Bad Oeynhausen. Und dann ging es rasend schnell. "Ich habe nur noch gesehen, dass ich raus kam", schildert Monteur Gysel Babacan die Situation, nachdem er Geräusche gehört hatte, "die da eigentlich nicht hingehören." Die ungewohnten Laute verursachte ein Feuer, das sich gestern Nachmittag zum Großbrand entwickelte, bei dem Lager, Montagehalle sowie Büroräume von Reifen-Babacan (ehemals Reifen-Hönecke) an der Buddestraße in Flammen aufgingen. Die stundenlang mit knapp 80 Kräften kämpfende Feuerwehr schätzte den Schaden auf 350.000 Euro. Personen wurden nicht verletzt.
Innerhalb kürzester Zeit waren die Wehren vor Ort. Während Löschfahrzeuge und Leiterwagen in Stellung gebracht wurden, retteten die zwei Mitarbeiter des Reifenhandels ihre Haut. "Wir haben zwar noch versucht, mit Feuerlöschern dagegen anzugehen. Aber da war nichts mehr zu machen", so einer der Beschäftigten.
Anwohner Bodo Schmidt hielt gerade ein Schläfchen, als er durch einen beißenden Geruch geweckt wurde. Vor den Fenstern stand dicker Rauch. "Ich habe die zwei Arbeiter gehört, wie sie nur noch "Raus, Raus!" geschrien haben. Da habe ich sofort alle Fenster geschlossen und bin runter gerannt", erinnert sich der Rentner, der direkt neben den Garagen des Reifenhändlers wohnt. Als er unten war, schlugen die Flammen schon aus der Decke des Geschäfts.
Unverletzt entkam der Hitze und dem Rauch ebenfalls der im Nebengebäude arbeitende Hendrik Müller. Der Informatiker einer Marsberger Software-Firma wunderte sich über einen Stromausfall, der seinen Computer lahm legte. "Ich wollte mich gerade kundig machen, was der Grund dafür war, da hörte ich schon, dass ich alles stehen und liegen lassen sollte."
Müller bugsierte blitzschnell seinen nagelneuen Opel-Astra vom Hof, derweil griff auf der Rückseite des brennenden Gebäudes Ralf Stickdorn von der Spedition Neuhaus ins Lenkrad einer Zugmaschine. "Wir hatten hier drei Auflieger stehen, die dringend zur Seite gefahren werden mussten."
Genau hinter dem Speditionshof loderten die Flammen unterdessen meterhoch.Noch höher stieg gleichzeitig eine pechschwarze Rauchwolke, die selbst in großer Entfernung sichtbar war. "Wegen der Rauchentwicklung und der in Richtung Werre-Park ziehenden Wolke mussten wir einen Messtrupp aus Minden alarmieren, der die Luft auf gefährliche Schadstoffe kontrollieren sollte", erklärte Stadtbrandmeister Klaus Schwichow, der Stunden später Entwarnung geben konnte. "Aus Sicherheitsgründen hatten wir die Bevölkerung über das Radio gewarnt und dazu aufgefordert, Fenster und Türen zu schließen. Zudem ist das gesamte Gebiet weiträumig von der Polizei abgesperrt worden."
Am Einsatzort selber stand Stefan Jorzick mit dem Atemschutzgerät in vorderster Reihe. "Wir sind hier ausnahmsweise einmal mit Löschschaum ans Werk gegangen, der hat im Gegensatz zu Wasser erstickende Wirkung." Später musste sich Jorzick, der stellvertretender Leiter der Löschgruppe Rehme ist, zurückziehen. "Das Mittelteil der Halle drohte einzustürzen", erklärte Einsatzleiter Michael Nolte, der verbliebene seitlichen Glutnester über die Drehleiter und vom Dach löschen ließ. Zur Brandursache wollte er sich nicht äußern.
Als einer der letzten Betroffenen erschien Firmenchef Ömer Babacan, der von seinem Bruder per Handy informiert worden war. "Wir wollten hier umfangreich renovieren und den Standort ausbauen. Vor drei Wochen haben wir damit angefangen, Wände hochzuziehen", berichtete der 51-Jährige und zeigte auf ein im Hof stehendes Stahlgerüst, das demnächst zum neuen Eingangsportal werden sollte. 1.000 neue Reifen seien verbrannt. "Kundenräder sind nicht betroffen, die sind an unserem Standort Herford gelagert", sagte der Firmenchef, der das etwa 600 Quadratmeter große Objekt 2005 erworben hatte.
"Drei neue Hebebühnen sind zuletzt angeschafft worden, eine war schon in Betrieb. Die ist jetzt ein Raub der Flammen geworden" sagt Ömer Babacan mit erstaunlicher Gelassenheit, für die er umgehend eine Erklärung hatte: "Ich habe gerade eine Herzkatheter-Untersuchung hinter mir. Mein Arzt hat mir Ruhe verordnet."