Hüllhorst

Von Hüllhorst nach Hamburg

Kerstin Steeb ist gerade Regisseurin an der Staatsoper / Projekte in der Heimat reizen sie

25.02.2013 | 25.02.2013, 14:47

Hüllhorst/Hamburg. Kunstturnen in Hüllhorst, Ballett in Lübbecke, Geigen- und Klavierunterricht in Holsen - Kerstin Steeb hat in ihrer Jugend viel ausprobiert. "Ich habe alles mitgenommen, konnte aber nie irgendetwas perfekt", sagt die 30-Jährige. Früher habe sie geglaubt, das sei ein Manko. "Aber beim Theater kann ich all meine Interessen und Begabungen zusammenführen", sagt die Regisseurin, die derzeit ein Werk für die Staatsoper in Hamburg in Szene setzt.

Während ihrer Schulzeit an der Gesamtschule Hüllhorst gelangte Kerstin Steeb eher durch Zufall an ein Praktikum am Stadttheater Bielefeld. Eigentlich in der Kostümabteilung eingesetzt, durfte sie auch einmal bei einer Probe dabei sein. "Seitdem bin ich infiziert", sagt sie lachend. In dieser Zeit lernte sie auch den Opernregisseur Christian von Götz kennen, den sie heute als ihren "Regie-Papa" bezeichnet. "Es war immer mein Riesentraum, in diesem Bereich zu arbeiten, aber ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich das irgendwann mal wirklich erreichen würde."

Information
Die "Opera piccola" - Oper für Kinder: Oper mit Kindern - feierte 2011 ihr zehnjähriges Bestehen. In dieser Saison wird "Eloise und die Vampire" von Karl Jenkins aufgeführt - inszeniert von Kerstin Steeb. Das Stück handelt von der Prinzessin Eloise. Für deren Geburt haben ihre Eltern dem Vampir Volhek die vier Brüder versprochen. Bei der Taufe des Mädchens werden die Jungen von dem Vampir in Fledermäuse verwandelt. Erst als Eloise älter ist, erfährt sie davon und macht sich auf die Suche nach ihren Brüdern. Die Kinderoper wurde 1997 uraufgeführt. Die Gesangspartien und das Orchester sind - wie immer bei der "Opera piccola" - mit Schülern aus Hamburger Schulen besetzt.

Nach ihrem Abitur im Jahr 2001 zog sie nach Hamburg. Dort wollte sie an der Hochschule für Musik und Theater ein Musiktheater-Regie-Studium beginnen. "Mir wurde allerdings seitens der Schule gesagt, dass ich dafür zu jung sei und ich erst etwas anderes machen solle." Also studierte sie Sport mit dem Nebenfach Musikwissenschaften auf Diplom. "Während der Semesterferien und eines Urlaubssemesters habe ich immer wieder an Theatern gearbeitet und assistiert, um Erfahrung zu sammeln, damit ich doch irgendwann das Regie-Studium machen könnte." Und tatsächlich - im Jahr 2007 bestand sie die mehrtägige Aufnahmeprüfung. Währenddessen arbeitete sie immer wieder an kleinen Produktionen mit. Mit der Inszenierung und Choreografie von "Les Enfants Terribles" von Philip Glass schloss sie das Studium ab.

Doch ihr bislang größtes Projekt läuft derzeit an der Staatsoper in Hamburg: Sie inszeniert hat in der Reihe Opera piccola Karl Jenkins "Eloise und die Vampire". Am 3. Februar war die Premiere, 17 Aufführungen gab es insgesamt - am Sonntag hat die letzte stattgefunden. "Das Besondere daran ist, dass es nicht nur eine Oper für Kinder, sondern auch eine mit Kindern ist", sagt Steeb. Für das Stück hat sie mit über 35 jungen Leuten im Alter von 8 bis 17 Jahren gearbeitet.

Zwei- bis viermal in der Woche haben die jungen Darsteller seit Mitte Oktober geprobt, Steeb war jeden Tag am Ball. "Wir hatten einen hohen Anspruch, die Kinder hatten lange Schultage und teilweise weite Wege zur Probe", sagt Steeb. "Da gab es natürlich auch Tiefpunkte." Aber es hat sich gelohnt. "Die Resonanz ist toll. Die Aufführungen waren sofort ausverkauft."

Was Steeb nach diesem Projekt machen wird, steht noch nicht fest. "Es gibt verschiedene Pläne." Neben ihrer Arbeit als Regisseurin ist sie Dozentin am Fachbereich Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg. "Viele Menschen meinen, dass Sport und Opernregie nichts miteinander zu tun hätten", sagt sie. "Aber das stimmt nicht: Tänze und Choreographie, Bewegung, die Haltung und all das spielen eine große Rolle auf der Bühne."

Mit ihrem Mann, dem vierjährigen Sohn und der neun Monate alten Tochter lebt Steeb etwas außerhalb von Hamburg. "Wir wohnen seit drei Jahren im Grünen. Vorher habe ich das Wiehengebirge und die gute Luft in der Heimat sehr vermisst." Jetzt fehlt ihr vor allem ihre Familie - auch, was die Entlastung angeht. Wie bekommt man überhaupt die Jobs und die Familie unter einen Hut? "Das schafft man nur, wenn man irgendwie zu viel Energie hat und einen Mann, der streckenweise zu Hause bleibt - wir wechseln uns ab."

Dennoch fühlt sich Steeb nach wie vor sehr heimatverbunden. Sie könne sich gut vorstellen, Projekte im Lübbecker Land zu übernehmen, etwa an Schulen. "Ich würde gerne etwas Orstsgebundenes machen, etwas, in dem sich die Zuschauer wiedererkennen." Gerne denkt sie an ihre Lehrerin Marianne Goch an der Gesamtschule Hüllhorst zurück. "Ich habe Theaterkurse bei ihr gemacht und sie hat immer die richtige Dosis an Freiheit und Unterstützung gefunden. Da konnte ich mich ausprobieren."