Entscheidung: Kinderchirurg sucht seit fünf Jahren einen Nachfolger

Rahden. Herr Mahdi, was machen Sie, wenn ein Kind Angst hat? Ali Mahdi: Wenn ein Kind beispielsweise eine Platzwunde hat, beruhige ich als erstes die Mutter. Wenn sie ruhig ist, ist es das Kind auch. Für die Behandlung muss man sich Zeit nehmen, denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sondern Kinder. Wie alt sind Ihre Patienten? Die Altersspanne liegt zwischen null und 18 Jahren. Gibt es Fälle, die besonders häufig auftreten? Ja, Unfälle aller Art. Das reicht von Wunden über Verbrennungen und Verstauchungen bis hin zu Knochenbrüchen. Zudem nehmen wir auch ambulante Operationen vor. Das kann ein verkürztes Zungenbändchen bei einem Baby sein, das aus diesem Grund nicht richtig trinken kann. Oder ein Leistenbruch, abstehende Ohren oder die Entfernung von auffälligen Leberflecken. Aber ausschließlich alles ambulant. Dann haben Sie auch besonders kleine Instrumente? Ja. Wir verwenden die gleichen feinen Instrumente wie für die Handchirurgie, die wir in unserer Praxis auch ausführen. Ich habe für jeden Eingriff eine Kiste angelegt mit dem jeweils dafür benötigten OP-Besteck. Unser gut 100 Quadratmeter großer OP-Bereich liegt im ersten Stock über der Praxis, sodass wir ungestört operieren können.Gibt es in Ihrer langen Zeit als Kinderchirurg eine Patientin oder einen Patienten, dessen Fall Sie besonders berührt hat? Mich berühren viele Fälle, aber einer ganz besonders. Es war ein 13-jähriges Mädchen, das eine Schwellung am Unterarm hatte. Alles deutete auf eine Sehnenscheidenentzündung hin. Als auch nach vier Monaten mit Gips, Ruhigstellung und Bestrahlung keine Besserung auftrat, habe ich eine Probe entnommen und sie untersuchen lassen. Der Befund ergab, dass es sich um einen der bösartigsten Tumore handelte und das Mädchen höchstens noch sechs Monate zu leben hatte. Sofort kam sie in eine Spezialklinik.Sie haben meiner Tochter das Leben gerettet Ich wurde die ganze Zeit über den Verlauf der langwierigen Behandlung informiert. Nach fünf Jahren galt sie als geheilt. Kurz darauf kam ein Mann mit einer großen jungen hübschen Frau in die Praxis und fragte, ob ich mich an sie erinnern könne. Es dauerte einen Moment, dann erkannte ich die beiden wieder. Der Vater sagte zu mir ,Sie haben meiner Tochter das Leben gerettet'. Das war ein sehr berührender Moment für mich. Eine Besonderheit Ihrer Praxis ist, dass Sie im weiten Umfeld der einzige Kinderchirurg sind? Ja. In ganz Deutschland gibt es nur 80 Praxen, in denen knapp 100 Kinderchirurgen arbeiten. Die meisten davon befinden sich in den großen Metropolen. Unser Einzugsgebiet umfasst über eine Million Einwohner und reicht von Stadthagen bis Diepholz, von Nienburg bis Vlotho und Herford. Die nächsten Kinderchirurgien gibt es in Hannover, Bremen und Osnabrück. Die Mühlenkreiskliniken (MKK) planen einen Neubau, in dem die beiden Häuser aus Lübbecke und Rahden aufgehen sollen. Die Bürger sorgen sich, was dann aus der medizinischen Versorgung in Rahden wird? Wir können ein Krankenhaus nicht ersetzen, aber für eine chirurgische Notversorgung sind wir von Montag bis Freitag da. Vor Kurzem hat auch Stefan Kerst bei uns die Nachfolge von Bassam Al-Saydali angetreten. So sind wir gut aufgestellt. Sie selbst sind seit vielen Jahren als Arzt tätig, haben lange in einer Klinik gearbeitet, bevor Sie nach Rahden kamen. Am 1. Januar hatten Sie jetzt Ihr 25. Jubiläum in der Praxis. Denken Sie auch mal ans Aufhören? (schmunzelnd) Meine Frau sagt, du bleibst dein Leben lang Arzt. Aber im Ernst. Ich suche seit fünf Jahren eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für mich. Es gab auch ein paar Bewerbungen für die Stelle als Kinderchirurg. Die Interessenten kommen jedoch meist aus Großstädten, die sich dann einen Umzug nach Rahden, eine Stadt mit gut 15.000 Einwohnern, leider doch nicht so gut vorstellen können. Aber Sie brauchen doch noch einen weiteren Arzt für die große Praxis? Ja, denn ich bin auch Durchgangsarzt für Kitas, Schulen und Arbeitsunfälle. Das möchten wir auch erhalten, denn der Bedarf ist nicht gering. Wenn es mit einer Kinderchirurgin oder einem Kinderchirurgen nicht klappen solle, könnten wir uns für unsere Praxis auch eine Fachmedizinerin oder einen Fachmediziner mit der Richtung Unfallchirurgie oder Orthopädie vorstellen. Aber bis wir jemanden gefunden haben, mache ich weiter, für die Menschen, die Stadt und die Region.

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