43-Jähriger wegen Einbruchs bei seinen eigenen Eltern verurteilt

Lübbecke/Minden. Die kurzen Blicke, die die Eltern beim Verlassen des Gerichtssaals ihrem auf den Angeklagten-Stuhl sitzenden Sohn gönnten, sprachen Bände. Es war mehr als Enttäuschung, irgendetwas zwischen Mitleid und Verachtung. Der Grund der Verhandlung vor dem Schöffengericht gegen den 43-jährigen drogen- und alkoholsüchtigen Mann ohne festen Wohnsitz war ein Einbruch – ausgerechnet ins Haus seiner Eltern. Das Ehepaar war in jenem Tag im November 2020 bei der Tochter gewesen. Als sie nach Lübbecke zurückkamen, wurden sie mit der Nachricht empfangen, dass wohl jemand in ihr Haus eingebrochen sei. In der Tat fanden sie die Wohnung im Erdgeschoß ziemlich durchwühlt vor. Und sie ahnten wohl, wer da nach Geld oder zu Geld zu machenden Sachen gesucht hatte. Auf 3.960 Euro bezifferten sie den Wert des verschwundenen Schmucks, des Silberbestecks und des Bargelds &bdquo;und meiner Lieblingshandtasche", wie die Frau dem Gericht sagte. 2.880 Euro erstattete ihnen die Versicherung. Schon mehrfach habe der längst an seine Sucht verlorene Sohn das Elternhaus als Möglichkeit zum Geld für den Drogenerwerb gesehen. Sie hatten sich innen entsprechend gesichert. Ob sie den Verdacht gegenüber der Polizei äußerten, wurde in der Gerichtsverhandlung nicht klar. Aber der 43-Jährige wurde schnell als mutmaßlicher Täter ermittelt. Zumal er sich auch beim Einstieg durch die zuvor eingeschlagene Scheibe verletzt hatte. Beim Einstieg durch zuvor eingeschlagene Scheibe verletzt Der von Rechtsanwalt Sinan Bleuß (Minden) verteidigte Angeklagte wurde aus der Haft zum Gericht gebracht, denn er hatte gegen Bewährungsauflagen aus früheren Urteilen verstoßen. Den Einbruch ins Elternhaus räumte er ohne Zögern, aber auch ohne große Erinnerung ein. Er habe an jenem Tag viel getrunken, irgendwann kein Geld mehr gehabt und sich von seinen Eltern &bdquo;zehn Euro für Essen" borgen wollen. &bdquo;Dann bin ich &bdquo;irgendwie durchgedreht" sagte er. Vielmehr wusste er nicht, das mit der Beute &bdquo;müsste so passen". Hinter dieser Tat steckt offenbar eine lange Leidensgeschichte – für die ganze Familie und besonders für den Angeklagten. Er sei &bdquo;von der Gesellschaft nie aufgenommen worden", sagte die Mutter. Die Probleme hätten schon in seiner Jugend angefangen. "Von der Gesellschaft nie aufgenommen worden" Seine kriminelle Karriere begann ausweislich des Bundeszentralregisters 2009 mit einer Verurteilung durch das Amtsgericht Herford wegen Drogenbesitzes – zu einer Geldstrafe. Mit diesem Mittel versuchte man ihn in den meisten der 15 weiteren Verurteilungen auf den Weg in ein drogenfreies Leben zurückzubringen. Was aber nur vier Jahre gelang. 2014 trennte sich seine Freundin von ihm, er verlor die Wohnung und lebt seit fünf Jahren auf der Straße, wie er dem Gericht sagte. Und wurde seit 2014 immer wieder geschnappt, mal wegen Drogenbesitzes, mal wegen Fahrens ohne Führerschein, mal wegen Ladendiebstahls. Die erste Haftstrafe wegen Diebstahls erfolgte 2019. Eine ebenso kurze Haft wie die aus den jetzt mit einzubeziehenden Urteilen des Amtsgerichts Bielefeld. Einmal war ein Stift im Wert von 1,98 Euro seine Beute in einem Laden. &bdquo;Er ist ein anderer Mensch, wenn ihn die Sucht nach Drogen packt", schilderte sein Betreuer die psychische Verfassung des Angeklagten und die Wirkung der Pulver und Pillen, mit denen die eigene Realität betäubt werden soll. Milde Strafe für seinen Mandanten? Der Staatsanwalt konnte sich wegen verminderter Schuldfähigkeit eine Strafrahmenverschiebung – die beginnt im Normalfall bei einem Jahr – vorstellen. Auch spreche sein unumwundenes Geständnis und seine Drogenabhängigkeit für ihn. Gegen ihn aber die Höhe der Beute und dass er sich das Haus der Eltern für den Einbruch ausgesucht hatte. Ein Jahr und sechs Monate Haft hielt der Anklagevertreter für tat- und schuldangemessen. Verteidiger Bleuß bat das Gericht &bdquo;angesichts der massiven Grundproblematik" um eine milde Strafe für seinen Mandanten. Dem folgte das Gericht nicht. In die Haftstrafe ohne Bewährung von einem Jahr und acht Monaten waren zwei vorherige Verurteilungen, für die er bereits einsitzt, einbezogen. Verminderte Schuldfähigkeit ja, aber keine Schuldunfähigkeit, so das Gericht, das zu Beginn noch eine strafverschärfende &bdquo;besondere Schwere der Schuld" für möglich gehalten hatte. Das Urteil hörten sich die Eltern nicht mehr an. Sie hatten den Gerichtssaal sofort nach ihren betont sachlich gehaltenen Aussagen verlassen. Die hätten sie auch verweigern können.

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