So auch Königin Nummer 76, die Blase vorsichtig in der Hand hält. "Sie ist ein junges Mädchen - sehr scheu", sagt Blase lächelnd und beobachtet die junge Königin. Das gelbe Farbplättchen auf ihrem Rückenpanzer fällt auf. "Es gibt fünf Jahresfarben: weiß, gelb, rot, grün, blau." Die Jahresfarben sind international einheitlich und wiederholen sich alle fünf Jahre in dieser Reihenfolge. Gelb steht für 2012. Dank der Plättchen können die Imker nicht nur das Alter der Königinnen bestimmen, sie identifizieren sie auch schneller innerhalb des Bienenstocks.
Auf seinem Daumennagel hat Blase ebenfalls einen kleinen gelben Fleck. "Ich teste einen neuen Kleber." Der müsse auf dem Bienenkörper auch bei Nässe halten. "Wenn ich sehe, das der Kleber auf meinem Nagel beim Händewaschen nicht hält, ist er auch für die Bienen ungeeignet."
Viel Einsatz für die Königinnen. Die mit der Nummer 76 dreht sich jetzt wieder um und geht zurück in den Wickler. "Sie mag den fremden Geruch nicht und fühlt sich deshalb in dem Wickler wohler." Blase hängt den Wickler zurück und zeigt eine Honigwabe. Sie ist erst zur Hälfte bedeckt. "Ist die Wabe komplett eingedeckelt, können bis zu vier Pfund reifer Honig daran sein." Dann entfernt er gemeinsam mit seiner Frau mit der Entdeckelungsgabel den Wachsdeckel, der dann in einer Honigschleuder geschleudert wird.
Ortswechsel: Friedhelm Blase sitzt in seinem Wintergarten. Vor sich liegen ein gelber Ordner mit Informationen rund um die Imkerei und die Bienen sowie ein Fachmagazin. "Honigbienen bestäuben 76 Prozent aller Pflanzen, Hummeln nur sieben Prozent und Fliegen drei Prozent", sagt er. "Bienen verbessern darum durch die Bestäubung die Erträge der Landwirtschaft erheblich."
Blase ist nicht nur Imker aus Leidenschaft und Vorsitzender des Lübbecker Imkervereins sowie des Kreis-Imkervereins. Er ist auch Bienensachverständiger. In dieser Rolle handelt er im staatlichen Auftrag und unterstützt das Veterinäramt bei der Feststellung und Bekämpfung von Bienenkrankheiten und -seuchen. "Die amerikanische Faulbrut ist eine meldepflichtige bakterielle Krankheit." Dabei zersetze sich die Brut. Bei der Varroatose zerfressen Milben die Brut.
Seit 1979 hängt sein Herz an den Bienen. Was einen Imker ausmacht? "Ein Imker ist ein naturverbundener Mensch", sagt Blase, der mit seiner Frau einen Gemüsegarten direkt am Haus betreibt. Sein Imker-Motto: "Alles von den Bienen, alles für die Bienen." Die Imkerei sei ein Hobby, das viel Freizeit in Anspruch nehme, für das man aber kein Geld mitbringen müsse. Es komme sogar Geld herein. Es klingelt an der Haustür, eine Kundin will ein Glas Honig kaufen. Für den Fall, dass das Ehepaar Blase nicht Zuhause ist, hängt ein Holz-Kasten vor der Haustür. Diesem können die Kunden ein Glas Honig entnehmen und Geld dalassen.
"Auch im Winter gibt es immer was zu tun." Dann schmilzt Blase die Waben aus und liest Fachbücher, um sich weiterzubilden. "Als Imker lernt man nie aus." Die Bienen seien ein Stück Natur, das sich nicht beeinflussen lasse.
Ob 2012 ein gutes Bienenjahr ist? "Das kann ich erst sagen, wenn es vorbei ist", antwortet er schmunzelnd. "Bis jetzt war es aber zu kalt." Bienen setzen den Honig bei 18 Grad Celsius ein. "Der erste Honig ist zwar im Kasten, aber das Ergebnis lässt zu wünschen übrig."