Bad Oeynhausen. Stadtarchivarin Stefanie Hillebrandt kann es schwarz auf weiß beweisen: Mit einer offiziellen Meldekarte, dass Theo Lingen vom 15. Juni bis 13. September 1924 Bürger von Bad Oeynhausen war.
Und mit zahlreichen Zeitungsberichten sowie dem biografischen Buch "Das Spiel mit der Maske", dass hier am Theater im Kurpark die Karriere Theo Lingens als Komiker begonnen hat.
Erstmals trat Theo Lingen am 20. Mai in dem Lustspiel "Dr Werwolf" auf. Eine Satire auf "sexuelle Triebhaftigkeit und okkulten Humbug", wie ein Zeitungskritiker damals schrieb, in dem Lingen den keuschen Josef spielte. Die schwerste Rolle im Stück, schließlich geriet er in Verdacht, der Frauen vergewaltigende Werwolf zu sein.
Schon wenige Tage später bewies Lingen seine Wandlungsfähigkeit. In der Operette "Graf von Luxemburg" ist er der Fürst Basil Basilowitsch – eine, so der Zeitungskritiker, "köstliche Karrikatur eines knickebeinigen alten Gecken."
Die Nebenrolle des Kammerdieners Penizek in Emmerich Kálmáns Operette "Gräfin Marizza" schien ihm allerdings unter seiner Würde; missgelaunt interpretierte er sie in "expressionistischer Diktion" und musste zu seinem Erstaunen feststellen, dass er unerwartet Heiterkeitsstürme im Publikum erzielte. Rückblickend äußert er sich in seiner Biographie so: "Lauthals geäußerte Reaktion eines Auditoriums – in diesem Falle Lachen – ist ein Gift und kann wie Opium sein. Auf mich wirkte es jedenfalls so. Ich wurde süchtig."
Lingen, der sich eigenem Empfinden nach bislang mit dem Schauspielen "kalkulierend befasst und dabei stets eine große Leere gespürt hatte", fühlt plötzlich Kontakt: "Ich konnte mit einer Bewegung, einem Tonfall eine Reaktion hervorrufen, die Leute zum Lachen brachte. Jetzt reizte es mich, den Gründen dafür nachzuspüren", lässt er sich in seiner Biographie zitieren.
Fortan riss sich Lingen um komische Rollen – und riss damit nicht nur sein Publikum, sondern auch die Zeitungskritiker zu Begeisterungsstürmen hin.
Über die Premiere der Operette Dolly am 2. Juli 1924 ist zu lesen: "Theo Lingen als Repartitionsfürst ist zum Schreien komisch."
Und am Ende der Saison wird am 2.September 1924 über die Fledermaus-Aufführung geschrieben: " Der Frosch lag Theo Lingen nicht so gut, wie andere komische Typen, in denen dieser vielgewandte Darsteller ein unübertroffener Meister ist."
Von dieser Meisterschaft können sich die Besucher am Freitag, 4. Januar um 20 Uhr im Theater im Park überzeugen – wenn Theo Lingen dank Ilja Richter wieder im Kurpark auf der Theaterbühne steht.