Lübbecke

Stadtarchiv: Kritik von allen Seiten

Verwaltung setzt eine halbe Million Euro für den Umzug an / Politik bügelt Vorlage ab

Bürgermeister Eckhard Witte hatte im Haupt- und Finanzausschuss alle Fraktionen gegen sich. | © FOTO: TYLER LARKIN

04.11.2012 | 04.11.2012, 00:00

Lübbecke. Die Planungen für die Sekundarschule am Wiehenweg setzen Bürgermeister Eckhard Witte unter Druck. Nicht nur die Rüge der Kreishandwerkerschaft (¦ Depenbrock befürwortet Vergabeverfahren), sondern auch der Vorschlag zur Unterbringung des Stadtarchivs stellen die Verwaltung in kein gutes Licht. Alle Fraktionen im Haupt- und Finanzausschuss ließen deutlichen Widerstand erkennen.

Das Stadtarchiv ist derzeit an der Hauptschule untergebracht, wo das Schuljahr 2014/2015 im neuen Gebäude der Sekundarschule beginnen soll. Dafür muss das Archiv weichen. Der vom Rat eingesetzte "Lenkungskreis Stadtschule" hat sich seit Ende August in fünf Sitzungen "intensiv damit auseinandergesetzt", so die Auskunft der Verwaltung.

Zwei Varianten und eine Alternative wurden der Politik vorgestellt. Variante eins sieht die Einlagerung des Archivs bei einem Logistikunternehmen vor, die etwa vier Jahre dauern soll. Die Kosten werden auf 500.000 Euro geschätzt. Einen geeigneten Standort für die Zeit danach können derzeit weder der Lenkungskreis noch die Verwaltung nennen.

Variante zwei ist ein Umzug in andere Räume am bisherigen Standort Wiehenweg. 270.000 Euro soll die Umlagerung kosten, wobei sich gleichzeitig die Baukosten für den Neubau der Stadtschule um rund 235.000 Euro erhöhen, da die vom Archiv genutzte Fläche ersetzt werden muss. Beide Varianten kosten demnach jeweils 500.000 Euro, wobei sich das Gebäudemanagement uneingeschränkt für Variante zwei ausspricht.

Für Jürgen Brockmann (FDP) ist die komplette Beschlussvorlage inakzeptabel. "Erst 2006 haben wir 250.000 Euro in das Stadtarchiv investiert. Was waren die Alternativen, die der Lenkungskreis diskutiert hat? Wir brauchen hier mehr Transparenz." Die im Beschlussvorschlag enthaltene Möglichkeit, das Archiv an einem Ort weit außerhalb von Lübbecke unterzubringen, sei "keine Alternative", sagte Brockmann. Den offenbar zeitlichen Druck hinter der Beschlussvorlage konnte Brockmann nicht nachvollziehen. "Das Archiv muss nicht abgerissen werden, um den Neubau zu beginnen."

Auch Karl-Hermann Blaue (WL) meldete einen "nicht befriedigenden Informationsstand" seiner Fraktion an. Burghard Grote (Bündnis 90/ Die Grünen) stimmte der FDP "ausnahmsweise komplett zu " und beantragte, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. Auch die CDU konnte sich nicht für die Verwaltungsvorlage erwärmen.

Als auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Arnold Oevermann weiteren Beratungsbedarf sah, unterbrach Bürgermeister Witte die Sitzung und zog sich mit seinen Leuten in die einstige Kantine nebenan zurück. "Ich gehe den Vorschlag gerne mit, den Punkt in den Rat zu verschieben", sagte er nach der Rückkehr, sah sich jedoch sofort der Kritik von Bernd Sasse-Westermann (LK) ausgesetzt: "Der Rat tagt schon nächste Woche, und es gibt umfangreichen Beratungsbedarf. Da bleibt nicht genügend Zeit. Was hilft es der Verwaltung, wenn wir im Rat dagegen stimmen?"

Doch Bürgermeister Witte hielt daran fest, den Punkt nur bis zur Ratssitzung am kommenden Donnerstag zu vertagen. "Wir haben Konsens, dass wir heute keinen Beschluss fassen", sagte Witte.

Die Vorlage der Verwaltung basiert auf den Empfehlungen des Lenkungskreises, der aus Vertretern von Politik, Verwaltung, Schule sowie technischen und juristischen Fachleuten besteht. In einer Sitzung des Bildungsausschusses Ende Juni 2012 meldete Rüdiger Schulz (CDU) Zweifel an, ob der Lenkungskreis mit den zugedachten Aufgaben nicht "überfordert" sei, was die Verwaltung verneinte.

In der damaligen Abstimmung zum Standort der Sekundarschule hatten die Vertreter der FDP und der WL gegen den Wiehenweg gestimmt, Rüdiger Schulz hatte sich enthalten.