Hüllhorst-Tengern. Sie mag Kurven und liebt Geschwindigkeit. Gern fährt Heike Westerfeld (59) auf ihrer 150 PS starken Yamaha FZ 1 in voller Schräglage über Rennpisten oder jüngst durch die Serpentinen der Dolomiten. Motorrad fahren ist ihre Leidenschaft. Im Alleingang stellt die Chefin der Firma Westerfeld Transporte in Tengern, Witwe, Mutter von zwei Töchtern und Großmutter das Open-Air-Konzert "Tengern rockt" und das zweite Tengeraner Motorradtreffen auf die Beine. Die NW war zu Gast bei einer Frau, die sich nicht unterkriegen lässt.
"Vergangenes Jahr bin ich 25.000 Kilometer mit dem Motorrad gefahren", erzählt die Unternehmerin. "Ich war auf der Flucht, konnte nicht hier sein", fügt sie hinzu. Mit "hier" meint sie den Betriebshof der Transportfirma, die sie 1982 gründete. Geflohen ist vor der Trauer um ihren vor zwei Jahren an Krebs verstorbenen Mann. Der schmerzvolle Verlust bleibt, das Leben geht weiter. Heute sagt sich Heike Westerfeld: "Ich muss nach vorne gucken." Ihre hellblauen Augen leuchten und sie sprüht wieder vor Ideen für das Rockkonzert und das Bikertreffen, die sie mit ihrer Tochter Jenny (35) in die Tat umsetzt.
        
                    Aufbauen kann die Organisatorin auf die Erfahrungen, die sie bei ihrem ersten Tengeraner Motorradtreffen vor drei Jahren machte. "Ich wollte spontan ein Bikertreffen veranstalten, aber nicht nur so, sondern für einen guten Zweck", blickt sie zurück. Die Veranstaltung wird ein voller Erfolg. 1.000 Besucher und 5.000 Euro als Spende für den Verein "Starke Kinder", der sich für arme Kinder im westafrikanischen Staat Burkina Faso einsetzt. Von Bikern für Biker - als wäre es so geplant - finanziert der Verein "Starke Kinder" mit dem Geld Jugendlichen in Burkina Faso eine Ausbildung zum Zweirad-Mechaniker und einen Lkw-Führerschein getreu dem Vereinsmotto "Hilfe zur Selbsthilfe".
Heike Westerfeld möchte das Motorradtreffen alle zwei Jahre veranstalten. Doch der Tod ihres Mannes wirft sie aus der Bahn. Mit ihm macht sie mit 21 ihren Lkw-Führerschein, kämpft sich als junge Frau in einem Männerberuf als Fernfahrerin durch, gründet eine Familie. Zusammen kutschieren sie Güter auf 40-Tonnern durch ganz Europa, zuerst als Angestellte, dann in der eigenen Spedition, die sich heute auf den Transport von Motorrädern zu Events, Rennstrecken und Reisezielen spezialisiert hat. Sie teilen die Leidenschaft für schnelle Zweiräder. Das schweißt zusammen. Dann der Schock, als vor zwei Jahren die Diagnose Krebs kommt. "Wir hatten unsere Träume und Ziele. Wenigstens ist sein Wunsch noch in Erfüllung gegangen, dass wir mit den Bikes auf Mallorca waren. Mit dem Lkw bis Barcelona, dann auf die Fähre. Eine Woche sind wir auf Mallorca Motorrad gefahren. Zwei Wochen später ist er tot", sagt sie.
Das Programm von „Tengern rockt“
Samstag, 22. August, um 19 Uhr spielen „CAT“, um 20.30 Uhr „Black/Rosie“ und um 23 Uhr wird der Auftritt von „Alex im Westerland“ erwartet. Einlass gegen eine Spende von 10 Euro zugunsten des Vereins „Starke Kinder“ aus Hüllhorst (www.starkekinder.de). Kartenvorverkauf: Westerfeld Transporte, Tel (0 57 44) 28 44. 2.„Tengeraner Motorradtreffen“: Samstag, 22. August, und Sonntag, 23. August, 11 bis 17 Uhr. Tombola, Livemusik, kostenlose Probefahrten. Eintritt frei. Der Erlös geht ebenfalls an den Verein „Starke Kinder“. Ort: Betriebshof der Firma Westerfeld Transporte an der Huchzener Straße 41 in Tengern.
„Alex im Westerland“ – das sind vier Frankfurter, die sich energiegeladen die Musik der legendären deutschen Punkrock-Bands Die Ärzte und Die Toten Hosen vorknöpfen. „Black/Rosie“ beweisen mit mehr als 300 Konzerten seit 2006, dass Hard Rock keine reine Männersache ist. Gegründet von Gitarristin Gaby Neitzel touren Karo Blasek (Sängerin), Dörte Baumeister (Rhythmusgitarre), Jeanine Langgemach (Bass) und Dajana Berck (Schlagzeug) durch Europa. Sie stehen dabei mit Größen wie T-Rex, Doro Pesch oder Tito & Tarantula auf der Bühne. „CAT“ bedeutet hier nicht Katze, sondern steht für „C“ wie Christian Nicola (Schlagzeug), „A“ wie André Stach (Gitarre/Gesang), und „T“ wie Thorsten Kegel (Bass/Gesang). Die Profimusiker aus Minden bringen den Rock der 70er von Deep Purple, ZZ Top, Golden Earring bis Thin Lizzy ehrlich, schnörkellos und erfrischend modern rüber.
Im Februar zu ihrem 59. Geburtstag meldet sich Heike Westerfeld mit einer großen Party für ihre Freunde zurück. "Ich wollte damit sagen: Hier bin ich wieder. Das Leben geht weiter." Wenn die Fans von handgemachtem Rock am Samstag, 22. August, auf dem Betriebshof an der Huchzener Straße ordentlich was auf die Ohren bekommen, liegt hinter der Macherin ein Organisationsmarathon. "Eigentlich sollte es nur ein Motorradtreffen werden und keine Rocknacht", meint sie. "Die Leute hier im Ort sind allerdings froh, dass etwas los ist", freut sie sich über die positive Resonanz. Die Genehmigung von der Gemeinde für laute Musik bis zwei Uhr nachts holt sie ein, Sicherheitspersonal wird geordert, Toilettenwagen werden bestellt. Auch das Programm für die Rocknacht stellt sie selbst zusammen. Als Zugpferd engagiert sie die Band "Alex im Westerland", die im Stil der erfolgreichsten deutschen Punkrock-Bands die Ärzte und die Toten Hosen rocken. Die Mädels der AC/DC-Tribute-Band "Black/Rosie" und das Power-Rock-Trio "CAT" werden die Bühne ebenfalls zum Beben bringen. "Die Bands, die Firma D2 Showtec, die für Technik und Bühne sorgt und alle Mitwirkenden haben mir tolle Sonderkonditionen eingeräumt, damit möglichst viel Geld für die Kinder von Burkina Faso übrig bleibt. Wir möchten gerne kranken Kindern Operationen ermöglichen, die ohne Spendengelder niemals realisiert werden können", erklärt sie. So lädt die blonde Bikerin aus Tengern nicht nur zum Party machen für eine Spende von 10 Euro ein, sondern hilft mit ihrem Engagement den Straßenkindern im "Land des aufrichtigen Menschen", so die deutsche Übersetzung von Burkina Faso.
Der Eintritt zum Motorradtreffen am Samstag und Sonntag (22./23. August) ist frei. Heike Westerfeld geht "Klinken putzen", um für tolle Preise bei der Tombola zu sorgen. Zu gewinnen gibt es unter anderem einen Motorradshuttle nach Sardinien. "Sardinien ist mein persönliches Motorradparadies. Der Aprilia Roadshow Truck ist mit neuen Modellen zu Gast und bietet kostenlose Probefahrten auf den Maschinen an. Dreiräder für Erwachsene und Harley Davidson Custombikes werden ausgestellt. "Gegen eine Spende von 5 Euro haben die Besucher die Möglichkeit Fotos von sich auf einer Harley vorm Hintergrund der Golden Gate Bridge oder Las Vegas bei Nacht in der Fotobox machen zu lassen", so Heike Westerfeld. Am Sonntag erklärt zudem Rolf Ehlers vom "Team Minden" alles über Erste Hilfe am Unfallort.
Livemusik gibt es Samstag ab 14 Uhr und Sonntag ab 13 Uhr mit "Warp 5" und "Women Market", die auf ihre Gage verzichten. Dazu gibt es "Biker-Brötchen" mit Fleisch, geschmorten Zwiebeln und einem selbst gemachten Dip. Tochter Sarah (31) mixt mit ihren Freundinnen Cocktails und die "Kurvenwunder" backen Kuchen. Die "Kurvenwunder" sind Frauen zwischen 20 und 60 Jahren aus Hüllhorst, Minden, Bad Oeynhausen und Hannover, die sich regelmäßig zum Stammtisch und einmal im Jahr zum Motorradwochenende treffen. Ins Leben gerufen hat Heike Westerfeld die Gruppe vor zehn Jahren.
Vermutlich wird die schnelle Frau dieses Jahr keine 25.000 Kilometer auf dem Tacho ihrer Maschine haben, sondern "nur" 15.000 - weil sie nicht mehr auf der Flucht ist.
Einer fährt auf jeden Fall immer mit: ihr großes Vorbild, der italienische Motorradrennfahrer Valentino Rossi. Heike Westerfeld hat den mehrfachen Weltmeister vor einem Jahr persönlich getroffen und ließ sich das Erinnerungsfoto mit ihr und Rossi auf das Heck ihrer schwarzen Yamaha als Airbrush sprühen.