So hat ein Teilnehmer aus Lübbecke die Special Olympics erlebt

Lübbecke/Berlin. Benjamin Estermann, Birthe Klumpe und Patsy Hull sitzen in der gemütlich eingerichteten Lounge im Lübbecker Tanzstudio. Leichte Tanzmusik erfüllt den Raum und die benachbarten Tanzsäle. Alle sind von den Erlebnissen, die sie bei den Special Olympics hatten, noch ganz berührt. Estermann, er ist selbst Rollstuhlfahrer und begeisterter Tänzer, war mit seiner Tanzpartnerin Birthe Klumpe Teil der 110-köpfigen inklusiven Theatergruppe der Patsy & Michael Hull Foundation, die während der Spiele Auftritte auf der großen Bühne vor dem Brandenburger Tor und auch am Neptun-Brunnen auf dem Alexander-Platz hatte. Sie tanzten eine vielseitige Choreographie zum Thema Menschenrechte beim gemeinsamen Tanzprojekt &bdquo;Your Generation“. Ihre Augen glänzen, wenn sie von den Tagen in der Bundeshauptstadt erzählen und von den Erfolgen, die sie damit hatten. "Wir waren der Super-Bowl der Spiele" &bdquo;Wir waren der Super-Bowl der Spiele. Das hat man uns auch immer wieder gesagt“, sagt Benjamin. Der 35-Jährige hat mit einem Aktiv-Rollstuhl getanzt, der vom Lübbecker Rotarier-Club und seiner Mutter gesponsert worden war. Er wird dabei von Tänzerin Birthe &bdquo;geführt“. Mit Hip Hop und Disco-Fox überzeugten sie zusammen mit den 108 anderen das Berliner Publikum. Benjamin Estermann kann mit seiner Achillessehnen-Verlängerung nicht so tanzen wie ein Mensch ohne diese Beeinträchtigung. &bdquo;Ich habe seit meiner Geburt ein Ventil im Kopf, das damals das überschüssige Wasser abgeführt hat“, erzählt er freimütig. Wie diese Krankheit genau heißt, weiß er nicht. Aber das ist auch nicht wichtig. Er hat damit und mit den Beeinträchtigungen zu leben gelernt. Er kann zwar laufen und sich auch normal ohne Rollstuhl fortbewegen, aber tanzen kann er nur mit dem Hilfsmittel. &bdquo;Das sieht dann auch richtig gut und sogar ästhetisch aus“, sagt er. So hat er, ebenso wie Birthe Klumpe, auch sofort &bdquo;Hier“ gerufen, als Tanzschulleiterin Patsy Hull und ihre Foundation zum Mitmachen in Berlin aufgerufen hatte. Monatelang an jedem Wochenende geprobt Monatelang haben sie dafür an jedem Wochenende in Emsdetten mit einer Partner-Tanzschule geprobt. Samstag und Sonntag jeweils sechs Stunden lang und länger. Und das, obwohl sowohl Benjamin als auch Birthe – unter Tänzern duzt man sich übrigens – richtige Berufe haben. Sie ist Buchhalterin in einem heimischen Unternehmen und er arbeitet als Zentralist bei den Lübbecker Werkstätten, ein Unternehmen der Lebenshilfe. Doch das Tanzen beansprucht inzwischen ihre gesamte Freizeit.Die Anstrengungen im Vorfeld und auch die nicht weniger anstrengenden Tage bei den Special Olympics haben sie auf keinen Fall bereut. Im Gegenteil. &bdquo;Wir machen sofort wieder mit, wenn jetzt beispielsweise ein neuer Aufruf erfolgen sollte, vielleicht für die Winterspiele“, sind sie sich einig. &bdquo;Wir machen sofort wieder mit!" Der Auftritt vor dem Brandenburger Tor hat einen besonders nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Man habe sich gefühlt wie in einer großen Familie, sicher aufgehoben und getragen von allen, erklärt Estermann. Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen machten hier mit, was dazu führte, dass man ganz besonders aufeinander aufpasste. Bei demjenigen, der blind ist, seien die anderen die Augen, wer nicht gehen könne, der werde getragen. &bdquo;Das ist ein ganz besonderes Gefühl.“ Niemand brauche Angst haben zu versagen oder davor, es nicht zu schaffen. &bdquo;Man kann auch einfach nur dabei sein und genießen“, so Benjamin Elstermann. Schon jetzt, nur ein paar Tage nach den Spielen in Berlin, vermisse er &bdquo;seine“ Familie. Ähnlich ergeht es auch Birthe Klumpe, die mitmacht, weil es ihr viele neue Erlebnisse verschafft, ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das man so nicht kennt und auch &bdquo;viel menschliche Wärme und Zuneigung“. &bdquo;Du siehst das Leben mit anderen Augen und erlebst Dinge, die man ansonsten nicht erlebt“, gibt sie im NW-Gespräch zu.Beispielhaft wird das an einem Teilnehmer deutlich, der das Down-Syndrom hat, berichtet Benjamin Elstermann. Er sollte auch in Berlin mitmachen und habe sich tierisch darauf gefreut, bis er sich aus Unachtsamkeit den Arm brach. Obwohl die Krankschreibung abgelaufen war, hatte ihm sein Arbeitgeber nicht erlaubt mitzufahren. &bdquo;Doch damit muss man rechnen und damit müssen wir leben, wir wollen ja wie alle anderen auch gleich behandelt werden und keinen Bonus haben“, so Benjamin Estermann. Ein anderes Beispiel war das einer Teilnehmerin, die sich bei der Probe am Samstagmorgen für einen Auftritt am Sonntagmorgen aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung die Füße verbrannt hatte. Diese seien dann zwar mit Eis gekühlt worden, hätten sich aber auch infiziert. Trotzdem habe sie am nächsten Tag mitgetanzt. Niemand habe sie davon abbringen können. Berliner Publikum sei richtig mitgegangen Toll fanden beide das Berliner Publikum. Es sei richtig mitgegangen bei den Special Olympics. &bdquo;Die sind ja richtig gut“, hatte Benjamin Elstermann einen Journalisten sagen hören, der die Spiele begleitete. &bdquo;Das ist für uns doch das höchste Lob, das man sich denken kann“, freut er sich. Nicht so gut fanden sie eine U-Bahn-Station in der Nähe ihres Quartiers, die zwar drei Eingänge hatte, aber keinen barrierefreien. So mussten sie regelmäßig große Umwege laufen. &bdquo;Bei einer solchen Weltstadt wie Berlin dürfte es das doch nicht mehr geben“, sind sich beide einig.

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