Polizeipressesprecher Ralf Steinmeyer verabschiedet sich

Herr Steinmeyer, was kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie an den 1. November denken, Ihren letzten Arbeitstag bei der Kreispolizeibehörde? Ralf Steinmeyer: Dass ich in den 44 Jahren eine tolle Zeit bei der Polizei hatte und dass jetzt noch schönere Jahre kommen. Beruflich habe ich alles erreicht, was ich wollte. Was werden Sie vermissen? Polizeiarbeit ist Teamarbeit und die gute Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen, das ist etwas, was hängen bleibt. Was vermissen Sie weniger? Die Anrufe der Leitstelle am Wochenende, die ja immer in Arbeit mündeten. Pressearbeit bei der Polizei ist kein Job für den Tagesdienst, sondern man ist auch viel an Wochenenden und zu ungünstigen Stunden im Einsatz. Zum Beispiel, wenn man eigentlich gerade mit der Familie frühstücken möchte oder unterwegs beim Einkaufen ist. Was hat Sie denn überhaupt bewogen, zur Polizei zu gehen? Zum einen hatte ich Freunde, die bereits eine Ausbildung bei der Polizei begonnen hatten. Zum anderen, dass es ein sehr spannender und abwechslungsreicher Beruf ist, in dem man in vielen unterschiedlichen Feldern arbeiten kann. Dinge wie Beamtenstatus oder auch Verdienst spielten bei meinen Überlegungen keine Rolle. Wenn es doch so spannend ist, warum sind Sie zur Pressestelle gewechselt? Der Wechsel vom operativen Dienst in die Polizeipressearbeit ist mir sehr leichtgefallen. Denn nachdem ich in meiner Berufslaufbahn schon verschiedenste Stationen durchlaufen hatte, wollte ich gerne etwas Neues anfangen. Die Kommunikation mit den Kollegen und mit Menschen allgemein, das liegt mir, das ist eine meiner Stärken. Den Menschen draußen die Arbeit der Polizei nahezubringen, das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Wie ist denn das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit? Die Polizei genießt im Kreis Minden-Lübbecke einen guten Ruf und wir müssen daran arbeiten, dass das auch so bleibt. Es gibt immer wieder Fälle innerhalb der Polizeiarbeit, in denen von der Öffentlichkeit sehr schnell verallgemeinert wird. Da interessiert sich dann niemand für die Hintergründe und wir müssen immer wieder erläutern, warum wir so oder so handeln. Die Kollegen heute auf der Straße stehen viel mehr im Fokus als früher. Da werden dann Sequenzen von Einsätzen mit dem Handy gefilmt und im Netz verbreitet. Das gab es zu meiner Zeit noch nicht. Gerade in den letzten Jahren hat zudem der Respekt gegenüber der Polizei enorm nachgelassen. Da werden Kollegen körperlich angegangen oder bespuckt. Nicht ohne Grund hat sich die Schutzausrüstung der Polizei deutlich geändert. Welche Ihrer Einsätze sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben? Als ich während meiner Zeit als junger Autobahnpolizist Freund und Helfer sein durfte. Da gab es noch keine Mobiltelefone und wenn jemand mit dem Auto auf halber Strecke liegen blieb, dann haben wir gefragt ,Was ist los? und Hilfe organisiert, wie den Abschleppdienst angerufen oder Angehörige, die in Sorge waren, benachrichtigt. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch die Polizeishow ,Blaulicht live in Espelkamp mit mehreren tausend Besuchern. Das war toll. Aber dann gibt es natürlich auch die ganze Bandbreite der belastenden Einsätze von Bombenentschärfungen über Großbrände, schwere Unfälle und natürlich Morde. Mein erster großer Einsatz als Pressesprecher war 2000 der Brand der Spraydosen-Fabrik Econ-Air im Lübbecker Industriegebiet. 2005 wurde ich dann zum Leiter der Pressestelle berufen und in den 17 Jahren habe ich wirklich viel erlebt wie den Leichenfund auf der Kahlen Wart 2011 oder auch die Hausexplosion in Bad Holzhausen. Die Nachricht erreichte mich, als ich Sonntagmorgens beim Frühstück saß. Als die Drogenplantage in Pr. Oldendorf hochgenommen wurde, da war ich gerade beim Stadtbummel in Osnabrück, wollte ein Eis essen und konnte gleich wieder umkehren. Und ich erinnere auch an die vielen Suchaktionen während meiner Zeit als Pressesprecher, nach dem Hüllhorster Physiotherapeuten Karl Friedrich Meyer 2014 zum Beispiel. Meine Kollegen haben bei diversen Suchaktionen schon den ganzen Kreis durchkämmt, von Wäldern über das Moor bis zum Kanal. Sie haben alles durchsucht, was man durchsuchen kann. Oft leider mit negativem Ausgang. Man darf aber auch nie vergessen, die Pressearbeit bei der Polizei ist viel Routinearbeit, unterbrochen von spannenden Sachverhalten. Wie wird man den vielen Medienanfrage in spektakulären Fällen Herr? Da hat mir immer sehr meine Erfahrung aus dem operativen Dienst geholfen. Man kennt die Abläufe und die richtigen Ansprechpartner, mit denen wir zusammenarbeiten - wie die Staatsanwaltschaft. Besonders groß war das Medieninteresse am Doppelmord in Espelkamp im Sommer 2021, weil zunächst von einem eventuellen Amoklauf die Rede war. Meine Kollegen und ich hatten Anfragen aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland zu dem Fall. Was das Interesse von Medien und Öffentlichkeit betrifft, bitten wir auch immer wieder um Verständnis, dass wir nicht zu früh Ermittlungsergebnisse bekannt geben können, weil das die Fahndung gefährden könnte. Uns ist auch immer wichtig, dass wir sachlich informieren und Fakten liefern, anstatt Gerüchten Vorschub zu leisten. Sie haben die Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen gelobt. Wie stand es um die Zusammenarbeit mit den Landräten als oberster Dienstherr der Polizei? Mit den ehemaligen Landräten Wilhelm Krömer und Ralf Niermann bin ich immer hervorragend klargekommen. Ralf Niermann hat mir zu meinem Abschied auch noch geschrieben. Personalmangel ist ja immer ein großes Thema. Ist die Polizei im Kreis Minden-Lübbecke ausreichend besetzt? Natürlich wünscht sich jeder mehr Personal, mit Ausnahme unserer Kunden. Aber der Kreis oder speziell das Lübbecker Land sind ja keine Einsatzschwerpunkte wie Essen, Dortmund oder Köln. Personell kommen wir für unsere ländliche Region klar. Sicherlich wird es viele geben, die jetzt an Ihre Tür klopfen, weil sie Sie gerne für eine ehrenamtliche Aufgabe gewinnen würden. Was werden Sie sagen? Ich fürchte mich nicht vor Langeweile. Ich möchte erst einmal viel Zeit mit meiner Familie verbringen, die jetzt im Mittelpunkt stehen soll, und von daher möchte ich keine Aufgaben übernehmen. Die ersten Anfragen gab es schon. Ich lasse es ruhig angehen und bin ja auch noch im bescheidenen Maße in der Hüllhorster Politik aktiv. Was haben Sie für den ersten Tag im Ruhestand geplant? Ein Frühstück mit Zeitung. Das Gespräch führten Kirsten Tirre und Joern Spreen-Ledebur

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