SPD-Bundespolitiker zu Spritpreisen: „Kartellamt ist ein zahnloser Tiger“

Lübbecker Land. Statt sinkender Benzinpreise ist das Gegenteil der Fall. Der ADAC kritisiert die Öl-Multis und spricht von überteuerten Preise. Aus der Politik mehren sich die Forderungen nach einem härteren Vorgehen des Kartellamtes und dem Abschöpfen von Übergewinnen der Öl-Multis. Dafür tritt auch Achim Post ein, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Minden-Lübbecke und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag. Das Pfingstfest werden die Mineralölkonzerne aus ihrer Sicht in guter Erinnerung behalten. Autofahrer dürften das gegenteilig beurteilen: Am Samstag kletterten die Benzinpreise deutlich. Das war auch im Lübbecker Land nicht anders. Hier gab es allerdings regional Unterschiede. Welche Preisentwicklung es vor Pfingsten gab In Levern etwa kostete der Liter Super am Samstagmittag mit 2,03 Euro gleich zehn Cent mehr als am Abend zuvor. In anderen Orten war der Preissprung nicht ganz so stark, mancherorts außerhalb Leverns blieb der Liter Super unter zwei Euro. Günstiger als etwa Levern war mit 1,92 Euro je Liter Super am Samstagmittag eine Automaten-Tankstelle in Arrenkamp. Zum 1. Juni war mit einem Entlastungspaket des Bundes die Energiesteuer gesenkt worden. Für Super macht das je Liter rund 30 Cent aus. Würde man diese Summe als Beispiel auf den am Samstag in Levern zu zahlenden Preis hinzurechnen, käme man auf 2,339 Euro. Das wäre ein Cent unter dem bisherigen dortigen Höchstwert bei den Benzinpreisen von Ende Februar. Damals allerdings war der Preis für ein 159-Liter-Fass der Nordsee-Ölsorte Brent auf 139 US-Dollar hochgeschnellt. Am Freitagabend kostete ein Fass Brent 119,74 US-Dollar. Zweifel an Einfluss des Kartellamts Autofahrer fühlten sich über Pfingsten einmal mehr hemmungslos abkassiert von den Öl-Multis. Über die Ankündigung des Kartellamtes, genau hinzuschauen und laut Kartellamt-Präsident Andreas Mundt auch &bdquo;unangenehme Fragen“ zu stellen, lachen viele. Die Aussage, Steuersenkungen erst verzögert weitergeben zu können, weil das an den Tankstellen gelagerte Benzin zu einem höheren Steuersatz gekauft wurde, glaubt niemand. Erhöhungen, sagen Autofahrer, würden schließlich sofort weitergegeben – auch wenn das eingelagerte Benzin zu einem günstigeren Preis eingekauft wurde. Verpufft die Wirkung der zeitlich befristeten Senkung der Energiesteuer? &bdquo;Sie verpufft nicht“, sagt SPD-Bundespolitiker Achim Post. &bdquo;Aber sie wird nicht so weitergegeben wie sie müsste.“ Achim Post setzt deshalb auf vier Punkte, damit sich das ändert. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wolle mehr Rechte für das Kartellamt und das finde er gut, betonte Achim Post am Wochenende im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. &bdquo;Bislang ist das Kartellamt ein zahnloser Tiger.“ Politiker will eine "bissige Behörde" Es gebe seit rund zehn Jahren eine Stelle des Kartellamtes, die den Benzinpreis beobachte, aber sonst nicht genug tun könne. &bdquo;Da muss das Wirtschaftsministerium aus den zahnlosen Tiger eine bissige Behörde machen, weil die hohen Preise bleiben werden.“ Ein weiterer wichtiger Punkt für Post ist deshalb die Übergewinnsteuer. Die belastet steuerlich alles, was Konzerne an übernormalen Gewinnen einstreichen. Früher ging das nicht, heute schon: &bdquo;Die EU-Kommission gab dafür im März grünes Licht“, sagte Achim Post. Italien habe sofort reagiert und zehn Prozent Steuer auf Übergewinne angekündigt. Das Vereinigte Königreich habe Ende Mai die Einführung einer Übergewinnsteuer angekündigt, die so genannten &bdquo;Windfall Tax“. Post: &bdquo;Sie wollen sogar 25 Prozent.“ Pendler entlasten und Öl-Konzerne zur Kasse bitten &bdquo;Ich kann mir gut vorstellen, dass wir so eine Steuer auch in Deutschland einführen – und zwar schnell.“ Es gebe zwar eine gewisse Grauzone, aber die aktuellen Zahlen ließen sich mit den Zahlen aus der Vor-Krisen-Zeit vergleichen. Es gebe allerdings einen Nachteil, merkte Post an. &bdquo;Machen wir eine Übergewinn-Steuer, denken wir an die Öl-Multis.“ Aber das betreffe auch die Hersteller von Impfstoffen und Windrädern. &bdquo;Trotzdem muss da was kommen und zwar bald“, sagte Post. Als weiteren Punkt setzt Achim Post auf ein drittes Entlastungspaket – nach dem befristeten Neun-Euro-Ticket und der befristeten Senkung der Energiesteuer in den Monaten Juni, Juli und August. Ein Beispiel sei die Pendlerpauschale. &bdquo;Davon haben auch die Menschen im ländlichen Raum etwas.“ Pauschale schon früher erhöhen Die Erhöhung der Pendler-Pauschale von 35 auf 38 Cent je Kilometer ab dem 21. Kilometer sei von der Koalition von 2024 auf 2022 vorgezogen worden. Vorstellbar sei, dass die höhere Pendlerpauschale an Herbst bereits ab dem ersten Kilometer gezahlt werde, sagte Achim Post. &bdquo;Das wäre auch gerechter, ab dem ersten Kilometer zu zahlen.“ Ein weiterer Punkt ist die Energiepauschale von 300 Euro. Die sollen nach den bisherigen Plänen der Koalition alle 45 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland erhalten. Er sei der Meinung, dass auch die Rentner diese Pauschale erhalten müssten, so SPD-Politiker Achim Post. Welche Runde sich treffen soll Ein weiterer Punkt, den der aus Rahden stammende Bundespolitiker fordert: Politik, Arbeitgeber und Gewerkschafter müssten sich zusammensetzen und eine konzertierte Aktion gegen die hohe Inflation wiederbeleben. Das habe es schon Ende der 1960er Jahre erfolgreich durch die damalige Große Koalition gegeben. Die Inflation sei ja schon vor dem Beginn des Kriegs in der Ukraine hoch gewesen, merkte Achim Post an.

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