Der Lübbecker Meteorologe Föst ist ein Wolkensammler

Lübbecke. Es ist nebelig, um die null Grad und nasskalt. "Traumwetter heute, oder?", fragt Friedrich Föst. Für den 38-jährigen Lübbecker gibt es kein schlechtes Wetter, nur langweiliges. Sonnenschein zum Beispiel. Für einen Tornado kann er sich ebenso begeistern wie für dichte Wolkenformationen. Berufsbedingt. Für die Meteogroup mit Sitz in Berlin sagt Friedrich Föst den Menschen das Wetter voraus. Beim Sturmtief Niklas im Frühjahr 2015 hielt der 38-Jährige die Leser der Neuen Westfälischen ebenso auf dem Laufenden, wie über ein nicht alltägliches Wetterphänomen, das sich im Oktober 2015 am Wiehengebirge zeigte. Föhn! Wenn Friedrich Föst über das Wetter spricht, ist er kaum zu bremsen. Das Thema habe ihn schon als Kind fasziniert. Seine Erklärung: "Ich war ein sehr quengeliges Kind, weshalb mich meine Mutter im Kinderwagen ins Freie schob. Da hatte ich dann Zeit, mir die Wolken anzuschauen." So zumindest sei es der Sage nach, sagt Föst mit einem Schmunzeln. Als Schulanfänger ein Thermometer geschenkt bekommen Als Schulanfänger bekam er sein erstes Thermometer geschenkt, später kam eine kleine Wetterstation dazu. In einem festeingebundenen Notizbuch aus dem "Lübbecker Teetempel" trug er morgens, mittags und abends die gemessenen Temperaturen ein und zog seine Schlüsse daraus. Über Jahre macht er diese Eintragungen. Als Abiturient am Wittekind-Gymnasium war Föst ein gefragter Mitschüler, wenn es darum ging, ob die geplante Party unter freiem Himmel wohl statt finden könne. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. "Täglich werde ich von privater Seite nach meiner Einschätzung gefragt." Mal möchte seine Gattin wissen, ob sie den Schirm zu Hause lassen kann, mal seine Mutter, ob es wohl glatt wird und der Wagen besser stehen bleibt. Seine Ehefrau Barbara hat Friedrich Föst während seines Studiums in Innsbruck kennen gelernt. Nach Studienjahren an der FU Berlin, wo er "Wetterverrückte" aus ganz Deutschland traf, verschlug es den Lübbecker noch für eine Zeit nach Österreich. An der Leopold-Franzens-Universität widmete er sich weiter dem Studium der Meteorologie mit Schwerpunkt Synoptik (Vorhersage). "Ich wollte unbedingt in die Berge. Die Alpen sind eine Wetterküche." Entsprechend der Titel seiner Diplom-Arbeit "Der Föhn im Wipp- und Inn-Tal." Wenn er sich an seine Studienzeit in Berlin erinnert, dann fallen ihm gleich eine ganze Reihe kleiner Geschichten ein. Die Ausflüge in den Wetterturm beispielsweise, der als ehemaliger Berliner Wetterdienst vor der Wende einen nahezu magischen Anziehungspunkt auf die Studenten hatte. Oder die Berliner Stormchaser: Stürmen, Unwettern und Blitzen über Brandenburg jagte die Gruppe hinterher. "Es gibt kaum etwas beeindruckenderes als Gewitterwolken, die zu rotieren beginnen." Für dieses Naturschauspiel ist Föst 2002 auch nach Oklahoma geflogen, um auf dem menschenleeren Highway einem Tornado mit Blitzgewittern im Sekundentakt hinterherzujagen. Faszinierend findet der 38-Jährige solche Wetterschauspiele. "Zu erleben, was die Natur mit uns anstellt, das erdet einen und zeigt, wie klein doch der Mensch gegenüber der Natur ist." Gemäßigter geht es in seinem Homeoffice in Lübbecke zu. Um 5 Uhr morgens beginnt für den dreifachen Vater die Frühschicht. Dann trägt er für seinen Auftraggeber in Berlin Daten von Wetterstationen und Satelliten aus der ganzen Welt zusammen und erstellt Vorhersagen. Zu den Kunden der Meteogroup gehören Winterdienste, Flughäfen, Energiekonzerne, die Schifffahrt, Landwirtschaft sowie Fernsehen und Radio. "Jede Branche hat ihr eigenes Wetterportal", so Föst. Die Trefferquote der Vorhersagen liege heute bei 90 Prozent. Heißt: An neun von zehn Tagen trifft die Prognose der Wetterfrösche ins Schwarze. Über mehr als drei Tage hinaus könne aber keine genaue Vorhersage gemacht werden. Lediglich Trends wie "milder" oder "trockener" könnten über einen Zeitraum von zehn Tagen ausgegeben werden. Hin und wieder steht auch ein Kamerateam vor seiner Haustür. Gerne wird Föst vom WDR oder dem Radio als Wetterexperte gehört, wenn mal wieder Extremlagen wie Hitzwellen oder ein Orkan über OWL hinweg gehen. Manchmal sind die Intervieworte so ungewöhnlich wie die Wetterlage: Neulich gab Föst auf der Kuppe eines 138 Meter hohen Windrades ein Interview. Da wurde es selbst dem passionierten Bergsteiger und Skiläufer ein wenig mulmig, wie er zugibt. Bei jedem Wetter zieht es Friedrich Föst, seine Ehefrau Barbara und die Kinder Christoph (6), Julia (4) und Paul (2) nach draußen in die Natur. In seiner Freizeit engagiert sich der 38-Jährige zudem in der Kantorei, dem Orgelbauverein und im Förderverein für den Schützenplatz Lübbecke. Den hat er selbst gegründet, weil der Schützenplatz ein wichtiger Frischluftkorridor für Lübbecke sei. Weitere Hobbys? "Ja. Wetter!", antwortet Föst. "Ich sammele gerne Wolken." Mit der Kamera lichtet er Wolkenformationen ab, um sie dann anhand eines Wolkenatlasses, der 1803 eingeführt wurde, zu bestimmen. Es gibt zehn Wolkengattungen und 27 Wolkenarten. 2014 wurde sogar eine ganz neue Wolkenart entdeckt. Noch jemand in der Familie teilt übrigens seine Leidenschaft fürs Klima. Schwager Georg Haas arbeitet als Hintergrundgrafiker für Wettersendungen im Fernsehen. "Die Grafiker dürfen immer einen zweiten Ort benennen, der vorkommen soll." Wenn im "Wetter vor acht" in der ARD der Ort Lübbecke auftauche, dann sei das immer ein Gruß vom Schwager aus Innsbruck. Mal darauf achten!

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