Update: Stille Mehrheit zeigt in der Lübbecker City Gesicht

Lübbecke. Bereits um viertel vor Zehn stand der Parkplatz am unteren Gänsemarkt voller Menschen. Viele hatten Plakate mitgebracht, die sie Zuhause selbst noch kurzfristig beschriftet hatten. Andere waren mit Kerzen und Teelichtern in die Lübbecker City geströmt und gesellten sich dazu. Parallel dazu bildeten sich bereits Gruppen von Bürgern, die sich bereits in der Langen Straße versammelten, auch sie hatten Plakate und Kerzen dabei. Um kurz nach zehn gaben die beiden Hauptorganisatoren von "Lübbecke zeigt Gesicht", Irmgard Schmidt und Michael Hafner das Zeichen für die Bildung einer Menschenkette. Schals bildeten die Verbindung zum Nachbarn Da alle Teilnehmer gut informiert waren und den Appellen der Organisatoren Folge geleistet hatten, konnte das ehrgeizige Vorhaben schnell in die Tat umgesetzt werden. Die mitgebrachten oder umgehängten Schals kamen zum Vorschein und bildeten anschließend die Verbindung zum Nachbarn. So war auf der einen Seite der notwendige Abstand gewährleistet und zum anderen der symbolische Akt vollzogen. Schon nach gut 20 Minuten hatte sich die ersehnte Menschenkette gebildet und zwar - fast durchgängig - sogar in doppelter Form. Sie zog sich vom unteren Gänsemarkt die Lange Straße hinauf bis weit über den Wappenplatz hinauf. Von dort ging es wieder zurück bis fast zum Startpunkt. "So voll haben wir die Lübbecker Innenstadt in den letzten Monaten nur sehr selten gesehen", so ein Lübbecker Geschäftsmann, der sich schnell in ein angeregtes Gespräch mit den Menschen verwickeln ließ, die sich vor seinen Auslagen positioniert hatten. Selbst als die Doppelkette geschlossen war, strömten immer noch mehr Menschen aus den Seitenstraßen der Innenstadt zur Langen Straße, um an dieser Aktion der Bürgerplattform "Lübbecke zeigt Gesicht" teilzunehmen. Enttäuschung über das Fernbleiben des Bürgermeisters Vermisst von vielen Teilnehmern wurde eigentlich nur Lübbeckes Bürgermeister Frank Haberbosch. &bdquo;Wir von der Bürgerplattform sind darüber enttäuscht“, sagt Michael Hafner im Gespräch mit nw.de. Man hätte es gut gefunden, wenn – wie im benachbarten Minden – der Bürgermeister und der Superintendent gemeinsam an der Veranstaltung teilnehmen und auch eine kleine Rede gehalten hätten. Ernst-Wilhelm Rahe und Bianca Winkelmann waren dabei"Wir haben uns sofort dazu entschlossen mitzumachen, als wir den Aufruf in der Zeitung gelesen haben. Es muss doch auch mal klar gemacht werden, dass es auch noch andere Bürger gibt, die etwas zu sagen haben und auf die Straße gehen und nicht nur immer die Impfgegner, Querdenker, Reichsbürger und Anhänger rechten Gedankengutes, so hieß es nur von allen Seiten.Unterstützung gab es von den beiden Landtagsabgeordneten Ernst-Wilhelm Rahe und Bianca Winkelmann, die sich von Anfang an in die Menschenkette einreihten, auch die vier neuen Kandidaten für die anstehende Landtagswahl waren dabei, soweit sie aus dem demokratischen Spektrum unserer Parteienlandschaft kommen. Viele Kommunalpolitiker aus Lübbecke und auch aus den Nachbarkommunen waren ebenfalls nach Lübbecke gekommen, um für die Demokratie Flagge zu zeigen. Ebenfalls von Anfang an dabei war Superintendent Uwe Gryczan, auch viele evangelische Pfarrer waren Teil der Menschenkette. Symbolisches Gedenken an die Corona-Toten Sowohl Polizei wie auch Organisatoren zählten die Teilnehmer und kamen gemeinsam auf gut 400 Menschen, die die Menschenkette bildeten. Am Schluss der Kundgebung bildete sich direkt am Wappenplatz, in Höhe eines Kunstwerks am großen Weihnachtsbaum eine größere Menschenmenge. Irmgard Schmidt und Michael Hafner hatten alle Teilnehmer dazu eingeladen ihre mitgebrachten Teelichter anzuzünden und sie dort auf dem Stein abzulegen."Wir sehen dies als symbolisches Gedenken an die vielen Corona-Toten", so Irmgard Schmidt auf Nachfrage von nw.de. Sie zeigte sich von "ihren Gefühlen angesichts dieser großen Zahl von Teilnehmen überwältigt". Man werde deshalb wieder zuversichtlicher werden und dennoch "am Ball bleiben", was die "Entwicklung am rechten Rand unserer Gesellschaft" angehe, wurde sie deutlich. Dem stimmte auch Michael Hafner zu, der deutlich machte, dass "Lübbecke zeigt Gesicht" weiter machen werde und man "immer ein Auge auf das habe, was sich am rechen Rand zeigt". "Schweigende Mehrheit hat sich deutlich gezeigt" Superintendent Uwe Gryczan freute sich im Gespräch mit nw.de darüber, dass "sich die schweigende Mehrheit nunmehr deutlich gezeigt hat". Ihm liege es persönlich sehr am Herzen als Christ Solidarität zu zeigen. Corona sei für alle Menschen eine schlimme Last. Genau deshalb müsse uns die Gesundheit ganz besonders wichtig sein. Deshalb sei es auch ein Gebot der Nächstenliebe Andere nicht in Gefahr zu bringen. Grüße aus der Nachbarstadt Rahden überbrachte Torsten Kuhlmann an die Lübbecker Bürger, die sich für Demokratie einsetzen. "Wir müssen aufpassen, dass in unserer Gesellschaft nichts schiefgehet. Das, was in Minden mit der Landrätin passiert ist, darf sich nicht noch einmal ereignen." Andere Redner warnten davor, Kinder und Enkel nicht von rechten Kräften instrumentalisieren zu lassen". Der Lübbecker Bürger Rolf Halwe zitierte und wandte sich damit direkt an die sich immer lautstärker gebärdende Minderheit der Gesellschaft: "Die Freiheit des Einzelnen hört da auf, wo die Freiheit des Anderen anfängt."

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