Hüllhorst

Wortmann greift nach den Wolken

Grundsteinlegung für ein neues Rechenzentrum in Tengern / "Cloud Computing" als neuer Geschäftszweig

Siegbert Wortmann und Tom Knicker (v.l.) gründeten vor 26 Jahren einen Computerhandel im Hüllhorster Ortsteil Büttendorf. Am Freitag weihten sie das neue Rechenzentrum im Tengeraner Industriegebiet ein. | © FOTO: TYLER LARKIN

27.10.2012 | 27.10.2012, 00:00

Hüllhorst. Für die Gäste der Firma Intel aus dem US-Westküstenstaat Oregon ist es ein denkwürdiger Morgen in der ostwestfälischen Provinz. Mit ihren blankgeputzten Lederschuhen namhafter Manufakturen stehen sie vor dem Rohbau des Terra-Rechenzentrums. Ihnen gegenüber spricht Siegbert Wortmann gewohnt kurze Worte der Begrüßung, selbstverständlich in Birkenstock-Sandalen.

Vor 26 Jahren begann er in einer Büttendorfer Garage mit Disketten und Computerteilen zu handeln. Zusammen mit Tom Knicker erkannte er die Zeichen der Computerzeit und trieb das Geschäft ohne Pause an. Heute sind beide Millionäre. Und Wortmann trägt die Schuhe, die ihm gefallen. Egal, wer zu Besuch ist.

Was derzeit im Tengeraner Industriegebiet entsteht, ist keine weitere Wortmann-Halle - es ist ein völlig neuer Geschäftszweig. In einem 15.000 Quadratmeter großen Gebäude entsteht auf 2.500 Quadratmetern und für 15 Millionen Euro ein Rechenzentrum, mit dem die Wortmann AG ab dem kommenden Jahr "Cloud Computing" ( Kasten) anbieten wird. "Ob Privatmann oder Firmenkunden - jeder kann bei uns Serverplatz anmieten", sagt Martin Klein, Wortmann-Projektleiter für das Rechenzentrum, das den Namen "Terra Channel Cloud" trägt. In seinen Beschreibungen findet der Sicherheitsstandard "Tier 3" besondere Erwähnung. Es ist die höchste Klassifizierung, die ein Rechenzentrum derzeit erhalten kann. "Die Server der Telekom sind nicht besser geschützt als diese hier", sagt Klein. Dazu zählt die Anbindung an zwei Internetknotenpunkte - ein Glasfaserkabel in Richtung Süden nach Bielefeld, eins in Richtung Norden nach Niedersachsen. Damit die benötigte Leistung von 1 Megawatt Strom auch bei

einem Ausfall gewährleistet bleibt, wird ein Notstromaggregat im Gebäude installiert. Batteriepuffer überbrücken die Zeit, bis das Aggregat anspringt.

Ab kommendem Frühjahr werden 50 Serverschränke (Kosten: 3 Millionen Euro) im Rechenzentrum installiert, die jedoch nur den Anfang bilden sollen. 550 Schränke mit 26.000 Servern werden es am Ende sein.

Das bisherige, ausschließlich intern genutzte Rechenzentrum ist dagegen kein Vergleich. "Ein Raum, knapp 40 Quadratmeter, wenn überhaupt", sagt Pressesprecher Meik Blase.

Doch erst einmal steht der Rohbau. In einen Baustein der Außenwand betonierte Siegbert Wortmann, Sohn eines Maurers, eine zylinderförmige Zeitkapsel aus Kupfer ein. Inhalt: ein Wortmann-Firmenprofil, alle gängigen Euromünzen und eine Tageszeitung vom Freitag. "Welche, sagen wir nicht, sonst seid ihr beleidigt", raunte Wortmann den Journalisten der heimischen Presse zu.

INFORMATION


INFO: Cloud    

´Cloud Computing heißt frei übersetzt "Rechnerwolke."
´Der Begriff wurde durch Internetfirmen wie Amazon, Google und Yahoo geprägt.
´Es beschreibt eine Computer-Infrastruktur, die über ein Netzwerk zur Verfügung gestellt wird.
´Vereinfacht ausgedrückt wird mit einer Cloud beispielsweise ein Datenspeicher oder eine Software nicht mehr selber betrieben, sondern bei einem Anbieter angemietet.
´Anwendungen und Daten befinden sich dann nicht mehr auf einem lokalen Rechner oder Firmen-Rechenzentrum, sondern in der "Cloud" des Anbieters.
´Der Zugriff erfolgt meist über das Internet.
´ Besonders für Unternehmen, die starken Schwankungen (Weihnachtsgeschäft) unterworfen sind, ist Cloud Computing interessant.