Weihnachtsbaum in der Wüste: Espelkamper Unternehmer erinnert sich an besonderes Weihnachten

Espelkamp. Der Espelkamper Unternehmer Jürgen Tönsmann sitzt im Nachbarraum seines Teppichmuseums und hat mehrere dicke Foto-Mappen vor sich. Jetzt um Weihnachten herum und zwischen den Jahren blickt man schon mal zurück auf sein Leben und erinnert sich an so manches Erlebnis aus der Vergangenheit, vielleicht auch an Freunde oder auch Feinde, mit denen einen ein ganz besonderes Erlebnis verbindet. Jürgen Tönsmanns Leben ist lang und er hat viel erlebt, skurrile Dinge, schöne, wie auch negative, Abenteuer durchziehen es. Heute hat er ein weltweites Netz von Freundschaften und Kontakte, die er pflegt. Gut erinnert er sich an einen längeren Aufenthalt im französisch geprägten Nordafrika. Und hier ganz besonders an ein Weihnachtsfest, das er vor genau 60 Jahren mitten in der Sahara-Wüste an der Grenze zwischen Marokko und Algerien beging. Der junge Mann, schon früh dem elterlichen Nest entsprungen, weil er die Welt kennenlernen wollte, war mit seinem Motorrad DKW RT 175 unterwegs in Afrika. Genauer gesagt wollte er durch ganz Afrika mit dem Motorrad fahren, vom hohen Norden Tausende von Kilometer bis in den tiefen Süden zur Republik Südafrika. Vom Sandkrieg festgehalten Der blutjunge Mann wurde allerdings, kaum das er afrikanischen Boden berührte, gleich von einem Krieg gestoppt. Er tobte vor allem in Nordafrika im &bdquo;Touat-Gebiet“ zwischen Algerien und Marokko und nannte sich &bdquo;Guerre des Sables“ (französisch: Sandkrieg). Hintergrund der Auseinandersetzungen waren Bodenschätze, die beide Länder für sich beanspruchten. Und wie es so kommen sollte, geriet der junge Deutsche zwischen die Fronten. Allerdings auch ein wenig selbst verschuldet, denn die Grenzübergänge waren aufgrund der militärischen Auseinandersetzung verschlossen. Natürlich versuchte er – außerhalb der festgelegten Pisten – algerisches Territorium zu erreichen, um auf seiner Tour einfach weiterzukommen. Das ging gründlich schief. &bdquo;Da bin ich doch auf den letzten Metern vor der algerischen Grenze von einer marokkanischen Militär-Streife verhaftet worden und nach Boudenib, einen abgelegenen Wüstenort, gebracht worden. Dort hat man mich dann interniert.“ Daran erinnert sich Tönsmann noch genau, denn diese Internierung dauerte eineinhalb Jahre. Aus war der Traum zunächst von einer kontinentalen afrikanischen Durchreise. Denn die Soldaten gingen gründlich vor: Sie nahmen dem 23-Jährigen Motorrad, Gepäck und die Papiere ab. Deutscher Arzt setzte sich ein Doch bei allem Unglück hatte er auch Glück. Denn ein deutscher Arzt mit Namen Eduard Haberland, dem in Boudenib das örtliche Krankenhaus unterstand, hatte vom Schicksal des jungen Deutschen gehört und setzte sich für ihn ein. Er erhielt kurze Zeit später einen provisorischen Passierschein, ein &bdquo;Laissez-Passé“, das von Haberland unterschrieben war. Damit konnte sich Jürgen Tönsmann zumindest im Süden Marokkos ungehindert bewegen. &bdquo;Wir waren seinerzeit die beiden einzigen Europäer in diesem Gebiet, das so groß war wie Nordrhein-Westfalen. Als Nichtmediziner war ich die darauf folgenden anderthalb Jahre – die interessanteste Zeit meines Lebens – im Krankenhaus in Boudenib tätig“, erinnert sich der Teppichhändler. In dieser Zeit sind auch viele Kontakte zu Teppichknüpferfamilien in Marokko entstanden, die bis heute bestehen. Immer noch gibt es eine besondere Verbundenheit mit dem afrikanischen Königreich. In dieser Zeit gab es auch die Weihnachts-Episode 1964 in Boudenib, an die sich Jürgen Tönsmann noch so gut erinnert, als wenn sie erst gestern passiert wäre. Er bekam zufälligerweise mit, dass der Radioempfang vor allem von spanischen Sendern sehr gut war. Und in der Weihnachtszeit wurden besonders häufig deutsche Weihnachtslieder gespielt. Der junge Mann, der inzwischen sein Motorrad wiedererhalten hatte, kam in Weihnachtsstimmung und zu der gehört natürlich auch ein Weihnachtsbaum. Gemeinsames Weihnachtsessen Ein schwieriges Unterfangen in einer Wüste. &bdquo;Um wenigstens etwas Weihnachtsstimmung zu erzielen, bin ich mit meinem Motorrad eine große Strecke durch die Wüste gefahren, um eine vertrocknete kleine Pflanze als Weihnachtsbaum-Ersatz zu holen.“ Und jetzt wird es ganz kurios: Aus Mangel an Weihnachtsbaumschmuck kam er auf die Idee, Silberpapier von Kaugummipackungen oder aus der Zigaretten-Packung zu falten und dieses an den vertrockneten Zweigen zu befestigen. Höhepunkt der Wüsten-Weihnacht vor 60 Jahren war schließlich ein gemeinsames Weihnachtsessen mit seinem &bdquo;Chef“ Eduard Haberland in dessen guter Stube. Dessen privater Koch Mohamed Otman habe denn auch noch ein richtiges Weihnachtsmenü gezaubert. Und was gab es? Auch daran erinnert sich Tönsmann noch genau: &bdquo;Hammelbraten war die Hauptspeise, und als Vorspeise gab es Salade Nicoise, der mit Ölsardinen aufwartete. Es war hier eher die französische Küche angesagt“, so Tönsmann. Und so gab es auch einen französischen Rotwein für die beiden Europäer, wohingegen die Marokkaner sich gerne an den &bdquo;marokkanischen Whiskey“ hielten. &bdquo;Das war nichts anderes als intensiv schmeckender Pfefferminz-Tee“, weiß Tönsmann.

Meistgelesen