Lübbecker Land. Immer mehr Hausbesitzer schließen sich Interessengemeinschaften an. Sie befürchten, dass die anstehenden Dichtheitsprüfungen ihrer Abwasserkanäle und eventuell notwendige Sanierungen deutlich teurer werden, als von ihren Kommunen angekündigt.
Hans-Dieter Rose wohnt im westlichen Teil des Wiehenweges in Lübbecke. Der befinde sich im Wasserschutzgebiet. Der Lübbecker ist Mitglied der Wählergemeinschaft "Lübbecke Konkret" und sachkundiger Bürger im Bauausschuss. Mit der Dichtheitsprüfung von Abwasserkanälen beschäftigt habe er sich aber vor allem als Hausbesitzer, denn er weiß: "Ich bin bis 2013 dran."
Die Stadt könne eigentlich nichts machen, meint Rose. Sie stehe "unter der Knute der Bezirksregierung in Detmold und der Landesregierung in Düsseldorf". Also ist er selbst aktiv geworden und hat beispielsweise am vergangenen Freitag an einem Arbeitstreffen von neun Interessengemeinschaften in Hille teilgenommen, die nach eigenen Angaben rund 1.000 Hausbesitzer vertreten.
Zu den führenden Köpfen, die sich seit 2008 in Minden gegen den Zwang zur Prüfung und Sanierung von Abwasserkanälen wehren, gehört der Agraringenieur Fritz Pucher. Nach der NW-Veröffentlichung vom Montag dieser Woche habe er noch am gleichen Tag "ein Dutzend Anrufe aus ganz Ostwestfalen-Lippe" bekommen. Bereits am Dienstag sei er zu einer weiteren Veranstaltung eingeladen. Mit 12.500 Euro Sanierungskosten, wird er dann wieder vortragen, müssten Hauseigentümer rechnen.
Ein weiterer seiner Kritikpunkte: Die ein bis zwei Jahre Sanierungszeit, die man privaten Hausbesitzern einräume, seien "Unsinn", wenn öffentliche Kanalnetzbetreiber sechs bis acht Jahre Zeit bekämen.
Auch mit den vielfach bei kommunalen Informationsveranstaltungen genannten Prüfungskosten von 250 Euro ist Pucher nicht einverstanden: "Das geht nur, wenn solche Prüfungen im Paket ausgeschrieben werden." Da in neun von zehn Fällen die Pläne der Architekten nicht mit den tatsächlich verlegten Abwasserrohren übereinstimmten, hält er 800 Euro für realistischer.
Auch Brunnenbaumeister Volker Joachimsmeyer aus Frotheim ist sicher: "Mit 250 Euro kommen Hausbesitzer nicht hin." Zudem stehe die Prüfung "auf wackligen Füßen". Anders als beispielsweise die Stadt Lübbeck in ihrer Satzung erlaubt ( Info-Kasten) hält er eine physikalische und optische Prüfung für erforderlich. Zudem sollten Hausbesitzer fragen, ob das ausführende Unternehmen zertifiziert ist und welche Referenzen es vorweisen könne.
Steffen Bode aus Levern hat sich im Oktober vergangenen Jahres als Umwelttechniker und sachkundiger Dichtheitsprüfer von Grundstücks-Entwässerungsleitungen selbständig gemacht und ist hauptsächlich im Altkreis unterwegs. Während er die Kritik an der Sanierung undichter Abwasserrohre verstehen kann, weil sie das Grundwasser kaum belasten, wie Kritiker meinen, hält er die Dichtheitsprüfung für sinnvoll. 150 bis 250 Euro für die Prüfung, die er aus Sicherheitsgründen immer zu zweit vornimmt, seien nur bei Neubauten möglich. Sonst gelte: "Jedes Haus und jede kommunale Vorgabe ist anders." Für ein älteres Einfamilienhaus kalkuliere er einschließlich Vorsäuberung mit 300 bis 500 Euro für eine erweiterte Prüfung. "Bestimmte Fehlerquellen sind neben der Kamerafahrt zusätzlich nur mit Wasser festzustellen", so seine Erfahrung.
Im Lübbecker Bauamt ist die Verunsicherung der Bürger angesichts der zahlreichen Informationen bekannt. "Der Beratungsaufwand ist erheblich gestiegen", so Ulrich Brune, der die für andere Kommunen ermittelten 12.500 Euro für eine Kanalsanierung für "eine absolute Ausnahme" hält. So teuer müsse eine Sanierung in Lübbecke nicht werden.