreren Monaten auf die provisorische Flatterbandlösung vertraut, ist das Alter der Schranken: "Die Anlage stammt aus den 60er Jahren. Es gibt keine Ersatzteile mehr dafür", sagt Pohlmann. Darum sei es nicht möglich gewesen, die Schranken einfach zu reparieren – sie müssen durch eine neue Anlage ersetzt werden.

Vorplanungen für diesen Neubau laufen bereits. Laut Pohlmann sei aber nicht damit zu rechnen, dass diese vor Ende des Jahres 2013 fertiggestellt wird. "Dafür sind umfangreiche Planungs- und Genehmigungsverfahren notwendig." Auch das Eisenbahnbundesamt werde dabei eingebunden, wahrscheinlich sei für die Bauarbeiten sogar ein Planfeststellungsverfahren notwendig. 500.000 Euro würde der Neubau einer solchen Anlage kosten.

Das alles braucht Zeit. Bis ein neuer Bahnübergang gebaut wird, setzt die Bahn am Bahnübergang in Gestringen weiterhin Übergangsposten und Flatterband ein. "Von unserer Seite ist keine andere Lösung angedacht", sagt der Bahnsprecher.

Diese Art der Sicherung sei nicht ausreichend, sagt Franz Schilberg, pensionierter Verkehrssicherheits-Ingenieur aus dem Rheinland: "Die Flatterbänder, die dort verwendet werden, sind im Straßenverkehr zur Absperrung von Straßen nicht mehr zulässig." Nicht nur der Fachmann, auch Bürger, die regelmäßig den Übergang passieren, weisen auf die Gefahr hin. So Holger Gehrmann aus Vehlage: "Gerade wenn es dunkel wird und regnet, ist das Band kaum sichtbar." Gehrmanns Frau sei ebenfalls einmal beinahe über das Flatterband gefahren. "Diese Kreuzung ist sehr gefährlich."