Rahden-Wehe. Die Pflege der Nachbarschaft wird im Weher Ortsteil Groß Barl groß geschrieben. Und aus dieser nachbarschaftlichen Verbundenheit heraus ist jetzt ein Geschäftsmodell entstanden. Elf Personen haben eine Genossenschaft gegründet, die Nahwärme Barl eG.
In Ludewigs Landhaus trafen sich die Hausbesitzer zur Gründungsversammlung, um anschließend die erste Generalversammlung der neuen Genossenschaft abzuhalten. Geschäftspartner der Nahwärme Barl eG ist die Barler Energie GmbH & Co KG, die eine Biogasanlage betreibt. Da aus dieser Biogasanlage ein Blockheizkraftwerk (BHKW) in der Nähe der "Groß Barler" gespeist wird, lag es für die Anlieger auf der Hand, diese Energiequelle als "Wärmespender" für die recht nahe beieinanderliegenden zehn Häuser zu nutzen. Für die an der Fernwärme Interessierten stellte sich die Frage, wie die aufwändige technische Installation mit dem gewünschten finanziellen Vorteil in Einklang zu bringen sei.
Schließlich sind 1.150 Meter an Rohrleitungen zu verlegen, Hausanschlüsse zu tätigen und müssen die erforderlichen neuen Wärmetauscher an die vorhandenen, teilweise älteren Heizungsanlagen angepasst werden.
Nach einjährigen, intensiven Überlegungen, so Versammlungsleiter Dieter Speckmann, sei der Entschluss gefallen, eine Genossenschaft zu gründen. Friedrich Schepsmeier, der maßgeblich an der Realisierung des Projektes beteiligt ist, hob während der Gründungsversammlung die Vorteile der Genossenschaft gegenüber der zunächst favorisierten GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) hervor.
Man sei flexibler, es gebe die Möglichkeit der Rückerstattung und die Mitglieder haften nur mit ihrer Einlage. Laut Satzung der Nahwärme Barl eG beteiligt sich jedes Mitglied mit 20 Geschäftsanteilen an der Genossenschaft, die das komplette Nahwärmenetz in eigener Regie errichtet. Den Zuschuss der KfW-Bank eingerechnet, werden die Baukosten in zehn Jahren getilgt sein.
Abgesehen von der Einmalzahlung für Geschäftsanteile beginnt für die "Genossen" laut Businessplan, wie ihn Schepsmeier darstellte, bereits mit der Nahwärme-Heizperiode ab kommenden Herbst der finanzielle Gewinn.
Bei einem derzeitigen Verbrauch von etwa 40.000 Litern Heizöl in den zehn Häusern, die zurzeit etwa 30.000 Euro erfordern, sei eine deutliche Kostenersparnis durch das neue System realistisch. Zu diesen prognostizierten Einsparungen trage auch die Tatsache bei, dass die im Sommer nicht benötigte Energie für das Trocknen von Holzhackschnitzeln Verwendung finde. Mit diesem Schnitzelgut könne wiederum ein weiteres BHKW betrieben werden. Schepsmeier: "Das ist fast wie ein Marshall-Plan für Wehe".
Schon ab dem Jahr 2020, so Schepsmeier, sei das Ziel erreicht, auf Dauer bezahlbare Raumwärme vorhalten zu können. "Wir haben dann nicht nur etwas für die Umwelt getan, den Geldbeutel geschont und die Nachbarschaft gefestigt, vielleicht können wir dann auch schon neue Pläne schmieden", sagte er.
Daran kann sich jeder Interessierte beteiligen, wenn er laut Satzung die Beitrittserklärung unterschreibt, den Anforderungen des Genossenschaftsgesetzes entspricht und die Zulassung der Generalversammlung erhält. Um diese Bedingungen zu erfüllen, sind allerdings Hürden eingebaut: Zugelassen werden können nur Mitglieder, die ihren Sitz, Geschäftsstelle, Wohnsitz oder Arbeitsstelle im Ortsteil Wehe der Stadt Rahden haben. "Wir wollen keine Überfremdung", waren sich die "Genossen" einig.