Espelkamp. Architekt Rolf Lenk und Waldemar Unger hatten das sieben Meter lange und 300 Kilogramm schwere Turmkreuz der Marienkirche gerade vom Haken des Krans genommen, als der heftige Regenschauer mit Sturmböen so richtig loslegte. "Bei einem solchen Wetter hätten wir das nicht machen können", sagte Pfarrer Wolfgang Brinkmann. Da muss wohl jemand eine besondere Verbindung nach oben gehabt haben. Nur eine knappe Stunde brauchte es gestern Vormittag, bis das christliche Symbol vom Dach des katholischen Gotteshauses entfernt war und seinen (vorübergehenden) Platz unten im Lkw-Anhänger gefunden hatte.
Anschließend gehts in diverse Werkstätten, um das heftig in die Jahre gekommene Turmkreuz wieder zu neuem Glanz zu verhelfen. Erst wird es sandgestrahlt - vor allem, um den intensiven Rost zu entfernen. Danach wird es feuerverzinkt. Und schließlich soll es an einigen ausgewählten Seitenteilen eine kleine Blattgold-Auflage erhalten. "Dann hält es eine Ewigkeit. Spätere Archäologen in vielen tausend Jahren werden sich dann nur fragen, um was für einen Gegenstand es sich hier wohl handeln mag", scherzte Architekt Rolf Lenk.
Genau beobachtet wurde das Schauspiel gestern vor allem von Pfarrer Wolfgang Brinkmann, der jede Bewegung mit seiner Digital-Kamera festhielt und von Monika Dose, stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderates. Auch die frühere Gemeindeschwester Maria Schwarz riskierte einen Blick auf Turm und Kreuz.
Ursprünglich sollte das knapp 60 Jahre alte Marienkreuz im wahrsten Sinne des Wortes verschrottet werden. "Wir hatten uns vorgestellt, vielleicht ein ganz modernes Kreuz aus Edelstahl in Auftrag zu geben," so Pfarrer Brinkmann. Doch nach mehreren sehr sachlich geführten Diskussionen im Pfarrgemeinderat setzte sich die Meinung durch, das alte Kreuz zu bewahren, es zu restaurieren und zu konservieren. "Die Kosten eines Neubaus zur Restaurierung waren etwa gleich hoch", hatte Brinkmann nachgerechnet.
Das alte Kreuz war direkt nach dem Krieg in einer Zeit von Not und Armut mit einfachsten Mitteln zusammengebaut worden. Es handelt sich um zusammengeschweißten Baustahl. Bei der schwarzen Umrandung handelt es sich um ausgesägte Vierkant-Tischbeine. "Es ist Ausdruck dieser schweren Zeit. Und genau aus diesem historischen Grund wollen wir es auch erhalten", sagte Brinkmann.