KREIS MINDEN-LÜBBECKE

Für jeden Wertstoff offen

Kunststoff- und Metallsammlung wird in 2.000 Haushalten getestet / Espelkamp und Minden mit dabei

Ausgediente Töpfe, defektes Spielzeug oder ein altes Sieb sind kein Müll, sondern Wertstoffe. Damit sie wiederverwertet werden können, werden sie in Zukunft separat gesammelt. | © FOTO: DPA

31.08.2011 | 31.08.2011, 11:00

Kreis Minden-Lübbecke. Der Joghurtbecher und sein Aludeckel gehören in den gelben Sack, der löchrige Plastikeimer und der alte Kochtopf aus Aluminium nicht. Seit es das Duale System gibt, das Verpackungen getrennt sammelt, fragt sich der Verbraucher, warum gleiches Material nicht auf gleichem Weg entsorgt wird. Nach 20 Jahren grüner Punkt soll jetzt Abhilfe geschaffen werden und zwar per der Wertstofftonne. Zunächst in einem kreisweiten Modellversuch, an dem jeweils 1.000 Haushalte aus Espelkamp und Minden teilnehmen. Start ist voraussichtlich am 1. November.

Alte Bratpfannen, ausgediente Plastikenten oder kaputte Werkzeuge landen entweder – falsch! – im gelben Sack (als so genannte Fehlwürfe) oder – richtig! – im Restmüll. Bisher wird wertvolles Material, das wiederverwertet werden könnte, tonnenweise verbrannt oder deponiert. Das soll sich in Zukunft ändern, wobei die wenig einleuchtende Trennung von Plastik-Verpackung und -Nichtverpackung aufgehoben wird, die viele Verbraucher ohnehin ignorierten.

Das Bundeskabinett hat den Weg frei gemacht für die flächendeckende Einführung von Wertstofftonnen in den Haushalten, um knapper werdende Rohstoffe wirkungsvoller recyclen zu können. Bis 2015 soll die Wertstofftonne vor jedem Haus stehen, in einzelnen Städten laufen bereits Versuche. In zwei Monaten auch im Mühlenkreis. Der Betriebsausschuss des Abfallentsorgungsbetriebs des Kreises Minden-Lübbecke (AML) hat einstimmig beschlossen, einen Modellversuch zu starten und zwar in zwei Varianten:

In Minden wird eine neue, weitere Tonne eingeführt (Foto). Sie ist grau mit orangefarbenem Deckel und heißt deshalb O-Tonne. In ihr sammeln die 1.000 ausgewählten Haushalte die Wertstoffe. Auch die gelben Säcke für die Leichtverpackungen können über die O-Tonne beseitigt werden.

Variante 2 gilt für Espelkamp und die grüne Tonne, in der bereits Altpapier und Verpackungen gesammelt werden. Während der Versuchsphase werden Metalle und Kunststoffe zusätzlich in dieser grünen Tonne abgeholt. Die Abfuhr soll wie bisher erfolgen.

Gut ein Jahr lang, bis zum 31. Dezember 2012, steht der Müll dieser Testhaushalte dann unter besonderer Beobachtung des Instituts für Abfall, Abwasser und Infrastruktur (INFA) aus Ahlen. Die zentralen Fragen bei dessen Analyse: Wie viel Prozent des Restmülls verschwinden, wenn die Wertstoffe aussortiert werden? Und wie viel bleibt übrig für die kreiseigene Müllaufbereitungsanlage in der Pohlschen Heide? Je weniger Restmüll im Entsorgungszentrum Pohlsche Heide entsorgt wird, desto weniger sind die dortigen Anlagen ausgelastet. Das könnte steigende Gebühren für die Bürger bedeuten, erfuhr der Betriebsausschuss von Gabriele Becker (INFA).

Auch nach dem neuen Gesetzesentwurf werden die Kommunen für den Abfall der Privathaushalte zuständig bleiben. Aber gewerblich sammeln dürfen auch private Unternehmen. So zum Beispiel die Verpackungen mit dem grünen Punkt, die schon jetzt von privaten Anbietern wie der Firma Tönsmeier aus Porta Westfalica abgeholt werden.

Wie die Verteilung aussehen wird, wenn eine Wertstofftonne endgültig hinzukommt, ist noch unklar. Kreis-Dezernent Jürgen Striet: "Ich gehe davon aus, dass es einen Kampf um die Abfälle geben wird. Man muss sich dem Wettbewerb stellen oder sich zurückziehen."

Friedrich Klanke (CDU) gab im Betriebsausschuss zu bedenken, dass es zu keiner "Rosinenpickerei durch private Entsorger" kommen dürfe, da ansonsten Gebühren zwangsläufig erhöht werden müssten.

Zusätzliche Schwierigkeiten machen die Unterschiede der Entsorgungssysteme. Fast jede Stadt hat ihr eigenes Verfahren. Deshalb gibt es den Modellversuch mit zwei Varianten. Er soll kostenneutral für die Bürger sein. An dem Pilotprojekt beteiligt sind neben INFA, den Städten und den Firmen Tönsmeier und GVOA die Verbraucherzentrale Minden und AML.

Ausschuss auf Tour

Der Betriebsausschuss des Abfallentsorgungsbetriebs Minden-Lübbecke (AML) besichtigt am Dienstag, 6. September, die Sortieranlage für die Wertstofftonne in der Abfallanlage Kolenfeld des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Region Hannover.

Hannover ist im Oktober 2010 mit dem Pilotprojekt O-Tonne gestartet. Es erstreckt sich auf die Kommunen Uetze, Burgdorf, Lehrte, Burgwedel, Isernhagen, Wedemark, Sehnde, Springe, Barsinghausen, Wennigsen und Wunstorf. Insgesamt 320.000 Einwohner sind betroffen – so viele, wie auch im Mühlenkreis leben.

Im Raum Hannover dürfen in die O-Tonne Metalle, Kunststoffe, Textilien und Elektro-Kleingeräte (Handys). Zusätzlich können Bürger ihre gelben Säcke über die O-Tonne entsorgen. Die Erlöse aus dem Verkauf der Wertstoffe fließen direkt in die Gebühren ein. (kor)