Volles Haus für Bundesvorsitzenden Klingbeil in Lübbecke

Lübbecke. Wer sich vorgenommen hatte, mit dem SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil ins Gespräch zu kommen, der musste Samstagnachmittag in der Lübbecker Stadthalle schon mal etwas länger warten und anstehen. Dicht gedrängt zeigten sich die Reihen um den bekannten Sozialdemokraten. Der war - so etwas ist man bei Prominenten dieses Kalibers eigentlich gar nicht gewöhnt - sogar schon eher in der alten Kreisstadt angereist. Als in der Stadthalle noch Delegierte gewählt wurden, war er schon längst zugegen und hörte sich das Spektakel an. Vor der Halle strömte unterdessen das Parteivolk zusammen, um den Vorsitzenden zu erleben. Darunter auch viele Bürger, die nicht unbedingt das Parteibuch besaßen. So reichten am Schluss die Stühle nicht aus, um alle sitzend unterzubringen. Gut 400 Zuhörer hatte Klingbeil schließlich bei seiner gut halbstündigen Begrüßungsrede. Thema Krankenhaus kein einziges Mal angesprochen Organisator und Kreisgeschäftsführer Ulli Pock freute sich mit seinem Mitarbeiter André Stargardt über den guten Besuch und dass es gelungen sei, dass "in der gut zweieinhalbstündigen Veranstaltung das Thema Krankenhaus und Krankenhausplanung nicht angesprochen wurde." Sowohl SPD-Kreisvorsitzender Michael Buhre wie auch der SPD-Chef - er teilt sich den Vorsitz mit Saskia Esken - konzentrierten sich auf die augenblicklichen Krisen, die nacheinander auch die bundesdeutsche Gesellschaft erschütterten und noch erschüttern. Michael Buhre nennt in seiner kurzen Begrüßung die drei Jahre Pandemie. Es habe "Einschränkung von Freiheiten" gegeben, die man gerade überstanden hatte, da beginne der Krieg in der Ukraine in der Art "der imperialistischen Kriege des 19. Jahrhunderts - einzig und allein von Wladimir Putin entfesselt." In diesem Zusammenhang ärgere ihn nur die "Selbstgerechtigkeit und der Zynismus der Rechten und Linken." Buhre lobte das ehrenamtliche Engagement vieler Menschen, die "hier auch im Saal sitzen". Sie würden dafür in Kommunalparlamenten, Parteien, Vereinen und Institutionen für eine gerechtere Welt für alle Menschen kämpfen". Die SPD übernehme Verantwortung, damit die "Familien ihre Kinder auch noch in den nächsten Tagen und Wochen ernähren können". In Berlin gefeiert, als Ali Dogan Landrat wurde Lars Klingbeil begann seine Rede mit einem kurzen Ausflug in die Kommunalpolitik. Er sprach den gerade gewählten Landrat Ali Dogan direkt an: "Wir haben in Berlin gefeiert, als Du Landrat geworden bist. Das ist ein starkes Signal, das vom Landkreis ausgegangen ist in diesen gar nicht so einfachen Zeiten", wird er deutlich. Klingbeil rechnet vor allem mit der AfD ab: Diese wolle das Land noch mehr in die Knie treiben, um davon zu profitieren. Er nannte die Hilfs- und Kostendämpfungsprogramme, die die Regierung auf den Weg gebracht habe und dafür insgesamt 300 Milliarden Euro in die Hand genommen habe. "Wir haben es auch geschafft, innerhalb von 200 Tagen ein LNG-Terminal zu planen, zu bauen und fertigzustellen". Innerhalb eines Jahres habe man sich unabhängig von russischen Energielieferungen gemacht. Dennoch dürfe man sich "nicht zurücklehnen". Der Klimaschutz dürfe "nicht in Sonntagsreden" besprochen werden, es müssten bestimmte Ziele erreicht werden. Deshalb sei es gut, dass das Heizungsaustauschgesetz auf den Weg gebracht worden sei. Bei den Gebäuden müsse man auf eine Quote von mindestens 65 Prozent regenerativer Heizformen kommen. Dennoch müssten alle mitgenommen werden. Die SPD, so Klingbeil, werde "nicht zulassen, dass die ökologische Frage gegen die soziale ausgespielt wird". Auch ein Verbot der Pellet-Heizung werde es nicht geben. Er habe zwar nicht gefeiert, als das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet wurde, dennoch hält er die Entscheidung, die bereits die Vorgängerregierung getroffen habe, für richtig. Klingbeil: "Atomkraft ist nicht günstiger. Was machen wir mit den Abfällen? Und denken Sie an Fukushima und Tschernobyl." Soziale Errungenschaften der SPD benannt Klingbeil nennt die sozialen Errungenschaften, die es mit der SPD gegeben habe: Erwähnung findet das Bürgergeld, die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro, die Erhöhung des Wohngeldes und den Einstieg in eine Rentenreform. Er macht deutlich, dass es mit der SPD keine Erhöhung des Renteneintrittsalters gebe. Dafür fordert er eine "Grundsicherung für Kinder". "Es ist ein Skandal, dass in einem der reichsten Länder der Welt zweieinhalb Millionen Kinder in Armut leben", sagt der SPD-Vorsitzende. Was den Krieg angehe, gebe es bei den Sozialdemokraten "keine zweite Meinung in der Partei". Sie stehe "klar an der Seite der Ukraine". Einen Frieden gebe es nur am Verhandlungstisch, gibt Klingbeil unumwunden zu. Und spalten lasse sich die SPD nicht. Er fordert ein "starkes Deutschland mit einer starken demokratischen Mitte". Die SPD sei bereit, Ansprechpartner zu sein und stehe als Brückenbauer zur Verfügung, wenn Gräben überwunden werden müssten. "Da müssen wir von der SPD etwas klarstellen" Gerne ging der Parteivorsitzende anschließend auf die Interessierten zu, die Fragen an ihn hatten. Die meisten drehten sich um Themen, die mit der Klimawende zu tun hatten. Das neue vom Habeck-Ministerium erarbeitete Heizungsaustausch-Gesetz verstanden die meisten nicht und forderten nähere Erläuterungen. "Da müssen wir von der SPD einiges klarstellen und deutlich machen", sind sich Klingbeil und Achim Post einig. Beim zweiten Thema, das viele Bürger interessierte, handelte es sich um die Mobilitätswende, auch im Hinblick auf das 49-Euro-Ticket. Gefordert wurden bessere Zugverbindungen und auch ein Ausbau von Bus- und Bahninfrastruktur. Gerne trug sich Lars Klingbeil in das SPD-Buch von Iltraud Block aus Petershagen ein. Seit 1950 hält sie in bislang 18 Büchern alles fest, was sich im Kreis in Sachen SPD ereignet.

Meistgelesen