Volksverhetzungs-Urteil gegen bekannten Espelkamper bestätigt

Espelkamp/Bielefeld. Laut Murnau-Stiftung ist der Film "Die Rothschilds" ein unter der NS-Regierung entstandener "antibritischer und antisemitischer Propagandafilm", der den Aufstieg der jüdischen Bankiersfamilie Rothschild zu Beginn des 19. Jahrhunderts schildert. Weil "Die Rothschilds" eines der wichtigsten historischen Dokumente zur Rechtfertigung und Erklärung der Deportation durch die Nazis sei, sei er nicht allgemein freigegeben. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht Bielefeld jetzt einen bekannten Espelkamper wegen Volksverhetzung verurteilt. "Jud Süß", "Der ewige Jude", "Die Rothschilds", alle aus dem Jahr 1940, propagieren laut Murnau-Stiftung "am explizitesten Hass und Feindseligkeit gegen Juden und wurden gezielt zur Massenbeeinflussung verwandt". Von den Alliierten sei der Film "Die Rothschilds" 1945 als Verbotsfilm klassifiziert worden, ist auf der Internetseite der nach dem deutschen Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau benannten Stiftung zu lesen. Demnach befinden sich die ehemaligen Verbotsfilme seit 1966 im Bestand der Murnau-Stiftung und werden nur unter Vorbehalt in öffentlichen Aufführungen zugänglich gemacht. Darunter fallen die Propagandafilme aus der Zeit des Nationalsozialismus, "deren Inhalt kriegsverherrlichend, rassistisch, antisemitisch und/oder volksverhetzend ist und die deshalb auf Beschluss des Stiftungs-Kuratoriums nicht für den allgemeinen Vertrieb freigegeben werden". Aufstachelung zum Hass Ist das Hochladen eines Links zu einem antisemitischen Film aus der Nazi-Zeit in einem sozialen Netzwerk im Internet Volksverhetzung? Ja, hatte die Staatsanwaltschaft Bielefeld schon einmal deutlich gemacht und den fanatischen Impfgegner, Sektenanhänger und Verschwörungserzähler Matthäus Westfal angeklagt. Im Juni dieses Jahres stand Westfal deshalb in Rahden vor Gericht, denn gegen einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Bielefeld in Höhe von 50 Tagessätzen wegen Volksverhetzung hatte er Einspruch eingelegt. Die Vorgeschichte: Am 31. Oktober 2021 hatte Westfal, den der Staatsschutz Bielefeld im Auge hat und dem bei Telegram mehr als 32.000 Menschen folgen, in seinem Kanal einen Link hochgeladen. Wer darauf klickte, kam laut Anklage auf &bdquo;Die Rothschilds" von 1940. Der NS-Film stachele zum Hass gegen die jüdische Bankiersfamilie Rothschild auf, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft damals. Westfal bestreitet, Antisemit zu sein Westfal und sein Anwalt wiesen die Beschuldigungen zurück. Der entsprechende Paragraf - 130 Strafgesetzbuch "Volksverhetzung" - treffe hier nicht zu, sagte der Rechtsanwalt. Das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit sei nicht gegeben, da Telegram ein anmeldepflichtiges Medium sei. Auch Westfal selbst äußerte sich. Er sei kein Antisemit und der Strafbefehl eine &bdquo;krasse Unterstellung", wenn nicht sogar &bdquo;Rechtsbeugung". Die Verhandlung in Rahden im Juni endete damit, dass die Staatsanwältin nicht mehr 50 Tagessätze forderte wie im Strafbefehl, denn es gebe keinen geständigen Angeklagten. Sie beantragte deshalb 70 Tagessätze à 60 Euro. Dem schloss sich Richterin Hildebrand mit ihrem Urteil an. Revision in Hamm? Der bislang nicht vorbestrafte Westfal und sein Anwalt kündigten Berufung an. Diese wurde nun vor dem Landgericht Bielefeld verhandelt, wo Westfals Anwalt nach Auskunft von Richter Phil Gabler versuchte, Westfals Verfehlung von Paragraf 130 (Volksverhetzung) auf Paragraf 86 (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen) abzuschwächen. Darauf ließ das Gericht sich nicht ein, senkte die Tagessätze jedoch wieder von 70 auf 50. Im Raum steht nun eine Geldstrafe von 3.000 Euro. Rechtskräftig sei das Urteil noch nicht, so Gabler auf nw.de-Nachfrage. Bis nächste Woche könnten Westfal und sein Anwalt noch in Revision gehen vor dem Oberlandesgericht Hamm. Anmerkung: Alles Satire Der Link vom Oktober vergangenen Jahres zu besagtem NS-Film war auch nicht das erste und einzige Mal, dass Westfal sich bei Telegram mit der Familie Rothschild beschäftigt. Die Stichwortsuche "Rothschild" in seinem Telegram-Kanal ergibt insgesamt 28 Treffer. Darunter einen, in dem es heißt, Rothschild sei ein Massenmörder, gefolgt von der Anmerkung: "Alles Satire". An anderen Stellen wird der Name im Zusammenhang mit einer angeblichen neuen Weltordnung und der Frage genannt, wer weltweit die meisten Banken kontrolliere.

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