Lärm und Gewalt in der Lübbecker Kneipenmeile: War die ausgeweitete Sperrstunde rechtens?

Lübbecke. Ruhestörungen, Randale, Schlägereien – insbesondere im Sommer 2021 kam es in der Lübbecker Kneipenmeile, der Niedernstraße, immer wieder zu Einsätzen von Ordnungsamt und Polizei. Die Folge: Für die Bar Liquid von Vassilios Panoutsos wurde die Sperrzeit um zwei Stunden ausgeweitet und galt seitdem von 3 bis 6 Uhr. Diese Anordnung habe ihn in die Pleite getrieben. Zudem sei er für viele dieser Vorfälle zu Unrecht verantwortlich gemacht worden. Das wollte der Lübbecker nicht auf sich sitzen lassen und ging gegen die behördlich angeordnete Ausweitung der Sperrstunde vor Gericht. Eineinhalb Stunden argumentierten der Lübbecker Gastronom, die beiden Vertreter der Stadt Lübbecke und ein Zeuge – ein früherer leitender Polizeibeamter in Lübbecke. Dann fragte der Vorsitzende Richter des Verwaltungsgerichts Minden Panoutsos, ob er auf einer Entscheidung der mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzten Kammer bestehe. Nach kurzer Beratung mit seiner Anwältin bejahte der Gastronom, der das Liquid Anfang November vergangenen Jahres schließen musste, die Frage. &bdquo;Die Stigmatisierung kränkt Sie“, so der Vorsitzende Richter, was Panoutsos bestätigte. Gerade bei Nachtschwärmern beliebt Entscheidend war für Panoutsos, das betonte er immer wieder und dafür zeigte das Gericht auch Verständnis, folgende Frage: &bdquo;Wann endet meine Verantwortung?“. Klar wurde im Verlauf der Sitzung, dass dem Betreiber der offenbar gerade bei Nachtschwärmern beliebten Bar Gäste fehlten, nachdem die Stadt Lübbecke auf Empfehlung der Polizei im September 2021 die Sperrstunde für das Liquid von fünf auf drei Uhr vorverlegt hatte. Das sei ein &bdquo;radikaler Einschnitt“ gewesen. Sein Monatsumsatz, den Panoutsos mit 4.000 bis 5.000 Euro angab, sei auf 1.200 Euro zurückgegangen. Dabei habe er allein an die Brauerei mehrere tausend Euro Pacht zahlen müssen. Mit der Brauerei sei er sich einig geworden, berichtete der Gastronom. Gleichwohl habe er die finanziellen Einbrüche nur für bestimmte Zeit überbrücken können und die Bar schließlich verschuldet aufgeben müssen. Das wolle er nicht einfach hinnehmen, zumal er angeboten habe, an einem Kompromiss oder einer Lösung mitzuarbeiten. Darauf sei die Stadt Lübbecke aber nicht eingegangen. Polizist sagt als Zeuge aus Es gehe gar nicht darum, ob oder was Panoutsos eventuell falsch gemacht habe, betonten mehrere Richter. Die ausgeweitete Sperrstunde habe sich nicht gegen die Person Panoutsos gerichtet, sondern der &bdquo;Gefahrenabwehr“ gedient. Die Maßnahme sei vergleichsweise &bdquo;mild und effektiv“ gewesen und habe schnell Erfolg gezeigt. Der Lübbecker Polizist, der als Zeuge aussagte, bestätigte diese Aussagen. Und er sagte, was aus Sicht der Polizei seinerzeit das größte Problem darstellte: Das Liquid hat demnach eine &bdquo;Problemklientel aus dem ganzen Kreisgebiet angezogen“. Panoutsos zufolge gingen die Hauptprobleme von einer kleinen Gruppe von Personen aus, von denen inzwischen mehrere im Gefängnis säßen. Andere seien von ihren Familien weggeschickt worden, damit nicht auch sie in Haft kämen. Insbesondere von einem Mann war mehrfach die Rede. Dieser sei, wenn er unter Kokaineinfluss gestanden habe, &bdquo;gefährlich“ gewesen, schilderte der Gastronom seine Eindrücke und stritt sich mit dem Zeugen darüber, ob dieser Mann im Liquid oder woanders festgenommen worden sei. &bdquo;Problemklientel aus dem Kreisgebiet“ Bei den Zuhörern entstand im Verlauf der Gerichtsverhandlung der Eindruck, dass der Zeuge bei der Entscheidungsfindung eine maßgebliche Rolle spielte. Er widersprach in diversen Punkten der Darstellung des Gastronomen und verdeutlichte, dass in anderen Gaststätten wie Kunstwerk, Backstube, Kamin und Shisha Bar ein anderes Publikum verkehre und die Vielzahl an Problemen immer wieder in Verbindung mit dem Liquid entstanden seien: &bdquo;Auch wenn ich Vermischungen nicht ausschließen kann.“ Panoutsos Ausführungen zufolge ist ihm die Wiederherstellung seines guten Rufs auch deshalb wichtig, weil er überlege, eventuell einen neuen Betrieb zu eröffnen. Die Frage des Vorsitzenden Richters an die Vertreter der Stadt Lübbecke, ob für Panoutsos dann gleich wieder eine verlängerte Sperrzeit gelte, verneinten diese: &bdquo;Wir würden ihn genauso behandeln, wie jeden anderen“, hieß es. Im Übrigen seien die zurückliegenden Vorkommnisse aus Sicht der Stadt &bdquo;abgeschlossen“. Dies gilt auch für das Verwaltungsgericht Minden. Die Kammer hat entschieden, Panoutsos’ Klage abzuweisen. Die Ausweitung der Sperrstunde durch die Stadt Lübbecke sei rechtens gewesen.

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