RAHDEN

Verborgenes Kleinod

Kirchengemeinde öffnet erstmals das alte Rahdener Kantoren-Haus

Pfarrer Stefan Thünemann und die Presbyterinnen Maike Griepenstroh und Brunhilde Meier befassen sich mit dem früheren Kantorenhaus. An Ort und Stelle an der Langen Straße betrachten sie einen Grundriss des Hauses, dessen Fassade von Bäumen gesäumt wird. | © FOTO: JOERN SPREEN-LEDEBUR

08.09.2011 | 08.09.2011, 11:00

Rahden. Seit einigen Jahren steht es leer. Die Türen sind verschlossen, in der Regel ist das markante Gebäude an der Langen Straße in Rahden nicht zugänglich. Anlässlich des Tages des offenen Denkmals am kommenden Sonntag, 11. September, ist das anders. Dann haben Bürger die Gelegenheit, das frühere Rahdener Kantoren-Haus zu besichtigen – zum ersten und vielleicht auch einzigen Mal.

Niedrig sind die Räume, die Decke ruht auf Balken. In einem Raum ist noch zu erkennen, dass hier wohl mal ein alter "Kanonenofen" stand. In einem anderen Raum ist noch eine alte Wasserpumpe zu sehen, die im 19. Jahrhundert üblich war in vielen Häusern. Von Handwerkskunst künden die Fensterrahmen, durch die die früheren Bewohner vielleicht schon vor gut 100 Jahren ins Freie blickten.

Seit einigen Jahren steht das ehemalige Kantoren-Haus an der Langen Straße leer. Immer wieder habe es den Wunsch von Bürgern gegeben, den Fachwerkbau aus dem 19. Jahrhundert doch mal zu besichtigen. Dem kommt die evangelische Kirchengemeinde zum Tag des offenen Denkmals entgegen.

Am Sonntag, 11. September, ist das Kantoren-Haus von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Auf der Deele werden die Rahdener Landfrauen um Irma Meyer Kaffee und Topfkuchen anbieten. Der CVJM kümmert sich um die Ausleuchtung der Räume, denn das leer stehende Haus ist von der Stromversorgung "abgeklemmt". Führungen sind um 14.30 und um 16 Uhr geplant; diese übernimmt Magdalene Kottenbrink. Zeitgleich kann auch der Turm von St. Johannis besichtigt werden. Besucher hätten damit die Möglichkeit, beide Gebäude zu besichtigen, so Pfarrer Stefan Thünemann.

Das Haus Lange Straße 17 wurde 1810 von der Kirchengemeinde als Kantoren- oder Organistenhaus genutzt. Hier wohnte ursprünglich der Organist und Lehrer der zweiten Klasse der Rahdener Schule, erklärten Pfarrer Stefan Thünemann und die Presbyterinnen Brunhilde Meier und Meike Griepenstroh. Es handelt sich um ein Zweiständer-Ackerbürgerhaus, bei dem neben dem rückwärtigen Teil auch das linke Seitenschiff zu Wohnzwecken umgebaut worden ist. Gut zu erkennen ist noch, dass das Haus früher auch mal landwirtschaftlich genutzt wurde – kleine Stallungen für Tiere sind erhalten. Seit Mitte der 1980er Jahre steht das Haus unter Denkmalschutz. Es sei bedeutend für die Geschichte der Menschen und der Ortschaft. Ein ähnliches Ackerbürgerhaus sei so kaum noch in Rahden zu finden.

Die Besichtigung des Kantoren-Hauses ist zum ersten Mal möglich – und vielleicht auch zum letzten Mal, so Thünemann. Die Kirchengemeinde habe keinerlei Ideen, was mit dem Gebäude geschehen könne. Benötigt wird es nicht mehr – ebenso wie die Pfarrhäuser an der Wehme und am Brullfeld. Die aber haben mittlerweile eine neue Nutzung gefunden. Im früheren Pfarrhaus am Brullfeld wurden Sozialwohnungen geschaffen, das alte Pfarrhaus in der Wehme ist mittlerweile Bestandteil des Pflegezentrums St. Johannis.

Was aber mit dem alten Kantoren-Haus passiert, das ist offen. Das etwas passieren müsse, das sei dem Presbyterium klar, betonten Thünemann, Meier und Griepenstroh. Auch bestehe Handlungsbedarf.

Die Gemeinde sei ähnlich wie bei den beiden alten Pfarrhäusern auf Investoren angewiesen. Am liebsten wäre der Kirchengemeinde offenbar eine gemeinwesen-orientierte Nutzung. Das aber ist nach Einschätzung Thünemanns schwieriger geworden, denn Einrichtungen wie das Diakonische Werk seien heute anders aufgestellt als noch vor zehn Jahren. Erschwerend komme hinzu, dass das Haus stark sanierungsbedürftig sei.

Brunhilde Meier und Meike Griepenstroh hätten im Presbyterium das Thema "Kantoren-Haus" immer wieder angesprochen, so Thünemann. Alle wollten den Erhalt, doch sei die Sanierung aufwändig. So müsse beispielsweise das Ständerwerk in Teilen erneuert werden. In den Geltungsbereich der Innenstadt-Sanierung gehöre es aber nicht mehr.
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Im insgesamt gut 50 Meter hohen Turm der St.-Johannis-Kirche können die Gäste am Sonntag bis zu den Glocken empor steigen. Die Gemeinde plant derzeit für die Sanierung des Turmhelmes (die NW berichtete). Hier muss die Dacheindeckung stellenweise erneuert werden. Zwei Studentinnen aus Bamberg kämen Ende September für zwei Monate nach Rahden dort wollen sie nach Angaben Thünemanns ihre Magisterarbeit für die Konstruktion des Turmes schreiben.